Welpe hat Angst und sucht Schutz bei mir. Ihn hochheben und weggehen?

4 Antworten

Ich würde Hunde, wenn möglich, nicht hochheben.

Wenn ihr in eine Situation kommt, in der er sich nicht wohlfühlt, musst du entscheiden, ob du ihm das zutraust. Wichtig ist, einen Mittelweg zu finden. Traue ihm soviel zu wie möglich, ohne ihn dabei zu überfordern. Das bedarf etwas Erfahrung und Feinfühligkeit, kommt mit der Zeit.

Wenn du merkst, dass er überfordert ist, verlasse gemeinsam mit ihm die Situation und probiere es zu einem anderen Zeitpunkt (in abgeschwächter Form) nochmal.

Ich würde dem Welpen auf jeden Fall ermöglichen, aus der Situation zu entkommen und Abstand zum Geräusch zu bekommen. Mit einem "da muss er durch" bewirkt man leider oft, dass der Hund anfängt unschöne Verhaltensweisen zu zeigen, weil Flucht nicht möglich ist, oder er das Gefühl bekommt, der Situation hilflos ausgeliefert zu sein und keine Möglichkeit zu haben, dieser Situation zu entkommen. Das kann sich negativ auf das Selbstbewusstsein und das Verhalten auswirken. Irgendwas positiv zu verstärken bzw. mit tollen Dingen zu assoziieren wird dann auch schwer, weil der Hund dazu gar nicht mehr in der Lage ist. Die Situation ist schon zu schwer.

Hunde haben vier Arten, um auf Bedrohungen zu reagieren. Freeze und Fiddle About (also Erstarren oder Kasperle machen), diese funktionieren oft aber nicht, die Bedrohung bleibt, insbesondere wenn es eben kein Artgenosse ist, der das vielleicht versteht, sondern ein Geräusch. Dann gibt es noch flight (flucht) und fight (Kampf). Kampf ist meistens von uns Menschen unerwünscht, also bleibt Flucht. Leider wird immer wieder vermittelt, dass der Hund doch bitte gar nicht reagieren soll, sondern das aushalten muss bzw. "es den Halter regeln lassen soll". Das ist leider nur unrealistisch. Ja, ein Hund kann lernen, nicht zu reagieren, wenn man ihn für jede Reaktion bestraft, aber für die Psyche des Hundes ist das Gift. Deswegen ist für mich die beste Option Flucht. Das funktioniert oft und ist weniger störend oder gefährlich als Kampf. Wenn der Hund also Tendenzen zur Flucht zeigt, dann ja, ermögliche ihm diese.

Wegen des Hochhebens: Kommt drauf an. Mache Hunde finden es blöd hochgehoben zu werden, dann würde ich ihn lieber anders aus der Situation führen, manchen finden es neutral, da kann man es machen, und manchen gibt es Sicherheit, da ist es dann sehr sinnvoll. Grundsätzlich würde ich hochheben immer ankündigen, damit der Hund sich nicht erschreckt, oder ihm beibringen, von selbst auf den Arm zu kommen bzw. zum Beispiel auf einen zuzukommen wenn der Hund nicht alleine hoch kann.

Was ich vermeiden würde ist es am nächsten Tag nochmal so zu probieren. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass er wieder mit Angst reagiert. Stattdessen würde ich überlegen, was man an der Situation ändern kann. Kann man mehr Abstand zum Geräusch haben, damit dieses leichter ist? Kann man dem Hund in der Situation mehr Selbstbewusstsein geben, in dem man beispielsweise von Anfang an Körperkontakt anbietet oder eine bekannte und für den Hund positiv assoziierte Decke oder ähnliches mitbringt? Kann man dem Hund was zu Kauen geben, bevor das Geräusch beginnt , so dass er gar nicht erst in die angst rutscht? Kann er davor weniger Reizen bzw. Stressoren aussetzt werden wie beim ersten Versuch? Kann man mit dem Hund spielen, bevor bzw. während das Geräusch auftritt? Gibt es ähnliche aber weniger schlimme Geräusche mit denen man zuerst arbeiten kann? Tritt das Geräusch auch in Umgebungen auf, die weniger stressig oder vertrauter sind?

Und, ganz wichtige Frage: Ist es überhaupt nötig, dass der Hund das Geräusch kennen lernt? Kleines Beispiel: Meine Hündin ist derzeit sehr pubertär und hat seit neustem Angst vor dem Geräusch meiner Waschmaschine. Da diese aber im Keller ist und meine Hündin, während ich die Wäsche mache, auch einfach wo anders sein kann, ist es nicht nötig, da ewig dran rum zu trainieren. Sie kann das Geräusch im Alltag problemlos vermeiden, also trainiere ich nicht ewig dran rum und versuche ihr das Geräusch irgendwie schmackhaft zu machen. Wäre die Waschmaschine in der Küche, könnte meine Hündin nicht stressfrei alleine bleiben oder wäre es eine allgemeinere Geräuschangst, sähe das wieder ganz anders aus. Was ich damit sagen will ist, dass ethisch gesehen in Situationen, in denen Management (also auslösende Situationen zu meiden) im Alltag auf Dauer umsetzbar ist, es am besten ist, dieses Management zu nutzen und nicht unnötigerweise zu trainieren, egal wie positiv das Training ist.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Nein man zwingt ein Hund nie durch eine Situation vor der er Angst hat. Vorallem kein Welpe. Er ist neu und total jung. Wenn er Schutz sucht, dann gib ihm dem Schutz aus. Nimm ihn hoch und entferne dich etwas von der Situation. Aber bleib immernoch dabei. Also geh so weit weg dass er sich etwas beruhigt aber trotzdem so dass er die Situation unter deinem Schutz mitbekommt. So lernt er, dass nichts schlimmes passiert.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Besitzerin zweier Golden Retriever
pigeon7 
Fragesteller
 19.06.2022, 18:41

Vielen Dank!!

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Nicht hochheben….positive Verstärkung geben

LynnSo  19.06.2022, 22:30

Wenn der Welpe schon Angst hat und Schutz sucht, dann ist es unglaublich schwierig durch angenehme Reize zu einem Punkt zu kommen, an dem der Hund keine Angst mehr hat. Die Gefahr, dass der Hund von den für ihn bedrohlichen Reiz "überrollt" wird und der Welpe entweder "unschönere" Verhaltensweisen zeigt, mit denen er versucht dem Auslöser zu entkommen (Bellen, Knurren usw.) oder dadurch in eine erlernte Hilflosigkeit rutscht (weil er der Gefahr eben nicht entkommt) ist zu hoch. Hinzu kommt, dass es sein kann, dass der Welpe von uns gut gemeinte Reize wie Lob, Futter oder Zuwendung gar nicht mehr als schön wahrnimmt und es dadurch keinen gegekonditionierenden Effekt mehr hat, oder er das Futter gar nicht mehr annehmen kann.

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