Was ist jetzt eigentlich der Unterschied zwischen Rinzai und Soto Zen?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich bin Buddhist der Soto-Zen-Tradition und helfe dir gerne weiter.

Rinzai

Im Rinzai ist die Sitzmeditation (Zazen) und die damit verbundene Lösung der vom Meister gegebenen und logisch unlösbaren Rätsel (Koan) ein Mittel um das Erwachen (Satori) zu erreichen.

Diese Koan sollen sozusagen den Knoten im Verstand des Schülers spontan platzen lassen und führen dann zu kurzen Momenten des Erwachens (Kensho).

Man arbeitet also gewissermaßen die Liste an Koan, die einen vom Lehrer gegeben werden ab, macht Kensho-Erfahrungen, bis das Satori kommt.

Daher wird Rinzai-Zen manchmal auch "dynamisches Zen" bzw. "Zen der plötzlichen Erleuchtung" genannt.

Soto

Im Soto ist Zazen kein Mittel um das Satori zu erreichen - sondern Zazen und Satori sind eins. Wer praktiziert, verwirklicht gleichzeitig das Erwachen.

Es gibt auch keine strenge Koan-Schulung wie im Rinzai, sondern tiefgründige Fragen ergeben sich ganz natürlich beim Gespräch mit dem Lehrer.

Das Soto-Zen kennt keinen Stufenweg, denn aus der Soto-Sicht gibt es nichts zu erreichen - Praxis und Ziel sind bereits eins.

Wichtige Konzepte sind das "Shikantaza" (Nur-Sitzen) die Praxis des bloßen, korrekten Sitzens, ohne jede besondere Methode oder Techniken.

Das zweite wichtige Konzept ist "Mushotoku" (ohne Gewinnstreben). Das bedeutet, dass man Zen nicht übt, um etwas zu erreichen, wie das Erwachen.

Wenn du sagst "Ich mache Zazen um Satori zu erfahren", dann trennst du dein die Praxis und das Erwachen voneinander. Dabei sind sie eins.

Wegen dieser Geisteshaltung wird Soto-Zen auch das "Zen der schweigenden Erleuchtung" genannt, eben weil auf speziellere Methoden verzichtet wird.

Das dritte Konzept ist "Hishiryo" der Zustand des Geistes Jenseits des Denkens. Es ist nicht mehr das Ego-bezogene Denken, sondern eine natürliche Manifestation des "Denken des Nicht-Denkens".  

Es gibt auch Menschen die "Hishiryo" als "Überbewusstsein" übersetzen, aber das führt zu Missverständnissen mit esoterischen Vorstellungen.

Soweit meine Erklärung. Solltest du noch Fragen haben, helfe ich gerne weiter.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist
Noname288 
Fragesteller
 24.07.2017, 13:14

Ich möchte ab 4 August in ein Zendo gehen.

Ein paar Tipps was man vorher schon trainieren sollte?

Ich bin mir nicht sicher, ob ich 3x35 min im halben Lotus aushalte.

Und sollte ich das Herzsutra auswendig lernen?

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Enzylexikon  24.07.2017, 14:12
@Noname288

Einführung in Zazen

Die meisten Zendo bieten für Menschen ohne vorherige Erfahrung in der Regel einen Einführungskurs für Einsteiger an.

Einige Zendo machen das im Rahmen einer sehr kurzen Einführung vor dem ersten Zazen, wo nur die wichtigsten Punkte erklärt werden.

Andere bieten dagegen eine halbtägige Einführung. Da ist dann häufig auch das korrekte Verhalten im Dojo mit enthalten.

Also auf jeden Fall vorher informieren, wann die Einführungen für Neulinge stattfinden. Das steht meist auf der Webseite der Gruppe.

Die Preise für einzelnes Zazen liegen so bei 4,- Euro pro Sitzen. Häufig ist das erste Zazen zwar gratis, Spenden (Fuse) sind aber willkommen.

Sollte man regelmäßiger hingehen, ist ein Monatsbeitrag sinnvoll.

Etikette im Dojo

Neben der Meditation im Gehen (Kinhin) werden in Dojo häufig Verhaltensweisen geübt, wie man sie aus Zen-Klöstern kennt.

Also im Wesentlichen zB das betreten des Dojo auf der linken Seite mit dem linken Fuß zuerst - beim Verlassen ist es andersrum.

Auch das man im Uhrzeigersinn zu seinem Platz geht und nicht quer durch den Raum, ist allgemein üblich.

Das wird aber in der Regel alles gezeigt, man lernt also am ehesten durch Nachahmung.

Ich habe unten eine dreiteilige Einführung verlinkt, bei der auch die Etikette behandelt werden.

Rezitationen

Manche Dojo begleiten das Zazen auch von Zeremonien. Das kann beim ersten Morgen-Zazen das Rezitieren des Gewandverses sein.

Auch die von dir genannte Rezitation des Herzsutras (Hannya Shingyo) und die darauf folgende Windmung (Fueko) ist häufig.

Was Rezitationen angeht:

Manche Dojo rezitieren im alten sino-japanisch, das kaum jemand wörtlich versteht. Für sie ist es teilweise eine Art "Atemschulung".

Andere Dojo sind dazu übergegangen, übersetzte Versionen zu rezitieren, um stattdessen den Sinn der Worte zu übermitteln.

Es kann natürlich nicht schaden, wenn du das Hannya Shingyo auf Sinojapanisch kannst, insbesondere wenn du mal die Gruppe wechseln solltest und bei einer landest, wo es üblich ist. ;-)

Wenn es dich also beruhigt und dir mehr Sicherheit gibt, anstatt dich in Stress zu versetzen, kannst du das Hannya Shingyo natürlich auf sino-japanisch lernen - das ist aber für Anfänger kein muss.

Es wird niemand von einem Anfänger verlangen, dass er diesen Text überhaupt kennt. Mach dir da also keine Sorgen und schaffe keinen "Lerndruck".

Sonstiges

Einige Gruppen erlauben es sogar, das Dojo direkt nach dem Zazen zu verlassen, gerade morgens müssen schließlich viele zur Arbeit, so dass nur einige an der Abschluss-Zeremonie teilnehmen.

Manche Dojo haben anschließend noch eine informelle Tee-Runde, oder es wird Genmai (Reissuppe) serviert. Das ist unterschiedlich.

Grundsätzlich kannst du vorher alles mit dem Sitzgruppenleiter besprechen - ich persönlich kläre solche Fragen telefonisch, das ist persönlicher als eine E-Mail.

Aber natürlich kannst du auch einfach vorab eine E-Mail schreiben, in der du deine Bedenken, zB über die Sitzdauer, äußerst.

Einführungs-Videos

Die Buddhweg-Sangha in der Tradition von Taisen Deshimaru hat drei Videos veröffentlicht, die Konzepte, Zazen und das Verhalten im Dojo erklären.

Eine offizielle Einführung der japanischen Soto-Schule gibt es hier (mit deutschem Text). Dort geht es nur um Zazen:

https://www.youtube.com/watch?v=hJ\_1nYpVeno

Man sollte aber natürlich nicht vergessen, dass ein Video niemals die Anleitung durch einen Lehrer ersetzt. Sie sind aber ein guter Ansatz, wenn man sehen will, worum es geht.

Letzten Endes ist die Unterweisung des Lehrers verbindlich, denn er kann deine Haltung korrigieren, was ein Video natürlich nicht leistet. ;-)

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Enzylexikon  24.07.2017, 14:22
@Enzylexikon

Übrigens, weil es immer gerne vergessen wird:

Es kann absolut nichts schaden, sich über die Traditionslinie zu informieren, in der dort geübt wird.

Bei Google mal den Namen des Hauptlehrers zu googeln und dabei Begriffe wie "Kritik" "Sekte" oder "autorisiert" zu zu nutzen, halte ich für legitim.

Bereits die englische Wikipedia gibt manchmal brauchbare Hinweise auf mögliche Kritikpunkte oder Fehlverhalten von Lehrern.

Es gab in der Vergangenheit Fälle von Machtmissbrauch, Alkoholismus, Ausbeutung und Sexualstraftaten durch Zen-Lehrer.

Außerdem gibt es Lehrer, die gar nicht offiziell autorisiert sind und sich ungerechtfertigt mit fremden Federn schmücken.

Daher halte ich es immer für sinnvoll mal zu sehen, zu welchem "Verein" man denn da genau geht.

Damit will ich jetzt keine unnötige Angst machen, aber solche Hinweise, vorher kritisch zu schauen, halte ich für wichtig.

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Im Rizai Zen wird hauptsächlich mit dem Koan gearbeitet, im Soto Zen steht das reine, ungerichtete Sitzen im Mittelpunkt.

Es gibt auch in der Theorie starke Unterschiede: das Soto-Zen, das Dogen in China gelernt hatte, hatte die Hua-yen-Lehren adaptiert, die auf philosophischer Dialektik des Buddhagirlanden-Sutra (Avatamsaka Sutra, chin. Huayanjing) beruhen.

Das macht sich auch in Dogen Zenjis Hauptschrift "Shobogenzo" ganz stark bemerkbar.