Kennt sich jemand mit Zazen aus?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich bin Soto-Zen-Buddhist und sehe das so:

Die Lotosposition bietet eine ganze Reihe von Vorteilen, die sich langfristig auszahlen, weshalb man sie als Ideal meiner Meinung nach anstreben sollte.

Auf einem Stuhl zu sitzen ist ebenfalls möglich, das wird - neben dem Lotossitz - auch im offiziellen "Howto"-Video des japanischen Soto-Zen-Dachverbands gezeigt

https://www.youtube.com/watch?v=hJ_1nYpVeno

Sessel haben den Nachteil dass sie weich sind und man sich zurücklehnt. Das ist schlecht für die Haltung und führt zur Schläfrigkeit.

Wenn man aber erhöht sitzt, etwa durch ein Keilkissen, und sich nicht hinten anlehnt, wäre dies genau so, als würde man auf einem Stuhl sitzen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist
Angulimala1610 
Fragesteller
 07.05.2023, 15:38

"Wenn man aber erhöht sitzt, etwa durch ein Keilkissen, und sich nicht hinten anlehnt, wäre dies genau so, als würde man auf einem Stuhl sitzen."

Du meinst auf einem Zafu?

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Enzylexikon  07.05.2023, 15:39
@Angulimala1610
Du meinst auf einem Zafu?

Die Sitzneigung des Beckens sollte wie bei einem Zafu sein, ja.

Bei jungen Menschen ohne körperliche Beschwerden motiviere ich sie immer wieder dazu, sich im burmesischen Sitz zu versuchen...dann im halben Lotos...bis hin zum vollen. Da sollte man keine falsche Rücksicht auf Bequemlichkeit nehmen.

Aber bei Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen ist das was anderes, da sollte auch "Stuhl-Zazen" drin sein.

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Angulimala1610 
Fragesteller
 07.05.2023, 15:59
@Enzylexikon

Ich fürchte halt, wenn ich mir da eine Sangha suche - oder wie man im Zen-Buddhismus zur Gemeinschaft sagt - wird der Lehrer mich sicher als erstes mit dieser Position foltern. Und so ein Bänkchen zu benutzen ist doch irgendwie blöd, ich sitz auf einem Sessel echt am besten. Sicher sitze ich im halben Lotus besser, aber es fängt dann halt an weh zu tun und ich hab Sorge, dass irgendwas kaputt wird. Auf dem Sessel tut halt nichts weh. Da könnte ich auch eineinhalb Stunden sitzen.

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Enzylexikon  07.05.2023, 16:28
@Angulimala1610
wird der Lehrer mich sicher als erstes mit dieser Position foltern.

Da du vom Foltern sprichst - es geht eben darum, das beste für den Schüler bzw. die Schülerin anzustreben. Das ist kein böser Wille des Lehrers, denn er hat es eben so gelernt und gibt eine über Jahrtausende bewährte Praxisform weiter.

Vorteil der "Pyramiden-Sitze"

Sinn der Haltung ist es eben, über eine breite Basis mit dem Boden verbunden zu sein - Gesäß und beide Knie.

Wenn du den Rücken aufrichtest und den Nacken streckst, richtet sich dein Körpergewicht durch die Gravitation in der Vertikalen aus - und der dabei entstehende Druck auf die Wirbelsäule wird über die Knie in den Boden abgeleitet. So kann man bei richtiger Haltung auch lange beschwerdefrei sitzen.

Risiken der Sessel/Stuhl-Fraktion

Auf einem Stuhl besteht langfristig das Risiko von Rückenproblemen, wenn das Becken nicht höher als die Knie ist, weil man dann in einer "Kuhle" sitzt und die Muskulatur, die den Rücken streckt, gegen die Gravitation ankämpfen muss, anstatt dass sich die Rückenwirbel entspannt aufeinandertürmen können. Das führt dann zu Verspannungen der autochthonen Muskulatur.

Über die Nachteile des Sessels (Weichheit, Tendenz sich anzulehnen) habe ich ja schon gesprochen und brauche mich nicht zu wiederholen.

Ein Stuhl mit Keilkissen (oder Handtuch) wäre eine mögliche Alternative. Man soll ja schließlich kein Nickerchen in einem Ohrensessel halten. ;-)

Da könnte ich auch eineinhalb Stunden sitzen.

Es ist ja nicht nur eine Frage der Praxisdauer, sondern auch der Praxisqualität. Ich kann Zazen auch liegend in einer Hängematte machen - nur dass ich dann vermutlich eher vor mich hin döse, statt achtsam und wach zu sein.

ch fürchte halt, wenn ich mir da eine Sangha suche

Grundsätzlich würde ich vorher immer mal E-Mails mit dem Dojo austauschen, in denen du deine gesundheitlichen Einschränkungen nennst und fragst, ob ein Küchenstuhl und Handtücher besorgt werden können.

Zennies sind keine Unmenschen. ;-)

Daneben gibt es auch (Online-) Sanghas, die besondere Rücksicht auf Menschen mit Inklusionsbedarf haben. Ich kenne z.B. in Berlin eine solche Gruppe und wie gesagt, es gibt auch Online-Gemeinschaften, wo man womöglich offener ist.

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Angulimala1610 
Fragesteller
 07.05.2023, 17:00
@Enzylexikon

"Es ist ja nicht nur eine Frage der Praxisdauer, sondern auch der Praxisqualität. Ich kann Zazen auch liegend in einer Hängematte machen - nur dass ich dann vermutlich eher vor mich hin döse, statt achtsam und wach zu sein."

Ich sitze qualitativ auf dem Stuhl sehr gut, weil nichts schmerzt und ich nicht unruhig werde.

Ich verwende nur das erste vordere Drittel bis Hälfte der Sitzfläche, wenn ich weiter nach hinten rutsche, sitz ich nicht mehr gut. Lehne benutze ich natürlich nicht. Kissen verwende ich keines - wird übrigens in deinem Video auch nicht benutzt.

Ich mag die Soto-Line eigentlich gerne. Also so nach Bodhidharma der mit dem Gesicht zur Wand meditiert hat. Der letzte Lehrer ist mich irgendwie auch komisch angegangen, weil er gemerkt hat, dass ich eine Skoliose habe.

Irgendwie sollte so eine Praxis ja doch allen Menschen offenstehen, also z. B. auch alten Menschen mit Rollator.

Ich weiß gar nicht, ob Bodhidharma so auf die Haltung geachtet hat. Der hatte wohl sicher kein Meditationskissen.

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Enzylexikon  07.05.2023, 17:17
@Angulimala1610
Irgendwie sollte so eine Praxis ja doch allen Menschen offenstehen, also z. B. auch alten Menschen mit Rollator.

So sehe ich das auch und bin deshalb auch froh über meine Sangha.

Ich weiß gar nicht, ob Bodhidharma so auf die Haltung geachtet hat.

Der Legende nach war Bodhidharma über die körperliche Verfassung seiner Schüler enttäuscht, weil sie nicht lange richtig sitzen konnten. Deshalb soll er angeblich das "Yi Jin Jing" erfunden haben - als Kräftigungsübungen.

Wäre ihm die Haltung egal gewesen, hätte er sie einfach vor sich hin sitzen lassen. Aber das ist ja nun eh alles Legende.

Der hatte wohl sicher kein Meditationskissen.

ich habe jetzt nicht das Sutra im Kopf, aber sogar Buddha Shakyamuni soll einen "Blätterkissen" benutzt haben.

Im Übrigen halte ich es nicht für sinnvoll uns mit Legenden zu vergleichen - einerseits holen wir bei der kleinsten Kältewelle schon den Heizlüfter raus, sind also mit diesen "Veteranen" gar nicht zu vergleichen - andererseits glaubt wohl niemand, dass aus Bodhidharmas abgeschnittenen Augenlidern die erste Teepflanze wurde. ;-)

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Grüß Dich Angulimala1610

Zazen heißt sitzen. Es ist aber nicht vorgeschrieben wie Du sitzen musst. Das kann auf einem niedrigfen Hocker sein unter den man eben gerade die Beine drunter schieben und rauf sitzen kann oder auf dem Stuhl oder auf einem Puff. Es kann auch ein Wippstuhl oder Klappstuhl sein.

Meditation sollte entspannt gehen. Wie man entspannt sein kann, das sollte jeder selbst entscheiden. Das weiß jeder selbst am Besten. Es gibt da eine Unmenge von Heilslehren, aber das ist Quatsch. Die Position ist kein Fetisch. Es kann auch im Liegen meditiert werden, auch mit Entspannungsmusik wie wohlklingende Gongvariationen oder auch ruhige meditative Klassik oder auch ohne Musik, oder draußen in der Natur im Wald oder auf einer Wiese oder an einem Bach usw. oder nur ganz in Stille. Oder mit geschlossenen Augen oder mit offenen Augen, oder mit einer Kerze auf dem Boden auf den man seinen Blick richtet, oder auf einen Punkt in Augenhöhe oder zumindest dort, dass man ihn entspannt fixieren kann. usw. usw. (auch draußen in der Natur)

Herzlichen Gruß

Rüdiger

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung