Was ist der Philosophische Hintergrund des Realismus?

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Lies vor allem Wikipedia zu „Literarischer Realismus“! - Der Realismus (poetischer R. oder auch bürgerlicher R. genannt), ist durch eine nüchterne Hinwendung zur Realität gekennzeichnet. Geistige Hinterwelten, wie sie der Idealismus der Romantik annahm (s. hier vor allem Novalis, der in der Welt einen Abglanz dieser Hinterwelten sah und sie deshalb überhöhen, „romantisieren“ wollte), werden jetzt von den Schriftstellern abgelehnt. Nietzsche käme hier insofern als philosophischer Gewährsmann in Frage, als er scharf solche „Hinterwelten“ ablehnte. Gott ist tot, lautete sein Credo, der Mensch muss sich selbst zu einem Gott machen, als „Übermensch“. Ähnlich dachte Feuerbach, auf den sich ebenfalls „Realisten“ beriefen, z.B. Gottfried Keller. Seine Religionskritik mündete nicht in einen resignativen Nihilismus, sondern führte zu einer positivem Haltung, durch Hinwendung zur Diesseitigkeit. Der Mensch solle das Göttliche in sich erkennen und in diesem Sinne sein Leben leben und gleichzeitig für andere Menschen tätig sein („Der Mensch ist dem Menschen ein Gott“). Der technische Fortschritt durch die Industrielle Revolution und der daraus entstehende Fortschrittsglaube verstärkten diese optimistische Haltung. Spätere Vertreter des Realismus waren hingegen von einem starken Pessimismus beeinflusst. Die sich infolge der Industrialisierung verschärfenden sozialen Probleme erschütterten das Vertrauen in den technischen Fortschritt nachhaltig. Die Erkenntnisse von Charles Darwin verschafften der Geisteshaltung des Determinismus Zulauf. Der Mensch sei ein Produkt der Evolution und seine Handlungen würden von physiologischen Prozessen in seinem Körper bestimmt. Er sei diesem Fatalismus einer sinnlosen Existenz ausgeliefert, ohne dass er eine Hilfe aus einer Transzendenz erwarten könne. Schopenhauer ist hier als philosophischer Gewährsmann einer solchen um sich greifenden pessimistischen und deterministischen Einstellung im späteren Realismus zu nennen, wie sie etwa von Theodor Storm vertreten wird. (Gottfried Keller dagegen, stark von Feuerbach beeinflusst, feierte das Diesseits, vor allem in seinen Gedichten). Schopenhauer brachte seinen Pessimismus auf den Punkt mit dem Satz: „Die Welt ist die Äußerung einer unvernünftigen und blinden Kraft; in ihr zu leben heißt leiden.“ – Natürlich sind die Realisten auch von der Philosophie des Positivismus geprägt. Positivisten vertraten die Meinung, dass Erkenntnis nur aus empirischer Beobachtung der Natur und aus Erfahrung abgeleitet werden könne. Auch hierdurch geschah die (nüchterne) Hinwendung „realistischer“ Schriftsteller zur Realität bzw. ihre Abkehr von Religiosität, Transzendenz und „geistigen Hinterwelten“ hinter den äußeren Dingen. Allerdings waren nicht alle realistischen Schriftsteller Atheisten (wie etwa Keller und Storm); aber die Religion trat doch in den Hintergrund (wie z.B. bei Fontane). Die Hauptvertreter des Positivismus sind Auguste Comte (1798-1857) und Hippolyte Taine (1828-1893).

Realismus bedeutet für sonst durchaus verschiedene philosophische Auffassungen die Annahme, dass es außerhalb unseres Individualbewusstseins eine davon unabhängige reale Welt gibt. Du hast also einmal DIE WELT und dann das INDIVIDUUM ALS ERKENNENDES SUBJEKT. Realismus bedeutet die Annahme, dass beide getrennt voneinander existieren. Zwischen beiden gibt es aber eine funktionale Abbildung, und die wird je nach philosophischer Schule unterschiedlich gesehen. Der naive Realismus sagt, das INDIVIDUUM ALS ERKENNENDES SUBJEKT sieht DIE WELT wie sie ist. Das wäre eine 1 zu 1 - Abbildung, keine Verzerrung, kein Ausschnitt. Der Empirismus z.B. sagt, dass wir zwar die Welt über unsere Sinne wahrnehmen, aber die Wahrnehmungen über unseren Verstand miteinander koppeln. Wir spüren den Wind, wir sehen, dass sich ein Baum neigt. Wir schließen, dass der Wind den Baum aus dem Lot bringt. Das Kritische ist der Schluss aus beiden Beobachtungen. Der MUSS nicht stimmen. Vielleicht ist da, wo der Baum steht, gar kein Wind und wir haben nur das Seil nicht gesehen, mit dem der Baum umgezogen wird. Philosophisch bedeutet das: Der Wind, den wir spüren ist WAHR. Der Baum, der sich neigt, ist WAHR, aber der Schluss muss nicht WAHR sein. Der Positivismus lässt nur als WAHR gelten, was experimentell mehrfach bestätigt wurde. Hat man also geprüft, dass der Baum tatsächlich vom Wind und nicht von Leuten mit einem Seil verformt wurde, kann diese Aussage als WAHR gelten. Aussagen, die keinen Realitätsbezug haben, nicht experimentell erprobt sind, wie z.B. theologische Gottesspekulationen, können keine wahren Aussagen sein. Der Positivismus gehört allerdings der Vergangenheit an, da er von Karl Popper widerlegt wurde. Der Positivismus ist ein Spezialfall des Empirismus und beide sind Spezialfälle des Realismus.

berkersheim  26.06.2013, 00:07

Ach da sind ja noch Schopenhauer und Nietzsche. Schopenhauer als Kant-Schüler ist Empirist, was unsere Vorstellung der Welt als eine Funktion von einer existierenden Welt angeht. Spekulativ geht er allerdings in seinem Schluss darüber hinaus, dass dieser Welt eine Urkraft, er nennt sie WILLE, zugrunde liegt. Triebkraft unseres moralischen Verhaltens ist für Schopenhauer das Mit-Leiden. Nietzsche folgt Schopenhauer als Schüler in der Sicht der Welt als Abbildung einer realen Welt in unserem Bewusstsein. Die Spekulationen bezüglich der wilden Urkraft und des Mitleids als Triebfeder unserer Moral modifiziert er und lehnt Mitleid als Triebfeder ab, weil ihm Mitleid zuwider ist.

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