zentrale Probleme der Erkenntnistheorie

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Ich verstehe die Aufgabenstellung so, wie sich Rationalismus und Empirismus als grundsätzliche Positionen unterscheiden. Das ist gar nicht immer so einfach, weil diese beiden Oberordner "R" und "E" wieder sehr viele Unterordner haben "Ri" und "Ei" und Vertreter von "Ri" und "Ei" sich teilweise auch überschneiden oder Vertreter von "Ei" sich gar widersprechen können. Kant z.B. ist weder reiner Rationalist noch reiner Empirist ebenso wie Descartes. Demokrit und Epikur sind eindeutig Empiristen und haben sich dennoch gegenseitig bekämpft.

Eine einfache, aber nicht immer stimmige Unterscheidung ist, dass Empiristen erst einmal davon ausgehen, dass wir als Menschen von dieser materiellen Welt sind und unsere Erfahrungen die Grundlage unseres Wissens sind. Das schließt die Bedeutung von Verstand und Vernunft (Ratio) nicht aus, doch Ratio ohne Erfahrung ist leer, wie Kant sagt, der in seiner Erkenntnistheorie zunächst Empirist ist.

Die Vertreter des Rationalismus sehen den Menschen als Teil einer ursprünglich geistigen Welt. Da gibt es viele Varianten, welche, die nur Geist gelten lassen und Materie als dessen Produkt, welche die beides nebeneinander und teils im Streit miteinander sehen. Erfahrung ist da nicht für alle unwichtig, aber sie lässt sich auf Begriffe rückbeziehen und diese sind wahrer als die Erfahrungen. Aristoteles z.B. hat anders als sein Lehrer Platon mit seiner Lehre der reinen Ideen großen Wert auf sauberes Ordnen der Erfahrungen gelegt und dennoch letztlich dem so gewonnenen Begriff das Primat zugesprochen. Der Mensch als göttliches Wesen musste sich sozusagen durch die Erfahrung hindurcharbeiten hin zu den reinen Begriffen.

Mit Aristoteles und Kant sieht man, wie eng sich beide Positionen überschneiden können. Auch die Zuordnung, dass Empiristen Materialisten wären, stimmt nicht für alle und das Menschenbild von Karl Marx, der sich selbst als Materialisten bezeichnet hat, ist sehr idealistisch und seine Utopie des Kommunismus hochspekulativ. Es ist gar nicht so einfach unter den bedeutenden Philosophen reine Empiristen oder reine Rationalisten auszumachen.

Reine Rationalisten sind neben Platon vor allem die Neuplatoniker und die christlichen Scholastiker. Ihr Erkennungszeichen sind hochabstrakte Spekulationen. Für sie ist der reine Begriff und die logisch korrekte begriffliche Konstruktion der Königsweg zur Wahrheit. Sie unterliegen der Gefahr, dass sie Opfer überzüchteter, abstrakter Spekulation werden, was Kant an den "Rationalisten" seiner Zeit bemängelte.

Empiristen erkennt man daran, dass sie nicht glauben, dass es eine absolute, erkennbare Wahrheit gibt. Dennoch hat der dem Empirismus zuordnenbare Philosoph Bertrand Russell ein Standardwerk der Logik geschrieben. Die Frage ist eher, wird das Denken und die Rationalität als diesseitiges, menschliches Phänomen angesehen oder als Ausdruck einer höheren, geistigen Welt. Empiristen legen immer großen Wert auf die Gegenprüfung rational gefundener Theorien in der Wirklichkeit (z.B. Poppers Falsifikationstheorie).

Wenn man die Philosophie als Mutter der Wissenschaften betrachtet, hat sie, selbst sehr stark sprachbezogen, immer wieder empirisch gestützte Sondergebiete als Spezialwissenschaften in die Welt gesetzt von den Naturwissenschaften bis hin zur Soziologie und Psychologie. Während die Philosophie stark begriffsbetont bleibt hat sie empirische Kinder in die Welt der Wissenschaften und Ingenieurskunst entlassen. Beide haben unser Leben teils mehr geprägt als die Frage, ob es einen Gott gibt oder nicht. Und wenn manche Rationalisten klagen, die Welt sei zu materialistisch geworden, vergessen sie, dass heute mit moderner Agrarwirtschaft ein hundertfaches an Menschen ernährt wird als noch zu Zeiten, als man die Äcker zwar gesegnet aber ansonsten mit Holzpflügen beackert hat.

Ein Problem ist eine schwer zu beantwortende Frage, eine schwierige Aufgabe/Fragestellung, eine Schwierigkeit, eine Streitfrage. Zentrale Probleme sind Probleme, die im Mittelpunkt stehen, die wesentlich und entscheidend sind. Erkenntnistheorie ist ein Bereich der Philosophie, in dem es um die Frage geht: Was kann ich wissen?

Meines Erachtens drückt eine Aufgabenstellung, die zentralen Probleme der Erkenntnistheorie mit den jeweiligen Positionen zu vergleichen, ungeschickt aus, was gemeint ist. Ein Vergleich der Probleme mit den Postionen würde – die Formulierung streng wörtlich genommen - dazu führen, ein Verhältnis von Problem/Aufgabe/Schwierigkeit und Lösungsvorschlag festzustellen.

Es gibt im Bereich der Erkenntnistheorie verschiedene philosophische Ansätze/Richtungen, z. B. Rationalismus und Empirismus.

Die Standpunkte/Auffassungen/grundsätzlichen Meinungen und Überzeugungen zu einzelnen zentralen Problemen können miteinander verglichen werden. Ein Vergleich hält etwas nebeneinander und stellt Gemeinsamkeiten und Unterschiede in bestimmten Hinsichten fest.

Ein Vergleich der Standpunkte, die Rationalismus und Empirismus zu bestimmten Problemen vertreten, ist eine Aufgabenstellung mit einem verständlichen Sinn.

Bei zentralen Problemen der Erkenntnistheorie kann an Fragestellungen folgender Art gedacht werden:

Was ist Wissen/Erkenntnis?
Ist Wissen/Erkenntnis (über die Außenwelt) möglich?
Unter welchen Bedingungen/Voraussetzungen ist Wissen/Erkenntnis möglich?
Wie kann etwas als Wissen begründet werden?
Wie können Urteile als wahr oder falsch gerechtfertigt werden?
Was ist Ursprung von Wissen?
Auf welche Weise und mit welchen Mitteln/aus welchen Quellen kommt Wissen zustande?
Welche menschlichen Erkenntnisfähigkeiten gibt es, was für eine Rolle spielen sie, wie leistungsfähig sind sie?

Der Empirismus hat die grundsätzliche Auffassung, Erfahrung sei der alleinige Ursprung von Wissen über die Welt. Erfahrung gilt als die vorrangige und wesentliche Grundlage von Lernen und Wissen. Empirismus nimmt als Ausgangspunkt, was von den Sinnen als Erfahrung geliefert wird.

Der Rationalismus vertritt dagegen die grundsätzliche Auffassung, die Ratio (Vernunft/Verstand) spiele eine wesentliche Rolle bei der Erkenntnis und ihre Prinzipien seien nicht nur aus der Erfahrung abgeleitet. Rationalismus hat die Auffassung, es gebe Erkenntnisse, die aus reinem Denken stammen und begriffliches Denken habe einen Vorrang vor Sinneswahrnehmung. Die Verwendung der Ratio gilt als entscheidend, um zuverlässiges Wissen zu erreichen.