Was bedeutet Ich-losigkeit im Buddhismus?

3 Antworten

Von Experte satian bestätigt

"Anatta: Alle Dinge und Phänomene existieren ohne einen unveränderlichen Wesenskern. Es gibt kein getrenntes, permanentes „Ich“ und keine ewige Seele. Alles entsteht abhängig von anderem. Jeder Mensch wird etwa von seinen Eltern gezeugt und muss Nahrung zu sich nehmen, um existieren zu können:

Die buddhistische Lehre erklärt, dass alles im Leben einer kontinuierlichen Veränderung unterworfen sei und dass alles, was existiert, in Abhängigkeit von Bedingungen existiere (pratitya-samutpada). Diese sind nicht dauerhaft. Daher gilt die Vorstellung als unwissend und illusioniert, dass irgendetwas ein dauerhaftes Selbst oder eine Seele habe.

Die Annahme eines dauerhaften und festen Selbst ist aus buddhistischer Sicht eine der Hauptursachen für das menschliche Leid. Buddha lehrte, dass wir durch das Erkennen der Bedingten Entstehung zur Wahrnehmung der bedingten Existenz des Ichs kommen. Dies geschieht, da die einzeln entstehenden und vergehenden Ereignisse geschaut werden und erkannt wird, dass da kein Selbst vorhanden ist. So können wir unsere weltlichen Begierden loslassen und über das Leid hinauswachsen. Buddha hat oft betont, dass alles Anhaften an die Vorstellung eines festen Selbst auf der Unwissenheit über die vier Edlen Wahrheiten mit ihren drei Daseinsmerkmalen und zwölf Bestandteilen beruht. Damit stellte seine neue Lehre einen Gegensatz zu den in der damaligen Zeit vorherrschenden Lehren der Upanischaden, die die Existenz einer festen Seele lehren, dar..."

Hier zwei kurze Videos, die dies näher erklären "'Daseinsmerkmale' 4: Anatta ( Nicht-Ich )" ( 7 Min. ):

https://www.youtube.com/watch?v=PpuFQsCOGik

"'Ich' und 'Selbst' - Einige Irrtümer" ( 3 Min. ):

https://www.youtube.com/watch?v=2_55aYJECk4

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit 45 Jahren praktizierender Buddhist ( Theravada )...

Die Begriffe "Ich" (und "fast" synonym "Selbst") werden heutzutage sehr konträr aufgefasst - bis hin zur Meinung "es gibt mich überhaupt gar nicht". Gegenteil wäre dann der Solipsismus.

Aber wie vom CE Buddhismus bereits ausführlich erläutert, beruht es hauptsächlich auf Fehlinterpretationen wegen grundsätzlich verschiedenen Auffassungen in der "östlichen" und "westlichen" Welt.

Man muß berücksichtigen, daß die Lehre jahrhundertelang nur mündlich überliefert wurde. Bei der schriftlichen Fixierung sah man sich vor der Herausforderung, gleiche Wörter, die z. B. durch unterschiedliche Tonhöhe und/oder Betonung andere Bedeutung hatten, richtig zu interpretieren. Besonders fatal war das, wenn bloße "Schriftgelehrte" ohne Bezug zu religiöser Erfahrung am Werk waren. Buddha selbst hat noch zu seinen Lebzeiten den Niedergang seiner Lehre prophezeit.

Im Buddhismus wird die Vorstellung eines festen, unveränderlichen Selbst als Illusion betrachtet. Diese Illusion entsteht aus unserem ständigen Bedürfnis, uns als individuelle Wesen zu identifizieren und uns von anderen abzugrenzen. Wir neigen dazu, uns mit bestimmten Verhaltensweisen und einem idealisierten Bild von uns selbst zu identifizieren, das den Anforderungen unserer Umgebung entspricht. Jedoch führt diese Fixierung auf ein eigenständiges Selbst oft dazu, dass wir uns von der Realität und unserer wahren Natur entfernen. Tatsächlich sind wir alle tiefgreifend voneinander abhängig und mit allem in dieser Welt verbunden.Die Befreiung von dieser Illusion und die Erlangung wahrer Freiheit erfordern, dass wir unser egozentrisches Selbst loslassen. Dies geschieht durch die Praxis der Meditation, in der wir lernen, uns von jeglicher Anhaftung zu lösen und inneren Frieden zu finden. Auf diesem Weg öffnen sich neue Perspektiven, und wir erkennen, dass die Grenzen zwischen Selbst und Welt verschwimmen, bis wir schließlich die Einheit von allem erfahren. Unsere wahre Buddha-Natur erwacht in uns.