Was bedeutet der Spruch "like madness is the glory of life" von Shakespeare?

3 Antworten

das ist wirklich eine gute und schwierige Frage.

"Wie Wahnsinn ist die Herrlichkeit des Lebens".

In unserem Zeitalter könnte man es ganz gut mit WAHNSINN übersetzen und das Leben für wahnsinnig schön betrachten.

In der Zeit von Shakespeare betrachtete man den Wahnsinn noch im Sinne von …

siehe hier:

Dabei liegt ein wesentlicher Schwerpunkt auf der historischen Semantik des Wortfelds des Wahnsinns. Danach wird exemplarisch an der Interpretation der Figuren von Othello, Hamlet, Lear und Macbeth dargestellt, welche klinischen Bilder Shakespeare entwickelt. Während sich Darstellungen von Melancholie, Wahn und Halluzinationen finden, fehlen andere auffällige Krankheitsbilder wie die Schizophrenie, die in der Literatur erst mehr als zwei Jahrhunderte später mit Anbruch der Moderne auftaucht.

https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00508-006-0641-y

Insofern hat Shakespeare diesen Satz im Kontext einer seiner Figuren geprägt, die entweder in Melancholie, im Wahn oder in Halluzinationen die Herrlichkeit des Lebens spürten.

fm2829 
Fragesteller
 12.09.2018, 17:21

Vielen, vielen Dank für die ausführliche Antwort, das hat mir wirklich sehr geholfen😊😊

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Like madness is the glory of this life (Timon of Athens; Act I, scene 2)

Ich habe folgende deutsche Übersetzung gefunden:

Ganz solcher Wahnsinn ist die Pracht des Lebens,

Hier der komplette Abschnitt:

Hoy-day, what a sweep of vanity comes this way!
They dance! they are mad women.
Like madness is the glory of this life.
As this pomp shows to a little oil and root.
We make ourselves fools, to disport ourselves;
And spend our flatteries, to drink those men
Upon whose age we void it up again,
With poisonous spite and envy.
Who lives that's not depraved or depraves?
Who dies, that bears not one spurn to their graves
Of their friends' gift?
I should fear those that dance before me now
Would one day stamp upon me: 't has been done;

Und hier die deutsche Übersetzung (natürlich mit Vorsicht zu genießen):

Heisa, ein Schwarm von Eitelkeit bricht ein!
Sie tanzen, ha! Wahnsinnge Weiber sinds.
Ganz solcher Wahnsinn ist die Pracht des Lebens,
Wie dieser Pomp erscheint vor Öl und Wurzeln.
Selbst machen wir zu Narrn uns, uns zu freun,
Vergeuden Schmeicheln, aufzutrinken Menschen,
Auf deren Alter wir es wieder speien,
Mit Haß und Hohn vergiftet. Wer lebt, der nicht
Gekränkt ist oder kränkt? Wer stirbt und nimmt
Nicht eine Wund ins Grab von Freundeshand?
Die vor mir tanzen jetzt, ich würde fürchten,
Sie stampfen einst auf mich, es kam schon vor;
Man schließt beim Sonnenuntergang das Tor.

http://www.william-shakespeare.de/timon1/timon.htm

Meine Interpretation (ebenfalls mit Vorsicht eu genießen;-)): Nur der äußere Schein zählt, und Eitelkeit und Vergnügunssucht bestimmen das Handeln der Menschen.

So etwa: Alles, was im Leben wirklich glorreich (wesentlich) ist, muss ein gewisses Maß an Wahnsinn enthalten.

Das bedeutet letztlich, dass (zumindest im Kontext dieses Zitats) der Mensch seine wirklich wichtigen und grundlegenden Entscheidungen im Leben eher aus dem Bauch, also weniger von der Vernunft eingegeben treffen sollte. (Shakespeare würde wohl sagen, sie sollten nicht allzusehr von "des Gedankens Blässe angekränkelt" sein)