Warum waren die Menschen damals viel schicker gekleidet?

10 Antworten

Fotografieren war damals noch was ganz besonderes, das kostete Geld da man zum Fotografen gehen musste. Also zog man sich auch dementsprechend an. Keiner gab Geld aus um hinterher wie ein Bettler auszusehen. Heute ist das ganz anders, jeder hat eine eigene Kamera, daher werden auch Bilder gemacht die oftmals recht unvorteilhaft sind.

Es gab noch keine Konfektionsgrößen in einem Kaufhaus wie heute (weiß nicht ab wann?), sondern man ließ beim Schneider arbeiten. Also alles nach Maß. Man nähte auch selber (englische Nähmaschinen waren sehr gut) nach Schnittmustern der entsprechenden Größe. Man war angezogen, figurbetont ohne anstößig zu wirken, ein tiefer Ausschnitt mit Halskette war erlaubt. Je reicher, umso besser gekleidet.

Nur der del konte sich kleiden, die Bauern nicht.

Die Antwort von chogg77 kann ich voll zustimmen. Aber die Unterteilung in Bauern oder Arbeiter und andere Leute ist Unfug: Der Krieg hatte die Standesunterschiede (und Standesdünkel) ziemlich durcheinander gewürfelt. Die Tristesse, die Trübsal hatte man im Krieg erlebt, jetzt wolle jeder nur dazugehören und mitfeiern.

Allerdings: auch auf jedem Dorf wurde nach dem Krieg jeder Anlaß genutzt, um ein Fest zu feiern. Damals gab es noch viel mehr Vereine, die ihre Feste öffentlilch feierten entweder in einem Garten oder gar mit Festzelt. Man war oft in mehreren Vereinen und hat überall mitgeholfen. Bei den Festen gab es immer Life-Musik, d.h. von Hand gespielte Musik zum Tanzen. Dahin gingen auch die "Bauernburschen" und "Bauernmädel" in ihren chiksten Kleidern!

Und da putzte man sich heraus. Auch der letzte "Arbeiter" wollte ein wenig wie Bill Haley oder Elvis Presley aussehen. Weiße Hemden und Blusen waren pflicht, weil die Chemie gerade das Nylon erfunden hatte, und das ließ sich erst mal nicht färben. Also wurde Weiß die Modefarbe!

Und man konnte damals noch tanzen! In der Tanzschule lernten wir so an die 15 verschiedene Rhythmen und die zugehörigen Tänze. Ach so: Tanzschule war damals sogar auf dem Dorf üblich. Selbst die Kirche bot Tanzkurse auch für Erwachsene an. Nur wer die (Standard-)Tänze konnte, galt etwas!

Die Tänze wurden paarweise getanz, auch der Rock and Roll, der Herr führte. Erst ab dem Twist ging man eigene Wege, aber bis zum Freitanzen war es noch recht weit. Man musste die Grundschritte beherrschen. Gut kam der/die heraus, der/die gar noch Variationen kannte. Oft hat man sich von andern etwas abgeschaut oder sich auch zeigen lassen.

Damals war der Anzug, völlig normale Herrenmode. Legere Kleidung trug man beim Sport, ansonsten trug man Hemd. Für schwerere Körperliche Arbeit gab es entsprechende Arbeitskleidung. Als 14.jähriger Junge bekam man seine ersten langen Hosen mit dem Konfirmanden oder Firmanzug, sowie den ersten Hut und galt dann als Mann. In der Regel begann man im darauffolgenden Sommer also mit 15 eine Lehre.

Als Mädchen und Frau war Rock und Bluse üblich. Hosen setzen sich bei Frauen erst wirklich ab den 60er Jahren durch, auch wenn es das vorher schon vereinzelt gab. Eine Frau ging früher nicht ohne Kopfbedeckung aus dem Haus. Selbst meine Oma ging nie aus dem Haus ohne Kopftuch oder Hut. Das sieht halt schon eleganter aus.

Hibernator  11.05.2015, 16:31

Hinzu kommt natürlich dass man auch die Fotographie erst nach einer Weile auch für das Ablichten von "unfeinen" Sachen, Menschen und Gegenden verwendet hatte. Ganz am Anfang wollte man gerade die ansehnlichsten Motive einfangen. Also wenn, dann hat man eine der besseren Strassen der Stadt gesehen auf den Bildern und nicht die hinterste Gasse im Arbeiterbezirk.

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Basso  12.05.2015, 10:28
@Hibernator

Na, ganz so negativ sollte man die Fotografie nicht sehen: sie war schon immer ganz auf den Augenblick ausgerichtet. Die Schnappschüsse waren damals durchaus üblich.

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