Warum sind Schachspieler auf kompetetiven Niveau bzw bei Turnieren immer relativ jung (u20/ 20 bis Anfang 30)?


10.08.2022, 15:06

*kompetitiv

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hi, wird eine längere oder auch kürzere Antwort.

Also, zunächst einmal gebe ich dir Recht. Tatsächlich ist es so, dass die meisten "guten" Schachspieler junge Menschen sind. Das liegt daran, dass junge Menschen erstmal mehr Biss haben als ältere Menschen. Der Wille, eine Partie doch noch zu gewinnen, ist einfach größer. Jüngere Menschen riskieren auch mehr, um am Ende erfolgreich zu sein. Wer wagt, der auch gewinnt. So haben dann ältere Menschen weniger Chancen gegen die "Aggressivität" der jungen Wilden zu bestehen.

Tatsächlich gibt es aber auch einen interessanten Nebenaspekt, der auch wichtig zu erwähnen ist. Tatsächlich unterscheidet sich Schach von Fußball nicht wirklich in der folgenden Hinsicht. Denn es gilt: Im Alter baut man ab. Klar, ältere, langjährige Spieler sind erfahrener am Brett, jedoch lässt die Konzentrationsfähigkeit und die Variantenberechnung mit dem Alter nach. Schachpartien können auf gutem Niveau viele Stunden gehen (meine längste ging über 6 Stunden). Das ist natürlich sehr kräftezehrend und junge Menschen sind einfach mehr belastbar und können nach 5 Stunden (wenn sie geübt sind) immer noch einen klaren Kopf behalten.

Nun aber zu deinem Beispiel: Die Schacholympiade in Chennai. Ich musste echt schmunzeln, als du dieses Beispiel erwähnt hast. Denn du hast natürlich recht, wobei die Schacholympiade dieses Jahr schon extrem war. Aktuell gibt es im Profischach einen Generationenwechsel. Der aktuelle Weltmeister Magnus Carlsen gehört zur "alten" Generation mit einem Alter von 38 Jahren. In den Top 10 ist praktisch jeder über 30. Jedoch beginnt das Gehirn ab einem Alter von 35 abzubauen. Sprich, in 5-10 Jahren, ist die Top 10 ganz anders aufgebaut. Aktuell gibt es einen neuen Aufschwung an neuen Spitzenspielern. Es gibt viele starke Jugendliche/junge Erwachsene, welche aus Indien, Usbekistan, USA kommen. Natürlich muss hier auch Vincent Keymer, deutsches Nachwuchstalent und bereits Profi, der Potenzial hat in 5 Jahren Top 10 zu sein. Diese neue Generation ist nicht nur extrem motiviert, sondern wird von ganzen Verbänden gefördert. Wie schon erwähnt, wird es bald einen Wechsel der Generationen geben und die Nationen setzen alles daran, dass ihre Spitzenspieler nach diesem Wechsel oben dabei sind.

PS: Ein Beispielt für die neue Generation ist auch Alireza Firouzja, welcher mit gerade mal 19 Jahren zweitbester Spieler der Welt wurde und bereits am Kandidatenturnier teilnehmen durfte. (Das Kandidatenturnier bestimmt den Herausforderer des Weltmeisters und ist neben der Weltmeisterschaft das wichtigste Turnier der Elite). Er hat zwar nicht gewonnen, das lag aber daran, dass er noch kein Trainerteam hat, was ihm beim Verbessern unterstützt.

Hoffe, dass meine Antwort dir geholfen hat.

Viele Grüße

MentN

Woher ich das weiß:Hobby – spiele Schach seit einem Jahrzehnt

MentN  08.01.2023, 12:38

danke fürs Sternchen

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Die Tatsache, dass die Spieler in der absoluten Weltspitze in den letzten Jahrzehnten immer jünger geworden sind, deutet wohl darauf hin, dass der Leistungsfähigkeit des menschlichen Hirns mit zunehmenden Alters schneller Grenzen gesetzt sind, als man bislang angenommen hat.

Würde ich nicht so unterstreichen.

https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_chess_players_by_peak_FIDE_rating

Ich finde, dass alle Altergruppen vertreten sind. Bei der Olympiade ist es ja auch eine Art Team-Wettkampf, der mit sehr viel Stress verbunden ist. Da sind dann schon eher die jüngeren.

Aber bei normalen Einzelturnieren ist alles vertreten. Je nach Ort und Art überwiegen dann einige Altersgruppen.

Woher ich das weiß:Hobby – Schiedsrichterpatent und seit über 20 Jahren Vereinsspieler

Also ich habe recht viel Turnierschach gespielt, und ich war mit 30 auch stärker als jetzt mit 52. Ich sage es mal so: es gibt eine Summe aus Erfahrung und Konzentration, die erreicht meist so um die 30 ihr Maximum, danach geht es meist langsam bergab, weil eben die Konzentration und Rechenfähigkeit etwas nachlässt.

Man macht mehr "Flüchtigkeitsfehler", die nicht auf das starke Spiel des Gegners zurückgehen, sondern auf Aufmerksamkeitsdefizite. Und Doppelrunden (2 Partien pro Tag) finden viele über 50 zu anstrengend.

Dennoch gab es immer wieder Leute, die auch über 50 sehr stark (bis zur Weltspitze) gespielt haben, Mihail Tal zum Beispiel (sogar Blitzweltmeister über 50 soweit ich weiß) oder Mihail Botwinnik. Auch Smyslow und Kortschnoj haben noch im hohen Alter sehr gut gespielt.

Anand (in etwa mein Alter) ist immerhin noch Nr. 12 in der Welt, das ist also nicht so schlecht (wenngleich nicht mehr Nr.1, was er mal war). Es lässt also etwas nach, aber eher langsam.

Hallo :)

Manches Tunier wird unter anderem mit dem Faktor Altersgruppen ausgetragen. Deshalb wird bei manchen Turnieren nur in deinem angeben Alter gespielt. Anders ist es wenn man an einem ich nenne es jetzt mal"Jung gegen alt" gespielt wird. Oder alle Altersklassen auf einem Turnier vertreten sind.

Zumindest war das in meinem Sport so.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung