Warum lädt der Kondensator im Gleichstromkreis überhaupt?

5 Antworten

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Auch in deinem (idealen) Gleichstromkreis hast du eine Spannungsänderung: Bei der Inbetriebnahme, wenn du von U=0 auf U=Betriebsspannung gehst, bzw. beim Ausschalten wenn du von U=Betriebsspannung auf U=0 gehst.

Das hat auch in der Praxis entsprechende Auswirkungen - Thema Stromaufnahme beim Einschalten wenn alle Kondensatoren auf einen Schlag laden (und du damit einen ziemlichen Belastungspeak erzeugst).


FakeProfile 
Beitragsersteller
 15.04.2023, 16:59
Auch in deinem (idealen) Gleichstromkreis hast du eine Spannungsänderung

Aber eigentlich reicht ja schon der kleinste Peak oder? Es gibt ja keine optimale, geradlinige Gleichspannung.

Fehlschluss  15.04.2023, 17:35
@FakeProfile

Ja, aber das ist der Unterschied Praxis und Theorie. Wenn du einen idealen Kondensator, ohne Widerstand, ohne Effekte des Magnetfeldes, unendlicher Isolationswiderstand etc. pp. (und nur dann gelten die Formeln zu 100%) annimmst, dann nimmst du auch eine optimale Gleichspannung an.

Wenn du in der Praxis unterwegs bist, dann hast du da noch ein Dutzend Schmutzeffekte (z.b. begrenzt der Innenwiderstand der Spannungsquelle und die Widerstände der Zuleitungen die Ladung des Kondensators, so dass du in der Praxis nie ganz exakt beim ausgerechneten Tau bist), Kondensatoren selbst haben einen Serien- und Reihenwiderstand, und manche Kondensatortypen (insbesondere Folienkondensatoren und Elkos) sind gewickelt und haben daher auch eine deutliche Induktivität, kein praktisch verfügbares Dielektrikum hat einen unendlich hohen Widerstand (daher sind Kondensatoren mit eine max. Volt-Angabe versehen, und daher schlagen Kondensatoren bei Überspannung "durch", das ist ein so häufiger Fehlerfall dass es "selbstheilende" Kondensatoren gibt) - usw..

Da bist du dann auch bei deiner nicht-idealen Spannungsquelle, die weder unendlich Strom liefern kann, noch einen idealen Gleichstrom. Die Leiterbahnen der Platine selbst sind Widerstände die einen Spannungsteiler bilde, und da sie isoliert nebeneinander liegen - auch Kondensatoren... und Spulen...

Das sind zwei Welten. In 08/15-Schaltungen liegen die nahe genug beieinander als dass man es nicht gross beachten muss, wenn es an die Ränder der Praxis geht (Messtechnik für kleine Werte, Hochfrequenz, usw.) dann wird das ziemlich übel.

Denn ja, wenn du z.B. eine Schaltung hast in der ein Transistor eine LED schaltet:

Wenn der Transistor schaltet und die LED anfängt zu leuchten, schwankt die Spannung, da die Spannungsquelle (endlicher Widerstand), durch die erhöhte Stromaufnahme minimal zusammen bricht. Genau so wirst einen Spike haben wenn die LED aus geht. Macht das was aus? Meistens nicht.

Aber da bist du auf den springenden Punkt gestossen: Da die Geichspannung in der Realität eben nicht so sauber und konstant ist, werden in der Praxis viele Kondensatoren ja gerade dafür verbaut, diese Effekte zu mindern. Sie "reagieren" schneller als die meisten Spannungquellen wenn sich die Last ändert und die Spannung schwankt, und puffern daher die Versorgungsspannung auf ein - für die Schaltung/das Bauteil erträgliches Maß, und Filtern Störungen (sprich Schwankungen) die an anderer Stelle in der Schaltung entstehen raus, bzw. sorgen dafür dass die an der Stelle enstehenden nicht weiter gehen.

Daher siehst du oft Kondensatoren direkt zwischen VCC und GND von Bauteilen wie ICs.

Von Experte YBCO123 bestätigt

Reale Bauelemente haben Innenwiderstände und die Spannung verteilt sich nach der Spannungsteilerregel auf sie und den Kondensator. So ergeben sich der endliche Einschaltstrom und die exponentiellen Kurvenverläufe.

Sind die Bauelemente im Gedankenexperiment ideal, dann macht beim Einschalten die Ladung, genauso wie die Spannung, in Nullzeit einen Sprung von Null auf Maximalwert (Heaviside-Funktion), und der Strom entspricht deren Ableitung, einem unendlich hohen, unendlich kurzen Impuls (Dirac-Funktion). Daß vor dem Einschaltmoment und nachher nichts geschieht, ist, was Du beschreiben hast.


iSolveProblems  15.04.2023, 18:25

Die Delta Funktion ist aber eine Distribution und keine Funktion im eigentlichen Sinne, sage ich ich sogar selbst als Physiker, unterm Integral wird sie benutzt, sonst bitte nur mit der Kneifzange ran

Franz1957  15.04.2023, 18:41
@iSolveProblems

Stimmt, und diese Vorsicht ist, wie ich meine, bei allen Idealisierungen und reingewaschenen Konzepten geboten – so wie eben auch der hier ganz arglos mal widerstandsfrei gedachten Schaltung (und so mancher anderen beliebten Denkübung).

Bein Einschalten ändert sich die Spannung :-) das lädt den Kondensator auf.


iSolveProblems  15.04.2023, 18:26

Genau die Zeitentwicklung der Spannung, die wir aus der Lösung DGL in der Zeiz erhalten sagt genau dies aus!

Du hast Recht, wenn U konstant ist, fließt kein Strom. Das ist der Fall, wenn der Kondensator bereits geladen ist. Strom fließt, wenn der Kondensator an eine Spannungsquelle angeschlossen wird. Entweder über einen Vorwiderstand, oder zumindestens dem Innenwiderstand der Spannungsquelle, fließt dann ein Ladestrom, der exponentiell abnimmt, also gegen Null geht, wenn der Kondensator auf die Spannung der Spannungsquelle geladen ist.

Beim Anschließen des Kondensators an die Spannungsquelle ändert sich an ihm kurzeitig die Spannung. Dadurch ergibt sich ein Verschiebungsstrom. Der Kondensator wird so im Gleichstromkreis geladen.


FakeProfile 
Beitragsersteller
 15.04.2023, 16:49
Beim Anschließen des Kondensators an die Spannungsquelle ändert sich an ihm kurzeitig die Spannung.

Aber warum? Ein Literaturkondensator ist doch eine unterbrochene Leitung!

Littlethought  15.04.2023, 16:53
@FakeProfile

Ein Kondensator speichert Ladung und damit Energie. Im Wechselstromkreis wirkt ein Kondensator als Widerstand. Das Anschließen an die Gleichspannungsquelle ist die Hälfte der Phase einer Wechselspannung. Auch die Enden einer unterbrochenen Leitung stellen einen Kondensator dar, über den im Wechselstromkreis ein kleiner Strom fließt.

bmke2012  15.04.2023, 16:55
@FakeProfile

Ein Kondensator ist ein Ladungsspeicher. Die Ladungen müssen da aber auch erst mal rein. Also fließt ein Strom solange bis er voll ist. Eine unterbrochene Leitung ist kein Kondensator.

Fehlschluss  15.04.2023, 17:01
@FakeProfile

Erstens: Nein, er ist eine Kapazität, als Literatur (sprich -idealer) Kondensator zwei Platten eines leitfähigen Materials ohne Widerstand getrennt durch eine ideal isolierende Schicht. Nicht nur eine unterbrochene Leitung (denn eine ideale Leitung nach Literatur hat keine kapazitativen Effekte). Dann - Thema Ladungsverschiebung im Dielektrikum.

Zwotens: Die Gleichung Q=C*U nimmt die angelegte Spannung. Und du kannst auch an eine "unterbrochene Leitung" 5000V anlegen.

Littlethought  15.04.2023, 17:01
@bmke2012

Sie wird gemeinhin nicht so bezeichnet. Aber auch eine unterbrochene Leitung hat eine Kapazität. Im Wechselstromkreis ändert sich zwischen den Enden das elektromagnetische Feld ständig und dadurch wird elektromagetische Energie abgestrahlt. Das ist das Prinzip eine Senders. Allerdings ist die Größenordnung der abgestrahlten Energie in diesem Fall so klein, dass sie meist vernachlässigt werden kann.