warum klappt keine elektrische Addition beim Benzolring?

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Moin,

äh, ich glaube, du meintest »elektrophile Addition« (anstatt „elektrische”), aber egal.

Zu deiner Frage: Ja, es hat mit den delokalisierten pi-Elektronen des Benzolrings zu tun. Diese führen nämlich dazu, dass der Benzolring mesomeriestabilisiert ist. Das heißt, dass seine tatsächliche Daseinsform zwischen zwei Grenzstrukturen liegt.

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Diese beiden Grenzstrukturen entsprechen in ihrer Absolutheit nicht dem wahren Zustand! Durch die Mesomerie wird der Benzolring stabiler. In der Chemie bedeutet stabiler auch energieärmer. Die Energiedifferenz bezeichnet man auch als Resonanzenergie.

Ein Beispiel:

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Wenn du Cyclohexen (erstes Sechseck von links im Koordinatensystem) hydrierst (also die Doppelbinsung wird mit Hilfe von Wasserstoff aufgelöst), so dass Cyclohexan (das Sechseck unten links) entsteht, dann werden dabei 120 kJ/mol Energie freigesetzt (exotherme Reaktion).
Wenn du Cyclohexadien (zweites Sechseck von links im Koordinatensystem) zu Cyclohexan hydrierst, sollte man eigentlich die doppelte freigesetzte Energiemenge erwarten. Tatsächlich sind es aber „nur” 230 kJ/mol, die freigesetzt werden. Das liegt daran, dass es zwischen den beiden konjugierten Doppelbindungen im Cyclohexadien bereits zu einer gewissen Mesomeriestabilisierung kommt, die das Molekül etwas energieärmer macht, so dass die vollständige Hydrierung nicht mehr so viel Energie frei werden lässt.
Das hypothetische Cycloheatrien (drittes Sechseck von links im Koordinatensystem) sollte nach Berechnungen deshalb bei einer vollständigen Hydrierung 330 kJ/mol Energie liefern. Aber...
Das reale Benzol (letztes Sechseck im Koordinatensystem) liefert bei seiner vollständigen Hydrierung tatsächlich nur 206 kJ/mol Energie, also sogar weniger, als Cyclohexadien. Nun entspricht im Grunde das hypothetische Cyclohexatrien einer der Grenzstrukturen von Benzol. Zwischen der erwarteten Energie und der tatsächlich frei werdenden Energie liegt jedoch eine Differenz von 124 kJ/mol. Und diese Energiedifferenz bezeichnet man als Resonanzenergie. Um diese Energie ist der reale Benzolring gegenüber dem hypothetischen Cyclohexatrien ärmer und somit stabiler.

Die Resonanzenergie kommt zustande, weil die pi-Elektronen des aromatischen Systems delokalisiert sind. Das bedeutet, dass ein aromatisches System (wie ein Benzolring) energiearm ist, weil ein Teil seiner Elektronen der Doppelbindungen nicht konkret einem bestimmten Atom des Aromaten zuzuordnen sind.

Wenn du nun aber an einem Benzolring eine elektrophile Addition durchführen würdest, müsstest du das aromatische System mit seinen völlig delokalisierten pi-Elektronen zerstören. Dabei ginge die Mesomeriestabilisierung durch das cyclisch konjugierte Doppelbindungssystem verloren. Anders gesagt: Das Molekül wäre nach der Addition viel energiereicher (weniger stark mesomeriestabilisiert) als zuvor. Schau hier:

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Benzol und Brom: Das Additionsprodukt (rechts oben) ist deutlich energiereicher als das Substitutionsprodukt (rechts unten). Darum finden an aromatischen Systemen bevorzugt elektrophile Substitutionen anstelle von Additionen statt, weil bei der Substitution das aromatische (energieärmere) System erhalten bleibt.

Alles klar?

LG von der Waterkant

 - (Schule, Chemie, Abitur)  - (Schule, Chemie, Abitur)  - (Schule, Chemie, Abitur)

Die Struktur des Benzols ist die energetisch günstigste Form eines Kohlenstoffrings aus sechs C-Atomen und den dazugehörigen H-Atomen.

Sobald nach der Addition eine kleine Störung des Moleküls auftritt, fällt es demnach in den energetisch günstigsten Zustand zurück und gibt den Wasserstoff wieder frei.

Die Bindung kommt durch die delokalisierten Elektronen zustande. Aber welches Molekül eine geringere Energie aufweist, ist bei Kohlenwasserstoffen mit diesen Bindungen eine Frage der Geometrie. Falls du etwas von Quantenmechanik versteht, wäre da die Hückel-Näherung anzuführen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Physik-/Mathestudium TU Chemnitz