Warum kann das Verhalten eines Interviewers eine Fehlerquelle bei einer Befragung sein?

Sunaa  03.04.2022, 13:54

Zum Verständnis: geht es dir um qualitative oder quantitative Sozialforschung?

bianco410 
Fragesteller
 03.04.2022, 13:56

Genau

4 Antworten

Weil er die zu befragende Person beeinflussen kann. Das geht auch unbewusst. Suggestivfragen, etc. Menschen, die Interviewt werden, neigen auch dazu, die Fragen so zu beantworten, wie sie meinen, dass der Interviewer das hören will. Dadurch sind die Antworten abgängig vom Interviewer.

Ein Interviewer sollte sich damit auseinandersetzen.


bianco410 
Fragesteller
 03.04.2022, 14:18

Inwiefern verletzen denn suggestive Fragen die Reliabiltät (Zuverlässigkeit) oder die Validität (Gültigkeit/ Richtigkeit) von Antworten?

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Hugito  03.04.2022, 14:35
@bianco410

Suggestivfragen beeinflussen die Aussage, indem der Fragesteller auf die Erinnerung oder Urteilskraft des Antwortenden einwirkt. Dadurch manipuliert der Fragesteller die Antwort und kann sie in eine bestimmte Richtung lenken. Das kann auch unbewusst oder mangels ausreichender Qualifikation des Interviewers statt finden.

Solche Fragen werden deshalb nur eingesetzt, wenn Manipulationstechniken erwünscht sind, z.B. in einem Verkaufsgespräch, in einer politischen Rede oder wenn etwa ein Patient zu einer Erkenntnis gebracht werden soll. Sie sind unzulässig bei einer Befragung von Zeugen durch Polizei oder Justiz, oder bei Meinungsumfragen, etc., wenn es also um eine unverfälschte Aussage ankommt.

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Hallo!

Da ich mir jetzt nicht sicher war, ob es dir um quantitative Sozialforschung (darauf könnte das Wort "Befragung" hindeuten) oder qualitative Sozialforschung ("Interviewer" wird gemeinhin eher mit qualitativer Forschung assoziiert) geht, hab ich einfach zu beidem geschrieben, was mir einfällt.

Wenn es um qualitative Sozialforschung geht:

  • zu nahe Orientierung des Interviewers am Leitfaden
  • Nichtberücksichtigung von Redebeiträgen
  • mangelhaftes Zeitmanagement (kein Eingreifen bei zu langen Abschweifungen)
  • suggestives Verhalten
  • falsche Einschätzung bzw. Umgang mit bestimmten Teilnehmertypen
  • Rollenprobleme
  • bei Gruppendiskussionen u.Ä.: Teilnehmer werden nicht gleichmäßig beteiligt, Umgang mit Konflikten, etc.

Wenn es um quantitative Sozialforschung geht:

  • Suggestivfragen
  • Begrifflichkeiten sind unklar
  • doppelte Verneinung bei Fragestellung
  • Mehrdimensionalität von Fragen
  • Überforderung der Befragten
  • Beeinflussung der Befragten (insbesondere bei heiklen Fragen)

Liebe Grüße!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Studium: Molekulare Biologie & Soziale Arbeit

bianco410 
Fragesteller
 03.04.2022, 14:12

Du scheinst dich da gut auszukennen.. Vielen Dank erstmal! Du hast mir auf jeden Fall schon gut weitergeholfen! Aber ich bin gerade einfach nur verwirrt und blicke da nicht so ganz durch.. 😖 Weißt du auch warum suggestive Fragen in der Regel auch die Reliabilität (Zuverlässigkeit) und die Validität (Gültigkeit/ Richtigkeit) von Antworten bei Befragungen verletzen? Danke im Voraus!

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Sunaa  03.04.2022, 14:33
@bianco410

Reliabilität und Validität geben (neben Objektivität) als Gütekriterien bei bspw. einer quantitativen Befragung Auskunft darüber, wie aussagekräftig eine Messung ist. Suggestivfragen beeinflussen die Antworten des Befragten in eine bestimmte Richtung; das beeinträchtigt natürlich die Reliabilität in dem Sinne, dass keine hinreichende Wiedergabe des wahren Werts gewährleistet wird und die Validität in dem Sinne, dass durch die Verzerrung des Datenbildes das Kernziel der Messung nicht angemessen erfüllt wird. Ich hoffe, das war verständlich :-)

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Wenn man merkt, was er besser findet, dann antwortet man eher, was er hören will, einfach um "Mainstream" zu sein.

Was er hören möchte, kann man oft sogar an der verschiedenen Betonung der Möglichkeiten hören. Manches könnte er z.B. abfällig betonen.

Im Buch von Michael Häder, Empirische Sozialforschung, Eine Einführung, 4. Auflage, S. 234, steht es kurz und knackig beschrieben :)