Warum ist es ein Skandal ein Zebra an Löwen im Zoo zu verfüttern?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Wenn du die andauernde Debatte um den verfütterten, 15-jährigen Zebrahengst Franz im Leipziger Zoo meinst... Ich verstehe es auch nicht. Das Tier wurde 1 Jahr lang vergeblich versucht zu vermitteln. Es standen nur noch Einzelhaltung oder Kastration zur Wahl und Kastrationen sind bei Grevy-Zebras nicht vorteilhaft, weil das die Herdenstruktur nicht wirklich ermöglicht, dass ein Wallach da klar kommt.

Und ob jetzt ein Zebra geschlachtet wird oder für dieselbe Menge zwei bis drei Ziegen und Schafe, 100 Kaninchen, 150 Meerschweinchen oder andere Tiere, das ist in der Hinsicht doch egal. Warum sich jetzt so viele Leute wegen dieses einen Zebras so aufregen ist mir unverständlich.

Ein Skandal ist es nicht, in Zoos ist das ganz normal. In jedem Zoo werden Ziegenböcke , Hirsche, Schafsböcke etc geschlachtet. Warum also kein Zebra.

Es ist übliche Praxis, in allen Zoos. Fakt ist, dass im Zoo die natürliche Selektion unterbunden ist und viel mehr Jungtiere von Pflanzenfressern groß werden als es in der Natur der Fall wäre und es somit Tiere gibt, die "überzählig" sind. Für diese Tiere wird dann intensiv nach einer Unterbringungsmöglichkeit in einem anderen Zoo gesucht, aber nicht immer ist die Suche erfolgreich.

Auch zoologische Gärten müssen sich an das Tierschutzgesetz halten. Das schreibt vor, dass ein (Wirbel)tier nicht getötet werden darf, es sei denn, es liegt dafür ein "vernünftiger Grund" vor. Das Gesetz definiert aber den "vernünftigen Grund" nicht näher. Im Allgemeinen liegt ein "vernünftiger Grund" z. B. dann vor, wenn ein Tier unheilbar krank ist und starke Schmerzen leidet. Ob das Töten eines Tiers, bloß weil es "überzählig" ist, einen "vernünftigen Grund" darstellt, ist juristisch umstritten. Der damalige Direktor des Magdeburger Zoos Kai Perret und zwei weitere Mitarbeiter des Zoos wurden beispielsweise 2010 zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie 2008 drei Tiger-Jungtiere euthanasiert hatten, die als Mischlinge verschiedener Unterarten für das Zuchtprogramm ungeeignet waren und nirgendwo hätten untergebracht werden können. In diesem Fall urteilten die Richter also, dass das Töten überzähliger Tiere allein kein "vernünftiger Grund" sei.

Wenn ein überzähliges Tier geschlachtet und verfüttert wird, ist das etwas anderes. Dann liegt sehr wohl ein "vernünftiger Grund" vor, denn nichts anderes passiert ja auch tagtäglich zur Lebensmittelgewinnung. Grundsätzlich darf dabei fast jedes Tier geschlachtet werden, egal, ob es sich um ein Rind oder Pferd, ein Zebra oder eine Maus handelt. Zoos könnten, wenn sie wollten, Zebrafleisch sogar für den menschlichen Verzehr verkaufen. Einige Zoos vermarkten auf diese Weise beispielsweise Fleisch von vom Aussterben bedrohten alten Nutztierrassen und tragen so zum Erhalt dieser alten Rassen bei. Ausnahmen gibt es nur für Katzen, Hunde und Primaten; Fleisch von Arten dieser drei Gruppen darf laut der Lebensmittel-Hygieneverordnung nicht in den Verkehr gebracht (will heißen: gegessen) werden. Übrigens: in der Schweiz dürfen bis heute auch Hunde und Katzen gegessen werden.

Fakt ist auch, dass Zoos laut Tierschutzgesetz dazu verpflichtet sind, ihre Tiere artgerecht zu ernähren. Löwen, Tiger und andere Katzen sind als Raubtiere ihrer Natur nach Fleischfresser. Sie müssen also mit Fleisch ernährt werden und wenn es kein geschlachtetes Zootier ist, das verfüttert wird, dann ist es eben ein ganz normaler, konventioneller Schlachtkörper, z.B. Rind oder Pferd oder Ziege - der auch aus ganz konventioneller Massentierhaltung stammt. Wenn ein Zoo eigene Tiere schlachtet, dann wird gewissermaßen Biofleisch nach höchsten Haltungsstandards verfüttert. Eine Antilope oder ein Zebra, das verfüttert wird, hat sicher artgerechter, glücklicher und auch wesentlich länger gelebt als ein Nutztier aus konventioneller Haltung.

Dass Zoos Zootiere verfüttern, ist also üblich und moralisch vertretbar und wenn man das offen und transparent kommuniziert, findet das bei den Zoobesuchern breite Zustimmung und Verständnis. Wenn überhaupt etwas bedauerlich ist, dann, dass man im Zoo Leipzig immer noch die irrige Meinung vertritt, das vor dem Zoobesucher "geheim" halten zu wollen bzw. zu müssen. Ich halte das für den falschen Weg. Das sollte gerade nicht hinter den Kulissen stattfinden, sondern vor Publikum, ähnlich, wie es übrigens in Nürnberg im Tiergarten schon seit Jahren praktiziert wird. Dass Raubtiere andere Tiere fressen ist nun mal Teil der Natur und die Zoos sollten zeigen, dass dies zur Natur dazu gehört.

Skandalös finde ich eher die Bigotterie einer Zoobesucherin, die offenbar nicht umhin konnte, jedes blutige Detail sensationslüstern mit einer Kamera festzuhalten und sich anschließend zu beschweren, dass man solche Bilder dem Besucher nicht zumuten könne.

Waldmorti 
Fragesteller
 26.05.2023, 23:05

Wow ausführliche Antwort. Ich habe selbst in nem Tierpark gearbeitet und war dabei wie die Meerschweinchen getötet wurden. Ist keine schöne Angelegenheit aber die Leute müssen damit klar kommen. Das ist die Natur. Deswegen versteh ich den Popei nicht der deswegen gemacht wird. Es ist ein Skandal, das der Löwe nicht JEDEN TAG Zebrafleisch bekommt ;)

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Darwinist  27.05.2023, 09:33
@Waldmorti

Ich hab selbst einige Jahre im Leipziger Zoo Besucherführungen gemacht. Da kamen immer wieder mal Fragen nach Futtertieren und ob auch eigene Tiere verfüttert werden. Am mangelnden Zuschauerverständnis fehlt es definitiv nicht. Und wie gesagt, Nürnberg geht seit Jahren transparent und öffentlich mit dem Thema um.

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