Warum haben manche Kirchen diese fratzenhaften Skulpturen?

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo jeysuni,

da vermutest Du richtig. Eine fundierte Erklärung findest Du in dem folgenden Artikel:

http://www.morgenweb.de/region/bergstrasser-anzeiger/kirche/fratzen-an-der-kirchenwand-1.474179

Diese monsterähnlichen Skulpturen mit ihren Fratzen sind in der Angst vor dem Angriff böser Geister und Dämonen begründet. Diese Furcht war schon in den heidnischen Vorstellungen der Germanen und Kelten vorhanden. Beide Völker verwendeten bei ihren Riten und Feierlichkeiten ebenfalls fratzenhafte Masken, wie sie auch heute noch in vielen Gegenden bei Karnevalsbräuchen üblich sind.

Die Fratzen und Monsterskulpturen sollen die bösen Geister abschrecken, ihnen die Botschaft vermitteln: Vorsicht! Wir sind noch viel böser als ihr! Wenn ihr euch hier blicken lasst, geht ´s euch dreckig.

brettpit  12.12.2013, 10:05

also Monster gegen Monster ??

wie sage Jesus? ..Wie kann Satan den Satan austreiben?  Nun, wenn ein Königreich gegen sich selbst entzweit wird, so kann dieses Königreich nicht bestehen; 

aber man sieht deutlich, auf was für Eckpfeiler diese Kirchen aufgebaut sind.

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Szintilator  12.12.2013, 21:03
@brettpit

aber man sieht deutlich, auf was für Eckpfeiler diese Kirchen aufgebaut sind.

...und was möchtest Du nun damit aussagen? Oder ist das nur Polemik?

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NICOmachos  13.12.2013, 05:27
@Szintilator

Ich denke, um auszudrücken, was er meint, sollte man Albert Schweitzer bemühen: "Wer glaubt, ein guter Christ zu sein, nur, weil er in die Kirche geht, irrt; man wird ja auch kein Auto, wenn man in der Garage steht!" Soll heißen: Zwischen "wahrer" christlicher Ideologie und der Machtpolitik der irdischen Kirche liegen mitunter Welten. Ich sage nur: "Deus vult!"

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kdd1945  14.12.2013, 10:22

Ergänzung meiner Antwort. Quelle: Wikipedia

Notre-Dame de Cunault (Anfang 12. Jahrhundert) ist eine romanische Prioratskirche in der ehemals eigenständigen Gemeinde Cunault, heute Ortsteil von Chênehutte-Trèves-Cunault im Département Maine-et-Loire (Region Pays de la Loire) in Frankreich. Die Ortschaft liegt am linken Ufer der Loire, circa 10 Kilometer flussabwärts von Saumur und etwa 30 Kilometer südöstlich von Angers.

Die Hallenkirche wird wegen ihres äußerlich schlichten Aussehens leicht übersehen. Sie ist aber unter Kennern der romanischen Skulptur insbesondere für ihre 223 einst polychromen Kapitelle berühmt. Sie sind erstaunlicherweise in gutem Zustand erhalten geblieben, obwohl das Bauwerk im 18. Jahrhundert stark in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Notre Dame de Cunault weist in seinem immensen Kapitellprogramm mit Vorliebe archaische, fast heidnisch anmutende Motive auf, besonders gerne Kampfszenen. Begleitet sind diese figurativen Szenen häufig von Pflanzenformen und beide zusammen überziehen die gesamte Kapitellzone des Pfeilers mit seinen vorgelegten Diensten als endloses Band. In der abschreckenden Thematik der Kapitelle wird ein ganzes Pandämonium von Angstvisionen ausgebreitet. Das typischste Motiv ist der berühmte sogenannte "Grand goule", das Großmaul, das die ganze Säule zu verschlingen scheint. Dieses Motiv soll keltischen Ursprungs sein und entweder die Erde oder den Teufel darstellen.

Untiere, Fratzen und Grimassen und ein ständiges Sich-gegenseitig-verschlingen sind Themen dieser Kapitelle. Die romanischen Kirchen als solche haben in der damaligen Welt als solide Steinbauten zwar das Beständige und Ewige symbolisiert - jenseits des ständigen Wandels der bedrohlichen Umwelt. Aber die tiefe Angst, vor allem das ständig bohrende Schuldbewusstsein des sündigen Menschen ließ auf den Kapitellen solche seltsamen, elenden Schimären entstehen.

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jeysuni 
Fragesteller
 14.12.2013, 16:53
@kdd1945

Sehr interessant kdd1945. Danke für den Zusatz.

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Hallo jeysuni, hier sind schon einige Antworten, bei denen ich aber etwas klarstellen möchte:

„kdd1945“ hat einen sehr guten Link angegeben, in dem über den Sinn der Wasserspeier geschrieben wird. Allerdings wird hier auch deutlich, dass die Figuren an den Kirchen zwar Fratzen, Ungetüme und Monster sind, aber selbst keine Dämonen oder Teufel darstellen sollen. Insofern wird, wie „brettpit“ unten meint, auch kein Satan mit Satan oder Monster mit Monster ausgetrieben. Das ist schon ein Unterschied.

kdd1945 hat den Vergleich mit den Fratzen an Karneval gezogen. Auch das sind ja keine Dämonendarstellungen.

Die Gestalten sollen des Einfluss des Teufels auf die irdische Welt, auf das System dieser Dinge, symbolisieren und gleichzeitig die Angst davor nehmen. Sie befinden sich auch immer außerhalb, um gleichzeitig den Gegensatz zur Reinheit des Gottesreiches – symbolisiert durch das Innere der Kirche – darzustellen.

Eine Schutzfunktion wird den sogennannten Gargylen zugesprochen, die dämonisches Aussehen haben, aber selbst keine sind. Zugesprochen heißt: Man denkt sich das in der Volksauffassung. Kirchenlehre ist das nicht.

Auf welchen Eckpfeilern die Kirche aufgebaut ist, ergibt sich hieraus jedenfalls nicht. Das sind ganz andere „Eckpfeiler“, wie sich das mit entsprechenden Textstellen des neuen Testaments darstellen lässt.

Hallo jeysuni,

Wasserspeier gab es schon in vielen Formen, abschreckend oder lustig viele Jahrhunderte vor Chr. An den Kirchen sind sie grundsätzlich außen, um zu dokumentieren: Das Innere der Kirche ist rein. Ziel war nicht zu sagen: "Wir sind noch viel böser als ihr" , sondern eher eine Botschaft an die Menschen: "Vor so etwas braucht ihr keine Angst zu haben - sehr mal, was wir mit denen machen!" Und sonst war es der rein praktische Grund der Wasserspeier. In späteren Zeiten hat man einfach auch lustigere Maskenbilder dazu verwendet.

Sollen sie die Kirche vor "Bösem" beschützen?

Nein. Meistens sind mit diesen Fratzen die Sünden und Laster der Menschen symbolisch und personifiziert dargestellt. Wer die Symbole für die verschiedenen Laster kennt, kann meistens auch die Fratzen identifizieren.

Sicher gibt es noch andere Darstellungen, aber als eine Form von "Magie" sollen diese die Kirche nicht schützen. In früheren Jahrhunderten konnten die meisten Kirchenbesucher nicht lesen, waren aber deshalb längst nicht dumm oder einfältig. Viele der religiösen und theologischen Inhalte des Glaubens wurden dann eben in Figuren, Skulpturen und Gemälden vermittelt. Weil heutzutage die meistens Menschen lesen können, sind die Fähigkeit zur symbolischen Deutung nicht mehr so ausgebildet wie früher. Das ist jetzt nur eine Erklärung von vielen möglichen. ;-)

Hallo ;-) Ich vermute, dass sie die Menschen-speziell zu Zeiten, als diese noch sehr jenseitsgläubig waren- zu einem "gottesfürchtigen" Leben im Sinne der Kirchenlehre bewegen sollten, indem sie vor dem Unheil des Fegefeuers und des Teufels warnten.

Nadelwald75  13.12.2013, 11:03

Ist eben nur eine Vermutung.

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