Warum gehört Stettin zu Polin obwohl es westlich der Oder und Neißellinie ist?

4 Antworten

Mit Kriegsende stellte die russische Besatzungsmacht Stettin unter deutscher Verwaltung, eben weil sie westlich der willkürlich gezogenen Grenze an der Oder lag. So wurde am 2. Mai 1945 der Deutsche Erich Spiegel Bürgermeister, der aber bald von einem treuen Kommunisten abgelöst wurde (26. Mai, Erich Wiesner).

Am 5. Juli unterstellte die sowjetische Kommandantur das Stettiner Gebiet der polnischen Verwaltung. In den alliierten Planungen war vorgesehen, dass Swinemünde zu Polen gehören sollte und die Grenze somit westlich davon verlaufen zu habe.
So legte die sowjetische Militäradministration und der Vorläufer der polnischen Regierung in einem Grenzvertrag den neuen Grenzverlauf westlich von Stettin einfach fest. Dazu legten die Russen eine eigens aus Moskau herbeigeschaffte Karte vor, die überschrieben war mit: "Die Grenze Polens gemäß der Potsdamer Konferenz, 3. August 1945" und war in Moskau am 14. September 45 beglaubigt.

Die Polen versuchten in diesen Tagen sogar noch Usedom für sich zu beanspruchen, aber die Sowjets blieben in dieser Frage hart. So konnte der Vertrag zwischen der UdSSR und Polen zur Westgrenze Polens am 21. September 45 unterzeichnet werden. Die Deutschen wurden nicht gefragt.

Polen durfte das Gebiet auch nicht gleich übernehmen, sondern musste bis zum 4. Oktober warten. Den Stettiner Hafen konnten sie erst 1947 übernehmen, da ihn die Russen zum Abtransport von Beutegut benötigten.

Auf deutscher Seite war der Grenzverlauf lange Zeit unbekannt - sie waren am Grenzvertrag ja auch nicht beteiligt. Im Juli 1946 fragte der Landrat mal nach und erst danach wurde der Grenzverlauf durch Markierungen sichtbar gemacht.

Vertreibungen von Deutschen begannen bereits im Juli 45 und wurden schlimmer, als die russischen Truppen die Stadt verließen. Erst im November wurden von der polnischen Verwaltung Sonderzüge eingesetzt, die die Deutschen nach Greifswald brachten. Im Februar 46 kamen die Briten zu Hilfe und koordinierten den Abtransport der letzten Deutschen in ihr eigenes Besatzungsgebiet. Ende 1946 lebten nur noch 17.000 Deutsche in der Stadt (vor dem Krieg 380.000).

Anfangs waren die DDR-Oberen sehr erbost über diesen Wandel in Stettin, erkannten die Westgrenze Polens aber 1950 an. Vertriebenenverbände waren in der DDR verboten, somit übte auch niemand hier weiter Druck auf die Regierung aus.

Die Bundesrepublik erkannte damals gar nichts an und argumentierte immer mit einer noch ausstehenden Friedensregelung. Vertriebenenverbände sorgten dafür, dass Politiker noch 1989 der Meinung waren, dass diese Gebiete nur vorübergehend unter polnischer Verwaltung standen (obwohl jedem klar war, dass dies längst vom Tisch war). Mit der Wiedervereinigung wurde im 2+4-Vertrag die Ostgrenze Deutschlands als endgültig anerkannt.

Woher ich das weiß:Hobby

Die Sowjets haben allein entschieden und keiner hat etwas dagegen getan.

Weil Stettin wirtschaftlich attraktiv für Polen war und ist, und sie es gerne haben wollten.

adelaide196970  23.11.2023, 18:32

stimmt, aber es waren wohl mehr die Russen, die da das sagen hatten. Die Polen wurden ja aus Belarus und Ukraine vertrieben. Die waren somit recht kleinlaut damals.

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