War es eigentlich nicht umständlich im Mittelalter Rüstung Tragen?

8 Antworten

Darum waren Rüstungsträger meist beritten - und wurden Ritter genannt. Und wenn Dir jemand mit einem Morgenstern oder einem Langschwert zusetzt - also, glaub mir: da tut es Dir um jedes Gramm Körperpanzer leid, dass Du nicht trägst! (Zumindest kurzfristig - längerfristig löst sich das Problem, weil Du einen schweren Fall von "Tot sein" darstellst :-D)

Hallo Akirschenhoffer,

sicherlich lebt und bewegt es sich ohne Rüstung leichter. Wer als ausgebildeter Elitekrieger allerdings seinen Lebensunterhalt bestreiten und/oder seine Standeslegitimität beweisen musste, musste das Kriegshandwerk beherrschen.

Für jene Elitesoldaten des Mittelalters, was die Ritter in ihrer Mehrzahl ohne Zweifel wohl waren, gehörte die Rüstung wohl zur Berufsbegleitung und nicht wenige Angehörige dieses Standes verwendeten ein Vermögen dafür, um an hochwertige Rüstungen zu gelangen.

Was das Gewicht angeht, variierte dieses durch die Zeiten hinweg. Ein "einfaches" Kettenhemd konnte bspw. zwischen 10-15 Kilogramm, eine vollständige Plattenrüstung wog zwischen 20-30 Kilogramm.
Sicherlich nichts, was ein untrainierter Mensch ohne Probleme handhaben würde, aber sehe es mal so: Ein moderner Soldat der US Army trägt nicht selten eine Marschausrüstung von 30-40 Kilogramm!

Für jemanden, der seinen Lebensunterhalt damit bestreitet und dementsprechend trainiert ist, ist es also möglich eine solche zusätzliche Masse für eine gewisse Zeit mich sich zu tragen.

Des Weiteren haben solche Rüstungen ja auch ihre Vorteile:

Ein Beispiel:

Bild zum Beitrag

Die Männer auf diesem Bild, welches aus der Zeit des englischen Erbfolgekrieges im 15 Jahrhundert ("War of the Roses"), tragen neben ihrer Rüstung keinen Schild (2-3 Kg) mehr und hatten in Sachen Mobilität und "Umständlichkeit" somit beide Hände dafür frei, längere Stangenwaffen zu benutzen, die eher dafür geeignet waren einen anderen Ritter in Rüstung zu schaden.

Im gesamten Mittelalter fand zwischen Rüstung und Waffen demnach ein Kopf-an-Kopf rennen statt, wonach die Waffen immer besser darin wurden, die Rüstungen zu durchschlagen und die Rüstungen wiederum immer besser darin wurden, dies zu verhindern.

Kein Mensch bei Verstand würde gegen diese top-ausgestatteten Elitekämpfern nur mit einer leichten Rüstung und Bewaffnung antreten wollen.

Hoffe ich konnte dir helfen. Viele Grüße!

Woher ich das weiß:Hobby
 - (Militär, Soldat, Ritter)
akirschenhoffer 
Fragesteller
 20.01.2023, 18:41

Eine Frage, waren solche Rüstung gut, für indirektes Bodybuilding? Wie in Annie Dragonball z, wo sie stärker werden, wenn sich die erdschwerkraft verdoppeln tut

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Welche Rüstung meinst du? Da gab es ja viele Varianten. Wenn wir an die Ritterzeit denken, sehen wir immer den vollgepanzerten Ritter in Plattenrüstung vor uns. Schon zur Zeit der Römer gab es Kettenhemden. Die schützten gut gegen schneidende Waffen, aber ein Hieb konnte Knochen brechen, oder zumindest Prellungen verursachen. Ein Pfeil ging oft durch. Die typisch römische Rüstung war die Lorica Segmentata, die Schienenrüstung. Sie schützte gut und bot auch noch Beweglichkeit. Sie schützte gut gegen Pfeilschüsse. Nur ein hunnischer Kompositbogen konnte ihr gefährlich werden, wenn auch nur knapp. Von den Parthern übernahmen die Römer die Katafraktenrüstungen, und da sind wir eigentlich schon bei den Rittern. Die sahen schon genauso aus. Sie waren so gut, das der Reiter meist auf einen Schild verzichtete und so beweglicher war. Natürlich war es umständlich eine Plattenrüstung zu tragen, aber, - im Nahkampf, Mann gegen Mann, mit scharfen Langschwertern, war die Plattenrüstung eine Lebensversicherung. Man konnte sehr aggressiv gegen den Mann gehen und sich auch mal einen Hieb überziehen lassen, um dann den Gegner dafür aufzuspießen, oder ihm in die Eier zu treten. Schwertkampf war früher schnell und schmutzig. Nicht die minutenlangen Gefechte mit klingenden Schwertern, wie man das oft in Filmen sieht. Ziel war es, den Gegner zu treffen, nicht die Klingen kaputtzuhauen. Plattenrüstungen gab es übrigens schon in der Bronzezeit. Die Griechen hatten die sogenannten Linothorax, eine Rüstung aus schichtverleimtem Leinenstoff. Schützte gut und war leichter als eine Metallrüstung. Die Fränkischen Krieger hatten Schuppenpanzer, die auch nicht schlecht waren. Mit denen konnten sie zum ersten Mal gegen islamische Waffen bestehen. In China gab es eine Art pfeilsichere Weste aus Seide, oder eine Rüstung, auf der Ledertaschen aufgenäht waren. In die steckte man gefaltetes Papier aus Maulbeerbaumfasern. Schützte so gut wie eine Metallrüstung und war leichter. Die Inkakrieger kannten einen Schutzkoller aus gesteppter Baumwolle, (ähnlich wie der europäische Gambeson) der gut vor Pfeilen schützte. (Eine Bodkinspitze wäre durchgeschlagen.) Eine Rüstung die absolut keine Schwachpunkte hatte, gab es nie.

Die Rüstung bot/bietet durchaus einen ziemlich guten Schutz, wurde deshalb aber in aller Regel auch nur im Gefecht getragen (so wie die Polizei ja auch nicht standartmäßig in Anti-RIOT-Montur rumrennt).

Das das Problem (mit Gewicht und Beweglichkeit) tatsächlich bestand, zeigt sic ja aber auch daran, dass zumindest die Infanterie (die es sich leisten konnte) lieber einen Brigantine (eine Weiterentwicklung des Schuppenpanzers) über dem Kettenhemd trug als eine Vollplatte...

Die Rüstung war ja kein "Alltagsgegenstand". Da eine Rüstung (sowohl Plattenrüstung als auch Kettenhemd) extrem teuer waren, hatten nur Ritter eine. Der "normale" Soldat hatte nur ein dickes Stoffhemd (Gamberson) oder etwas Lederrüstung, wenn du dir welche kaufen konntest. 99% der Leute hatten also keine Rüstung.

In den Plattenpanzern waren die Ritter noch relativ mobil - es gibt genug Videos wie sich Leute in einer Rüstung bewegen.

Eisenklinge  21.01.2023, 00:00

so teuer nun auch wieder nicht, konnten sich durchaus auch Normalverdiener leisten. Das Kettenhemd blieb teuer, die Plattenrüstung nicht.

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