Wann wurde Hamburg gegründet?

4 Antworten

Von Experte OlliBjoern bestätigt

Besiedelt war das Elbtal in und um Hamburg schonzum Ende der Altteinzeit ab etwa 17.000 v.u.Z.. Dafür gibt es archäologische Belege.

In den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung gab es auch schon eine intensive Siedlungstätigkeit, da das Gebiet von Hamburg strategisch günstig an antiken Handelswegen lag. Vor allem sind Sachsen ab dem 4. Jahrhundert nachzuweisen.

Diese Besiedlung hat dann wohl im 8. Jahrhundert einen sächsischen Adligen dazu veranlasst, einen befestigten Sitz zu bauen, die bekannte Hammaburg.

Viele sehen als Gründung Hamburgs das Erscheinen von Bischof Ansgar um 831 herum an, der von Hamburg aus Missionierungen betrieb, die erste Kirche bauen ließ und in dessen Folge Hamburg vom Papst zum Erzbistum befördert wurde, auch wenn zwischendurch die Hamaburg und die Kirche 845 durch Wikinger völlig zerstört wurden. Die wurden aber um 900 herum wieder aufgebaut.

Ab etwa 1011 begann dann definitiv der Ausbau von Siedlung und Burg zu einer befestigten Stadt, die vor allem vom Handel lebte.

Die Frage ist ja, was du als Anfang betrachten möchtest.

"Aus dem 1. bis 5. Jahrhundert ist eine intensive Siedlungstätigkeit für Hamburg-Farmsen-Berne nachgewiesen, wo Spuren zahlreicher Häuser und Eisenverhüttungsplätze ausgegraben wurden."

Das liegt nicht im heutigen Zentrum, sondern etwas außerhalb.

"Im 8. Jahrhundert entstand die namensgebende Hammaburg als sächsischer Adelssitz."

Und das ist namensgebend gewesen (und heute ist da der Domplatz).

Geschichtlich gesichert ist, dass die Hammaburg um 845 von den Wikingern überfallen wurde. Das war der erste große Raubzug und der Beginn der großen Wikingerüberfälle.

Damit muss die Gründung der Burg vor 845 gewesen sein. Ein genaues Datum ist meines Wissens nicht bekannt (für 834 wird aber schon erwähnt, dass ein Missionar hierher entsandt wurde, daher auch davor)

Die Hammaburg war schon Ausgangspunkt der Missionierung in Skandinavien. Das kann auch ein Grund für den Überfall gewesen sein. Wenn sie aber zu diesem Zeitpunkt eine so wichtige Rolle in der Christianisierung spielte ist sie wohl nicht gerade erst gebaut worden. Damit wird eine Gründung im 8Jh oder sogar davor wahrscheinlich.

Eisenwind  28.04.2023, 22:14
  1. Der "erste" Wikingerüberfall war nicht 845, sondern 793.
  2. Der "erste" Wikingerüberfall war auch nicht auf Hamburg, sondern das Kloster Lindisfarne.
  3. Der Grund für den Überfall war nicht die Missionierung
  4. Hamburg spielte auch keine wichtige Rolle bei der Missionierung.

Immerhin stimmt deine Zeiteinschätzung.

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Stefan997  01.05.2023, 20:43
@Eisenwind

1/2) Vielen dank für die Korrektur. Die Hammaburg war der erste große Überfall auf Festlandslandeuropa (wenn man einzelne im Ostseeraum nicht mitzählt). Vor 845 gab es nur Überfälle auf den britischen Inseln von Shetland aus. Lindesfarn war auch nicht der erste Überfall (es gibt Überfälle aus Skandinavien bereits im 6 Jh). Da Lindesfarn aber im noch "sicher" geltenden Bereich Englands erfolgte, breite sich ab da erst richtig die Furcht vor den "Nordmännern" in England aus (auf dem Festland nach Hammaburg). Daher wird Lindesfarn gerne als der Beginn der Wikingerzüge bezeichnet, auch wenn es schon vorher Raubzüge gab und Festlandseuropa noch ein paar Jahrzehnte länger "sicher" war)

3/4) Die prägende Gestalt der frühen Missionierung war "Ansgar von Hamburg" (Erzbischof und des päpstlicher Legat für ganz Skandinavien seid 832). Er gründete die ersten Missionierungsstationen in Schweden (bereits 830).

831 wurde Ansgar zurückgerufen und auf Initiative des Kaisers zum ersten Bischof von Hamburg ernannt, wo der Bischofssitz für weitere Missionsunternehmen im Norden neu errichtet wurde. In der Hammaburg, der Keimzelle Hamburgs, ließ er eine Marienkirche errichten, die Vorläuferin des 1805 abgerissenen Mariendoms.

Seine Missionierungsstationen in Skandinavien wurden fast zeitgleich zerstört mit dem Angriff auf die Hammaburg. Der Bischofssitz wurde von Ansgar als Basis zur Missionierung des Nordens genutzt (wozu er per Vision und päpstliches Legat berufen wurde). Ansgar entkam nur knapp den wütenden Nordleuten (Ansgar von Hamburg - Ökumenisches Heiligenlexikon)

Die frühen Überfälle sind immer in Zusammenhang mit den Missionierungstätigkeiten zu sehen. Auch Lindesfarn war ein Kloster. Das erklärt auch das Verhalten gegenüber den Priestern. Zu Lindesfarn:

Sie töteten einige der Brüder, schleppten einige in Fesseln mit sich, viele vertrieben sie, nackt und mit Beschimpfungen überhäuft, manche ertränkten sie im Meer.

Wahrscheinlich war es bei den Wikingern unterschiedlich, was sie primär antrieb: Gier nach Raubgut oder der Kampf gegen die aus ihrer Sicht heidnischen Christen, die ihre Götter in Asgard nicht nur verhöhnten, sondern sogar ihre pure Existenz leugneten. Priester, die die Gedanken von Brüdern und Schwestern zu vergiften begannen als Hassobjekte. Oder reiche Kirchen und Handelsstädte die mit ihrem Gold lockten.

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Stefan997  02.05.2023, 08:45
@Stefan997

Kleine Anmerkung: Es gab auch zuvor einige kleinere Raubzüge auf Festlandeuropa (Frankenland/Rheinmündung), doch die Zerstörung der Hammaburg war:

kein simpler Raubzug, sondern Teil eines großangelegten Kriegsplans

Eine riesige Flotte griff hier an:

Nach Hamburg aber, so Erzbischof Rimbert in der Lebensgeschichte seines Vorgängers Ansgar, fahren sogar 600 Schiffe. Die Streitmacht von rund 12 000 Kriegern benötigt wohl nur ein paar Minuten, durch die Wälle zu brechen.

12 000 Wikinger erobern Hamburg - Hamburger Abendblatt

Eisenwind hat jedoch recht. Simple Überfälle gab es schon zuvor, Lindisfarne war der berühmteste davon.

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Eisenwind  02.05.2023, 12:51
@Eisenwind Moin zusamm!

Spannende Antworten, danke dafür. Mein Kommentar war ja überaus knapp und wortkarg. Dies liegt vor allem darin begründet, dass allzuviele Unsinnigkeiten über das Mittelalter gesponnen wird und es daher vielleicht zu kleinen Genervtheiten meinerseits kommt. Ich freue mich aber sehr, dass Du dir tatsächlich ernsthaft Gedanken gemacht hast und auch so überlegt antwortest. Sorry, dass es den Falschen traf.

Der "erste" von vielen

In meinen ersten beiden Punkten hatte ich ja bewusst Gänsefüßchen genutzt um zu verdeutlichen, dass es ja auch bereits vor 793 Überfälle der Wikinger, oder sagen wir hier lieber erlebnisorientierte Nordeuropäer, gegeben hatte. Neu waren diese Überfälle tatsächlich nicht mehr und dennoch markiert dieser eine Überall eben den Beginn der Wikingerzeit. Wie stets bei der Einordnung historischer Epochen, können die Definitionsgrenzen der Realität nur unzureichend beschreiben und dienen lediglich der Orientierung. Letztlich zeigen eure differenzierten Kommentare ja, dass ihr das ähnlich seht.

Ansgar von Bremen

Ja, der Ansgar war natürlich eine bedeutene Person der Missionierung im Norden und wirkte tatsächlich auch von Hamburg - mehr aber noch von Bremen aus. Ich kenne ihn auch als Ansgar von Bremen (nicht von Hamburg) Aber dies sind wirklich Spitzfindigkeiten, ich halte die Bedeutung von Bremen in dieser Zeit für größer. Aber dennoch war mein Punkt 4 da tatsächlich nicht ganz korrekt, zumindest unvollständig. Du hast gute Links beigetragen.

Überfälle als Reaktion auf Missionierung

Hier bleibe ich bei meiner Aussage und halte deine Einschätzung, die Überfälle wären eine Reaktion auf die Missionierung, für falsch. Nach welchen Kriterien die Wikinger die Ziele ihrer Überfälle ausgesucht haben, haben sie uns nicht hinterlassen und so können wir letztlich nur spekulieren - auch wenn diese Spekulationen vermutlich dicht an der Wahrheit sein dürften.

  • Gute Erreichbarkeit der Zielorte von See oder über die Flüsse mittels der Langboote mit schneller Rückzugmöglichkeit.
  • Die Zielorte sollten nicht zu weit von der eigentlichen Route entfernt liegen - idealer Weise sind sie kurze Zwischenaufenthalte
  • Möglichst geringer Widerstand, bewaffnete Kräfte, welcher durch den Überraschungsmoment und massiven Vorstößen überwunden werden kann.
  • Keine oder leicht zu überwindene Befestigungen.
  • Aussicht auf Beute - konkret: Das Verhältnis zwischen dem Risiko und vermuteten Gewinn muss günstig sein.

Alle diese fünf Punkte treffen u.a. auf Lindisfarne zu. Das Kloster war leicht zugänglich, war unbewaffnet und bot Aussicht auf Beute. Die christliche Bedeutung dürfte den Wikingern egal gewesen sein - nicht aber den Überfallenden. Für diese muss es ein unüberwindlicher Schock gewesen sein, dass Menschen die heiligsten Orte derart brutal überfallen. Daher auch die herausragende Bedeutung dieses Überfalls für die Epocheneinordnung. Du hast ja selbst einen Bericht zitiert, der aus der Sicht der Opfer stammt.

oder der Kampf gegen die aus ihrer Sicht heidnischen Christen, die ihre Götter in Asgard nicht nur verhöhnten, sondern sogar ihre pure Existenz leugneten. Priester, die die Gedanken von Brüdern und Schwestern zu vergiften begannen als Hassobjekte.

Ich halte es für denkbar, dass diese Reaktion auf einzelne Missionare zutreffen könnte, welche sich bei den Wikingern selbst auf einer Mission befanden. Doch das ist ebenfalls nur Spekulation, wenn auch naheliegend. Niemand hört es gerne, wenn ein dahergelaufener Typ, der den gesellschaftlichen Normen und Werten so gar nicht entspricht und sogar freiwillig in Armut lebt, deren Religion verleugnet oder gar verachtet. Möglicherweise waren die getöteten Missionare aber auch sehr übergriffig, missachteten vielleicht Betretungsverbote oder verhielten sich respektlos. Dass die Wikinger besonders fanatische Gläubige waren, ist wohl kaum anzunehmen, zeichneten sie sich doch ansonsten durch eine große Anpassungsfähigkeit aus, wenn sie sich irgendwo niederließen.

Auch widerspricht die tatsächliche Praxis der Nordleute deiner Interpretation. Schließlich wurde bereits 9 Jahre nach dem Überfall auf Hamburg der Bau einer Kirche samt Geleut in Haithabu erlaubt.

Noch ein Wort zu den Zahlenangaben bei millitärischen Konflikten im Frühmittelalter

Die Streitmacht von rund 12 000 Kriegern benötigt wohl nur ein paar Minuten, durch die Wälle zu brechen.

Diese halte ich für maßlos übertrieben und würde hier eher mit 10 oder maximal 20% rechnen. Dies gilt nahezu für alle Schlachten im Frühmittelalter.

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Stefan997  02.05.2023, 13:55
@Eisenwind

@Eisenwind, so weit liegen wir gar nicht auseinander :) Und ich muss Dir einfach antworten um den Ausdruck "erlebnisorientierte Nordeuropäer" so was von zu liken :D

Ein kleiner Kommentar zu Ansgar: Er wurde vom Papst das Legat zur Missionierung Skandinaviens ausgestattet, zuvor aber auch von Kaiser auf ähnliche Weise beauftragt. 831 wurde er zum 1. Bischof von Hamburg ernannt und mit dem Ausbau des Bischofsitzes namentlich zur Missionierung der Nordleute ernannt. Erst mit dem Überfall 845 floh er und wirkte von Bremen aus. Später versuchte er zurückzukehren, aber nach einem erneuten Angriff der Nordleute auf Hamburg blieb es dann doch bei Hamburg, Daher wird er auch Ansgar von Hamburg und Bremen genannt (und ja, ich bin Hamburger und daher vielleicht etwas "parteiisch").

Die Einschätzung der Bewegründe ist, wie Du schon sagst, spekulativ. Raubgut und einfache Beute mit schneller Rückzugsmöglichkeit war sicher immer ein Faktor. Für die frühen(!) größeren Angriffe unterscheiden wir uns ein wenig in der Interpretation der Bedeutung der Missionierung, aber prinzipiell sind wir hier gar nicht wirklich unterschiedlicher Meinung.

Die Angaben zur Angriffsstärke ist aus der Zeit gefallen und auch ich halte sie für weit übertrieben, zumal die Wikinger sich wohl nicht für die Hamburger Chronisten durchgezählt haben ;) Andererseits glaube ich schon, dass der Überfall ein ganz anderes Kaliber war als auf Dörfer oder Klöster - schließlich galt es auch eine befestigte Burg zu stürmen.

Das z.B. in Haitabu eine Kirche gebaut wurde stützt jedoch meine Argumentation eher als dass es sie entkräftet. "König" Harald Klark von Dänemark hat sich (wohl eher aus außenpolitischen/taktischen Gründen) 823 taufen lassen und unterstützte die Bemühungen Ansgars aktiv. Welche Teile Dänemarks/Jütlands beherrschte wechselten, aber auch Haitabu gehörte zeitweise dazu. Harald wurde vom Frankenreich wegen der Missionierungen, vor allem aber wohl wegen seines Kampfes gegen die "Schweden"/Wikinger unterstützt. Gerade weil das Christentum langsam in Skandinavien erste kleine Erfolge erzielte kam es zu einer Gegenreaktion. Wenn die Franken nur auf ihrem Gebiet einen fremden Gott verehrten wäre das den "erlebnisorientierte Nordeuropäer" wohl herzlich egal gewesen.

Auch ich hatte mich zuerst kurz gehalten, da ich den Überfall nur zur Datierungshilfe angeben wollte für die Gründung von Stadt und Burg. @AslansLove, sorry wenn wir etwas abgedriftet sind. Hoffe der Exkurs war trotzdem interessant für Dich ;)

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Eisenwind  02.05.2023, 15:04
@Stefan997

Mir hat es Spaß gemacht und ich freue mich auf die nächste Frage aus dem nordischen Frühmittelalter ;) Hab n schönen Tag.

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Ich würde sagen 4. Jahrhundert vor Christus. Weil da die erste feste Besiedelung stattfand.