Tragen moderne Kampfpiloten aufgrund der hohen G Kräfte Schäden zu sich?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ja, auf lange Sicht schon. Entscheidend sind die Art der Beschleunigung, die Einwirkdauer, die Größe und die Zunahme einer Beschleunigung.

"Es gibt "stoßartige G's", die abrupt auftreten und verschwinden (wie bei Vibrationen, Stoßeinwirkungen, Schleudersitzausschüssen etc.), wobei Frakturen an Wirbelkörpern oder Einrisse/Abrisse an Wirbelkörperkanten entstehen können. 

Sie stellen also eher ein mechanisches und weniger ein physiologisches Problem dar, da hierbei die Reißfestigkeit der verschiedenen Körperorgangewebe oder die Sollbruchgrenze der Knochen überschritten werden kann. 

Und es gibt G-Kräfte mit längerer Einwirkzeit; sie können aufgrund physiologischer Veränderungen zu funktionellen und/oder organischen Veränderungen im menschlichen Organismus führen. 

Ab + 3 Gz kommt es zu einer Einschränkung der Beweglichkeit der Arme und Beine, es besteht das Gefühl, die Wangen würden nach unten gezogen.

Bei noch höheren + Gz Belastungen kann es auch zu einer Beeinträchtigung der Atembewegung kommen, da die Rippen- und Zwerchfellatmung durch die fliehkraftbedingte Verschiebung von Lungenabschnitten eingeschränkt wird. Es kommt zu einem Zwerchfell- tiefstand mit Verschiebung der Atemruhelage und Abnahme der Lungen-Compliance. Außerdem vermag die Intercostalmuskulatur den „schwerer" gewordenen Thorax nicht mehr zu heben. 

Die Toleranz des Menschen gegenüber negativen Gz-Einwirkungen ist gering, wesentlich geringer als gegenüber positiven G-Einwirkungen. Sie liegt maximal bei -3 G und dies für maximal 5 s, weil die Reißfestigkeit der Hirngefäße geringer ist als die des übrigen Körpers. Deshalb kommt es u.a. (auch bei langjähriger Hypertonie) eher zur Ruptur einer Hirnarterie (Apoplex), als zur Ruptur einer anderen Körperarterie, sofern kein Aneurysma vorliegt.

Das Risiko einer solchen Ruptur ist durch die Blutüberfüllung im Kopf/Hirn-Bereich erhöht."

(Quelle: Kompendium der Flugmedizin, Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe)

Dazu kommen Unterdruck, Stress, Beeinträchtigung der Sehleistung, Angst, Gehirnschäden etc. Das alles zusammen bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den menschlichen Körper.

Aber ein Eurofighterpilot des österreichischen Bundesheeres sagte mal in einem Interview, dass er das Risiko gesundheitlicher Beeinträchtigungen nach der Dienstzeit in Kauf nehmen würde, nur um den Eurofighter fliegen zu dürfen.

Für den durchschnittlichen GF-User, gestählt in unzähligen Flügen am PC-Simulator von seiner Couch aus, ist der Job also eher ungeeignet.

Dehndd 
Fragesteller
 23.12.2019, 09:56

Gut, dass du das mit dem öster. Kampfpilot angesprochen hast.. befinde mich aktuell in der Lage zu entscheiden ob mit das fliegen oder meine eigene Gesundheit wichtiger ist... kein leichter Job. Komisch dass man zu diesem Thema kaum etwas im Internet finden kann.

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ramay1418  23.12.2019, 11:15
@Dehndd

Naja, ich habe mal nach "auswirkungen kampfjetpilot gesundheit" gesucht und bekam 800 Ergebnisse. Die muss man dann natürlich alle mal durchsehen. Hier schon etwas älter, aber die Fakten bleiben ja gleich:

"Mit 41 Jahren wird er, wie fast alle Piloten, wegen der körperlichen Belastung in Rente gehen - mit einem schlauchartigen Herz, verzogenen Organen, vielleicht mit einem Bandscheibenvorfall."

(Quelle: Süddeutsche Zeitung, 07.07.2015)

Und dann eine kurze Info des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation unter

https://www.ds.mpg.de/131983/18

Und die WELT gibt es ja auch noch:

https://www.welt.de/wissenschaft/article119434699/Was-Kampfpiloten-alles-aushalten-muessen.html

Viel Spaß bei der Lektüre!

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Dehndd 
Fragesteller
 23.12.2019, 18:17
@ramay1418

Das bzw. ähnliches hatte ich auch schon gelesen. Leider wird in den Artikeln nichts wirklich standhaftes oder Studien angesprochen... klar ist, gesund ist es nicht, aber wie ungesund genau...? Danke für deine Mühen!

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ramay1418  23.12.2019, 19:34
@Dehndd

Was ist an den Darstellungen der Luft- und Raumfahrtmediziner nicht zu verstehen?

  • Beeinträchtigung der Atembewegung 
  • Reißfestigkeit der verschiedenen Körperorgangewebe oder die Sollbruchgrenze der Knochen überschritten 
  • Ruptur ist durch die Blutüberfüllung im Kopf/Hirn-Bereich erhöht.
  • Ruptur einer anderen Körperarterie,

Dazu braucht es keine Studie, die ich wahrscheinlich wegen der Fachtermini sowieso nicht verstehen würde.

Du kannst aber auch einen Blick in die EASA-FCL bzw. die flugmedizinische Vorschrift für Berufspiloten schauen (Acceptable Means of Compliance and Guidance Material to Part-MED) , um überhaupt mal einen Einblick in die Pilotenauswahl für Berufspiloten zu bekommen. Und beim Militär ist die Auswahl noch strenger.

Und es steht Dir ja frei, Dich zu bewerben und dann die Fachleute nach den Risiken zu befragen. Da aber nur rund 1,2 % aller Bewerber bei der Bw zum Kampfpiloten taugen (eine Berufsinfo der Bw von 2014) und die Zahl der fliegenden Verbände weiter reduziert wird, kann die Auswahl noch strenger sein.

Außerdem waren es nur ein paar Beispiele, die ich in Minutenschnelle herausgefunden habe. Ich würde mich niemals auf die hier gemachten Antworten verlassen. Das versteht sich für mich von selbst. Aber ich bin ja auch noch in der Vor-Internet-Zeit aufgewachsen, wo man seine Infos nur über Fachzeitschriften, Bücher und Prospekte bekam und zur nächsten Telefonzelle laufen musste.

Ein Gang in eine Bücherei hat aber noch nie geschadet. Dort recherchieren und sich Material über die Fernleihe bestellen, ist jetzt auch kein wirkliches Hindernis. Von einem Soldaten und Möchtegern-Himmelsstürmer sollte man Eigeninitiative erwarten können.

Viel Erfolg!

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Das geht vor allem auf den Rücken. Deswegen wird beim Auswahlverfahren besonders darauf geachtet, dass man da keine Vorerkrankungen hat. Verzogene Organe o.ä. bekommt man dadurch nicht.

Kann es also passieren dass ein Kampfpilot im Laufe seiner Karriere ..//.. sonstige gesundheitliche Probleme bekommt?

Logisch, denn der Körper ist nicht für diese Art Belastung konstruiert. Die meisten Schäden erleiden Gelenke, Wirbelsäule und Augen (Einblutungen durch geplatzte Blutgefäße, Netzhautablösungen). Abgerissene oder verschobene Organe gibt es nur bei plötzlichen hohen G-Belastungen, die bei einem Flugunfall auftreten, weil die Organe Richtung Becken beschleunigt werden, dort relativen Platz haben zum Durchsacken und dann abreißen. Aber wenn das passiert, hat der Pilot eh einen schweren Crash, der nicht überlebt werden kann.

gesund ist das sicher nicht, aber die trainieren auch hart.

Ich fliege selber, habe aber mit Mitte 50 schon bei 3g heftige Probleme. Seither bewundere ich solche Piloten zutiefst. Da kommen nur wenige mit und das Ausleseverfahren ist ultra hart.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Studium technische Physik, promoviert in Festkörperphysik

Ich denke das ganze geht am ehesten auf die Bandscheiben.