Tod Bedeutung?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

In der nordischen Mythologie sind dazu nur begrenzt Aussagen enthalten. Vorstellungen nördlicher Germanen (Skandinavien) in vorchristlicher Zeit über den Tod gehören auch zu Religion und Volksbräuchen und neben schriftlichen Texten gibt es archäologische Funde.

Die Vorstellungen sind wahrscheinlich nicht bei allen einzelnen Menschen und zu allen Zeiten und bei allen Völkern in jeder Hinsicht gleich gewesen.

Der Tod führte zu Erbschaft und Nachfolge in einer Herrschaft/einem Amt.

Auffassung vom Tod und Vorstellung eines Weiterlebens nach dem Tod

Der Tod gilt nicht als völliges Ende, sondern es wird eine Existenzweise in einer anderen Welt/einem Jenseits angenommen.

Bei einzelnen Personen wird an eine Wiedergeburt gedacht. So heißt es von der Walküre Sigrun, sie sei die wiedergeborene Swawa, und von Helgi Hundingsbani und Sigrun, sie würden später als Helgi Haddingjaskati und die Walküre Kara wiedergeboren werden (Lieder-Edda, Helgakviða Hundingsbana II [Das Zweite Lied von Helgi dem Hundingstöter], Anfang und Ende).

Jenseitsorte und Totenreiche

Nach der Vorstellung der germanischen Religion und Mythologie der Wikingerzeit kommen nach Walhall nur im Kampf Gefallene bis auf sehr wenige Ausnahmen, bei denen es sich um außerordentliche Helden handelt. Die nach Walhall gekommenen Krieger werden als Einherier/Einherjer (einheriar/einheriar) bezeichnet.

Hel (das Reich der Hel) ist ein Ort, zu dem ein nicht im Kampf gefallener Wikinger kommten kann.  Niflheim/Niflheimr (»dunkle Welt«) ist ein eisiges Gebiet. Eine Gleichsetzung von Niflheim/Niflheimr und Hel (Reich der Hel) gibt es bei Snorri Sturlusson, Gylfaginning Kapitel 34 (Odin/Óðinn wirft Hel nach Niflheim/Niflheimr hinab und gibt ihr Gewalt über neun Welten) und Kapitel 42 (Thor/Þórr tötet den den Riesenbaumeister, der die Mauern von Asgard/Ásgarðr errichtet hat, mit einem Schlag seines Hammers Mjöllnir/Mjǫllnir, was als Schicken nach Niflheim/Niflheimr ausgedrückt wird).

Konkretisierende Gedanken des germanischen Jenseitsglaubens waren:

  • unterirdisches Todesreich
  • Aufenthalt im Himmel oder am Wohnort der Götter
  • Weiterleben im Grabhügel oder in einem bestimmten Familienberg
  • Wiedergeburt in einer Person späterer Generationen

Totenreiche sind in germanischer Religion und Mythologie:

  • Grabhügel als Haus der Toten
  • Reich der Hel (einige sprachlichen Zusammenhänge lassen auf eine Bedeutung »Totenstätte, Totenhalle« schließen; eine verborgene Unterwelt, feucht und dunkel): Nach Snorri Sturlusson, Gylfaginning Kapitel 34, kommen nur an Altersschwäche oder Krankheit Gestorbene nach Hel.
  • Reich der Ran (unterseeisches Reich der Meeresgöttin Rán): Dort enden die Ertrunkenen.
  • Walhall

Die Hel (das Reich der Hel) war in der germanischen Religion und Mythologie kein Strafort für die Seelen von Sündern/Übeltätern, auch wenn das Wort Hölle sprachlich verwandt ist. Der Gott Balder/Baldr, der eine Lichtgestalt ist, kommt nach seinem Tod in die Hel (Prosa-Edda).

Die Göttin Freya wohnt in Fólkvangr (»Gefilder der Kriegerscharen«), erhält nach einer mythologischen Version (nach einer häufigeren anderen bekommt Odin alle Gefallenenen) die Hälfte der Gefallenen (valr) und weist ihnen Sitze in ihrer Halle zu (Grímnismál, Strophe 14). Die Egils saga Skalla-Grímsonar, Kapitel 78, deutet einen Glauben an, Freya nehme auch Frauen zu sich.

Vǫluspá/Völuspa (Strophe 39; 64) schildert zwei auf das Schicksal der Menschen im Jenseits bezogene mythische Stätten:

a) Auf der Nástrǫnd (»Ufer der Toten«) steht eine Halle (salr), deren Türen nach Norden gerichtet sind. Giftige Eitertropfen fallen durch die Lichtöffnungen und die Halle ist mit Schlangenrücken geflochten. Meineidige, Mörder und Ehebrüchige waten dort durch schwere Ströme, der Drache Nidhöggr (Níðhǫggr) saugt die Körper der Verstorbenen aus, der Wolf zerreißt sie (auf die Schilderung haben anscheinend Höllenvorstellungen abgefärbt).

b) In Gímle steht eine helle und goldene Halle (salr), wo treue Menschen wohnen und allzeit Freude genießen werden.

Nidavellir (Niðavellir; »dunkle Gefilde«) ist ein Ort im Norden, wo der goldene Saal der Zwerge (das Sindris) steht.

Ein Jenseitsort Víngolf (Gylfanning Kapitel 3, 14 und 20) wird bald mit Gímle, bald mit Walhall gleichgesetzt.

Valhǫll/Walhall („Halle der Gefallenen“) heißt der Raum in Ásgarðr/Asgard, wo Óðinn/Odin auserlesene Krieger um sich schart. Óðinn/Odin selbst oder die von ihm beauftragten Walküren (valkyrjar/valkyriar) wählen sie aus, im Kampf gefallene Helden und als Ausnahme einige wenige andere Helden (wie Vanlandi, Sagenkönig Schwedens, von einer Zauberin in Gestalt einer Mahr [mara; weiblicher nächtlicher Druckgeist, quälendes Nachtgespenst] im Schlaf getötet; Sinfjǫtli/Sinfjötli, von seiner Stiefmutter Borghild durch einen Trank vergiftet; Halfdan der Freigebige, an einer Krankheit gestorbener Sagenkönig Norwegens; Ragnarr Loðbrók/Ragnar Lodbrok [Lodenhose], von Ælla, König von Northumbria in eine Schlangengrube geworfen, hat die Hoffnung/Erwartung, in Valhǫll/Walhall aufgenommen zu werden und freut sich auf das Herannahen der Walküren).

lebende Tote/Untote

Es gibt eine Vorstellung, wenn jemand nicht ordentlich bestattet wird oder niemand sich angemessen um ihn und sein Verbleiben im Grab kümmert, könnte er auf für Menschen der Umgebung bedrohliche Weise als Draugr (Plural: Draugar) im Grabhügel weiterleben oder sogar im Umkreis nachts spuken, Schrecken verbreiten, sich mit Verwüstungen austoben und töten. Eine endgültige Erledigung zum Schutz der Gemeinschaft erfordert, den Kopf vom Rumpf abzuschlagen, in ans Gesäß zu legen und den ganzen Körper mit Feuer zu verbrennen.

Streben nach einem ruhmreichen, heldenhaften Tod

Die Möglichkeit des Todes ist in der nordischen Mythologie in einem hohen Ausmaß gegenwärtig. Sogar die Götter und Göttinnen werden als sterblich gedacht.

Kämpferische Leute (vor allem Krieger) bei den Germanen wollten gerne einen ruhmreichen, ehrenvollen, heldenhaften Tod, keinen »Strohtod« (im Bett auf einem Strohlager liegend) durch Altersschwäche oder Krankheit. Bei diesem Ideal besteht keine Angst vor dem Tod an sich, sondern vor einem unrühmlichen Tod.

Über die Kimbern (vermutlich aus Jütland stammend) schreibt dies Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia 2, 6, 11:

Avara et feneratoria Gallorum philosophia, alacris et fortis Cimbrorum et Celtiberorum, qui in acie gaudio exultabant tamquam gloriose et feliciter vita excessuri, lamentabantur in morbo quasi turpiter et miserabiliter perituri. Celtiberi etiam nefas esse ducebant proelio superesse, cum is occidisset, pro cuius salute spiritum devoverant. laudanda utrorumque [populorum] animi praesentia, quod et patriae incolumitatem fortiter [tueri] et fidem amicitiae constanter praestandam arbitrabantur.

„Die Philosophie der Gallier ist habgierig und wucherisch, munter und tapfer die der Kimbern und Keltiberer, die in der Schlacht vor Freude frohlocken, wie wenn sie ruhmreich und glücklich aus dem Leben scheiden werden, bei Krankheit wehklagen, wie wenn sie schändlich und jämmerlich zugrundegehen werden. Die Keltiberer meinen sogar, es sei Unrecht/Frevel, den Kampf zu überleben, wenn der getötet worden wäre, für dessen Rettung sie ihren Lebenshauch als Opfer gelobt hätten. Die Entschlossenheit des Mutes beider Völker ist lobenswert, weil sie meinen, die Unversehrtheit des Vaterlandes/der Heimat tapfer zu schützen und die Treue der Freundschaft müsse standhaft geleistet werden.“

ein extremer Fall: Starkad (Starkaðr/Stǫrkuðr [„der mit Stärke Begabte“/„der starke Kämpfer“]; lateinisch: Starcatherus) ein mythischer/sagenhafter Held der Wikingerzeit, will, als er uralt, schwach und blind ist, gerne von einem freien Mann erschlagen werden und reizt deshalb jemand dazu und bietet sogar Geld dafür (Saxo Grammaticus, Gesta Danorum 8, 8, 1 – 12).

lateinischer Text:

http://wayback-01.kb.dk/wayback/20100504153432/http://www2.kb.dk/elib/lit/dan/saxo/lat/or.dsr/8/8/index.htm

eine ältere deutsche Übersetzung;

Paul Herrmann, Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Erster Teil: Übersetzung. Leipzig : Engelmann, 1901, S. 359 – 367

https://archive.org/details/erluterungenzud01herrgoog/page/358/mode/2up

Bestattung

Es hat sowohl Feuerbestattung mit Einäscherung als auch Erdbestattung des Körpers gegeben.

Manchmal ist eine Bestattung in einem Schiff oder Boot (Schiffsgrab; z. B. das Oseberg-Schiff) vorgekommen, in diesem Fall oft innerhalb eines Grabhügels. Etwas Besonderes ist es wohl, wenn Scyld, Ahnherr einer mythischen dänischen Königsfamilie, mit einem Schiff voll Beigaben aufs Meer hinausgeschickt wird (Beowulf 26–52) oder der Gott Bader/Baldr am Strand auf einem Schiff aufgebahrt und ein Holzstoß, zu dem auch seine vor Jammer gestorbene Ehefrau Nanna und sein Pferd kommen, angezündet wird (Snorri Sturlusson, Gylfaginning Kapitel 49).

Grabbeigaben deuten auf eine Vorstellung, Gegenstände für ein Leben in einer anderen Welt zu benötigen, um dort gut zu leben und die bisherige gesellschaftliche Stellung zu behaupten. So wurden den Toten Schmuck, Geräte, Werkzeuge, Waffen und berufsbezogene Gegenstände mitgegeben. Manchmal sind auch Diener(innen) bzw. Tiere geopfert worden, um weiterhin zu Diensten zu sein.

Ahnenkult

Grabmäler boten die Möglichkeit, in einem Ahnenkult tote Vorfahren mit kultischen Opfern zu ehren, die gesellschaftliche Stellung der Nachkommen zu kräftigen und Verbindungen innerhalb einer Gesellschaft herzustellen und zu pflegen.

einige Literatur:

Anders Hultgård, Mythische Stätten, Tod und Jenseits. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Von Johannes Hoops. 2., völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Herausgegeben von Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer. Band 20: Metuonis – naturwissenschaftliche Methoden in der Archäologie. Berlin ; New York : de Gruyter, 2002, S. 472 – 477

Arnulf Krause, Götter und Mythen der Germanen. Wiesbaden : Marixverlag, 2015 (Marixwissen), S. 149 - 166

Rudolf Simek, Religion und Mythologie der Germanen. 2., bibliographisch aktualisierte und überarbeitete Auflage. Darmstadt : Theiss, 2014, S. 190 – 212

Rudolf Simek, Totenglaube und Totenbrauch. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Von Johannes Hoops. . 2., völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Herausgegeben von Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer. Band 31: Tiszalök - Vadomarius Berlin ; New York : de Gruyter, 2006, S. 81 – 83

Rudolf Simek, Totenreiche. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Von Johannes Hoops. völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Herausgegeben von Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer. Band 31: Tiszalök - Vadomarius. 2 Berlin ; New York : de Gruyter, 2006, S. 88 – 92

 

Der Tod bedeutet, dass jemand Tod ist. Das war sogar im frühmittelalterlichen Norden so. Ich vermute, du willst eigentlich was anderes wissen und hast dich unglücklich ausgedrückt. Ich weiß leider nur nicht, was du genau wissen möchtest.