Theodizeefrage nach Epikur?
Hallo,
wir haben im Ethikunterricht folgenden Text von Epikur erhalten.
„Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht, oder er kann es nicht und will es nicht, oder er kann es und will es. Wenn er nun will und nicht kann, so ist er schwach, was auf Gott nicht zutrifft. Wenn er kann und nicht will, dann ist er mißgünstig, was ebenfalls Gott fremd ist. Wenn er nicht will und nicht kann, dann ist er sowohl mißgünstig wie auch schwach und dann auch nicht Gott. Wenn er aber will und kann, was allein sich für Gott geziemt, woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht weg?"
Die Aufgabe dazu lautet: Bilde die vier Prämissen, die sich nach Epikur auf das Subjekt „Gott“ beziehen und schlussfolgere, welche Konsequenzen sich jeweils daraus ergeben.
Leider verstehe ich vorn und hinten nicht weiter. Vielleicht hat ja jemand einen Ansatz und kann mir helfen.
Danke im Voraus!
3 Antworten
Zur Theodizee-Frage allgemein: Sie resultiert auch aus der Annahme, dass Gott ein Vernunftwesen ist, da ja vieles im Weltall und auch auf der Erde nach den Prinzipien der Vernunft funktioniert, man denke an die Naturgesetze. Nun will man Gott nicht nur auf seine (angebliche) Eigenschaft der Güte, sondern auch noch auf seine Eigenschaft als Vernunftwesen „festnageln“, indem man dieses und jedes von ihm fordert; z.B. die Rettung von Unglücklichen (gemäß seiner Güte). Dieses „Festnageln“ bzw. Einfordern eines göttlichen Eingreifens ist eigentlich eine Blasphemie, da sich der so fordernde Mensch eine Position der Augenhöhe gegenüber Gott anmaßt. Dass Gott nicht nur nach der Prinzipien der Vernunft handelt, zeigt das Erdbeben von Lissabon, gegen das Voltaire im Namen der Vernunft protestierte. Und Gott ist nicht nur die Güte in Person, sondern er kennt auch den Zorn, dessen Motive uns (meistens) nicht bekannt sind. Deshalb sollte wir an die Theodizee (= Rechtfertigung Gottes) besser keine Gedanken verschwenden, zumal Gott es als Gott nicht nötig hat, sich gegenüber dem Menschen zu rechtfertigen.
Die 4 Prämissen sind:
- Menschliche Definitionen von Eigenschaften sind auf Gott anwendbar
- Gott ist ,,allmächtig"
- Gott ist ,,gütig" er möchte das Leid des Menschen nicht.
- Gott kann das ,,Übel" wegnehmen, auch wenn Er nicht die Ursache zu vertreten hat.
Weil die Prämisse 1 leider falsch ist, ist die ganze Logik nicht schlüssig.
- Er will die Übel entfernen, hat aber nicht die Fähigkeit dazu. Schlussfolgerung: Er ist nicht allmächtig, was nicht der menschlichen Definition Gottes entspricht
- Er will die Übel nicht entfernen, hat aber die Fähigkeit dazu. Schlussfolgerung: Er ist kein guter Gott, was aber nicht der menschlichen Definition entspricht.
- Er will die Übel nicht entfernen und hat auch nicht die Fähigkeit dazu. Schlussfolgerung: Er ist weder gut noch allmächtig
- Er will und kann die Übel entfernen. Schlussfolgerung: Wieso gibt es dann trotzdem noch Übel auf der Welt?
Theodizee beschäftigt sich genau damit: Wie kann es einen guten allmächtigen Gott auf der einen Seite, so viel Leid auf der anderen Seite geben.