Sollte man offen sein, dass man zum Psychologen geht?

5 Antworten

Meiner Erfahrung nach kann man offen damit umgehen, muss es aber auch nicht jedem auf die Nase binden da man doch Gefahr läuft plötzlich anders behandelt zu werden aufgrund von Stigmatisierung und geringer gesellschaftlicher Aufklärung.

Rum729 
Fragesteller
 20.05.2022, 10:43

Vielen Dank! Ja diese Stigmatisierung geht echt auf die Nerven. Ich versuche mal offener zu werden, zumindest mal bei Erwachsenen.

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Klar sollte man damit offen umgehen. Nicht nur, dass ein offener Umgang zumeist sinnvoll ist, da man dadurch explizit möglichen Angriffen deswegen zuvorkommt, sondern insbesondere da das in der Gesellschaft leider nicht so üblich ist, wie es sein sollte, und man durch seine Offenheit diesen gesellschaftlich vorgegebenen Einflüssen entgegenwirkt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Laie mit Interesse an Psychologie
Rum729 
Fragesteller
 20.05.2022, 10:44

Dankeschön! Sie sagen es, leider wird’s in der Gesellschaft kaum angesprochen. Ich versuche mal bei erwachsenen zumindest mal offener zu werden. Jugendliche stempeln einen immer ab

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LokiRockOfAges  20.05.2022, 11:03

Die Erfahrung kann ich leider gar nicht bestätigen. Ich bin jetzt 35 und seit ich 20 bin offiziell krank und Offenheit hat mir bisher nichts als Ärger und Benachteiligung gebracht. (und ich bin wirklich immer offen gewesen, weil ich das früher auch so sah wie du)

Wenn ich in Vorstellungsgesprächen sagte, dass ich wegen einer psychischen Erkrankung länger nicht arbeiten konnte, hieß es zB immer gleich "Oh ja, hm, das heißt, sie werden wohl wieder länger ausfallen?" in beinahe jedem Vorstellungsgespräch. Viele wollten mich wegen längerer Erkrankung auch gar nicht erst einstellen, weil die Leute sich nicht vorstellen können, dass man so etwas auch hinter sich lassen kann.

Damit will ich nicht sagen, man soll so etwas unter allem Umständen verheimlichen. Aber eine grundsätzliche Offenheit jedem gegenüber bringt einfach eher Nachteile als Vorteile. Man sollte vorsichtig sein, wem man das erzählt. Neuen Arbeitgebern oder Menschen, die man gerade erst kennenlernt würde ich das noch nicht erzählen. Gerade auch weil es oft heißt, ich will nicht mit einem psychisch Kranken befreundet sein, weil der mich total runterzieht usw. oder haltet euch fern von Borderlinern (ein Beispiel), weil die immer toxisch sind.

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Destranix  20.05.2022, 11:10
@LokiRockOfAges
Wenn ich in Vorstellungsgesprächen sagte, dass ich wegen einer psychischen Erkrankung länger nicht arbeiten konnte, hieß es zB immer gleich "Oh ja, hm, das heißt, sie werden wohl wieder länger ausfallen?" in beinahe jedem Vorstellungsgespräch.

Es kann natürlich durchaus klug sein, die Erkrankung manchmal nicht zu erwähnen, wenn man nicht danach gefragt wird.
Außer natürlich, diese hat tatsächlich Relevanz, sodass es z.B. zu häufigeren oder längeren Arbeitsausfällen kommt. Dann kann es durchaus fair sien, das zu erwähnen, wenn der potentielle Arbeitgeber sonst einen unfairen Nachteil hätte.

Viele wollten mich wegen längerer Erkrankung auch gar nicht erst einstellen, weil die Leute sich nicht vorstellen können, dass man so etwas auch hinter sich lassen kann.

Deren Vorurteile dürften sich aber auch nur ändern, wenn man offen mit seiner Erkrankung umgeht und ihnen vor Augen führt, dass man eine solche durchaus hinetr sich lassen kann.

Aber eine grundsätzliche Offenheit jedem gegenüber bringt einfach eher Nachteile als Vorteile.

Wie man es nimmt. Mit jemandem, der auf seiner Vorurteilen beharrt, selbst wenn ich ihm klar mache, dass diese fehlerhaft sind, möchte man evtl. auch eher wneig zu tun haben.

Wobei ich doch durchaus die Chance sehe, ziemlich überall, die Erkrankung zu erklären und die Effekte dieser darzulegen.

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LokiRockOfAges  20.05.2022, 18:44
@Destranix

Man kann denen aber nichts vor Augen führen, wenn man nichtmaal eine Chance bekommt und gleich abgestempelt wird. Ich will einfach nicht mehr offen sein, aufgrund Offenheit habe ich doch nur Ablehnung erfahren. Mittlerweile hat sogar mein Jobcoach vom Jobcenter aus der Maßnahme mit mir meinen Lebenslauf "aufgebessert", sodass ich keinem mehr sagen muss, dass ich in diesen Jahren krank war, ich habe mich da eben um einen pflegebedürftigen Verwandten gekümmert. Da fragt keiner weiter nach, weil geht ja keinen was an. Und das ist okay so. Ich will normal behandelt werden, da hilft es nicht, wenn ich jedem meine Vergangenheit mit psychischen Erkrankungen auf die Nase binde. Es nützt einfach nichts.

Keine Ahnung, ob du selbst betroffen bist. Aber so idealistisch, wie du das siehst, ist das nicht. Die Erfahrung habe ich nun Jahre um Jahre gesammelt.

Wenn der Arbeitgeber von vorneherein weiß, dass du mit sowas zu tun hattest, wird er dich immer anders betrachten, auf jeden Fehler lauern und den dann sofort auf die frühere Erkrankung schieben.

Ich finde es auch unangenehm, wenn jeder gleich über alles von mir bescheid weiß. Ich tausche mich in privatem Rahmen und im Internet gerne mit anderen aus, aber nicht auf der Arbeit, nicht mit Chefs, oder Kollegen, die man noch nicht so gut kennt.

Außerdem ist es irgendwo auch nicht meine Aufgabe, Leute von ihren Vorurteilen zu befreien, da ich der Meinung bin, ein halbwegs informierter und gut erzogener Mensch neigt gar nicht erst zu solchen schwerwiegenden Vorurteilen.

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Destranix  20.05.2022, 18:58
@LokiRockOfAges
Man kann denen aber nichts vor Augen führen, wenn man nichtmaal eine Chance bekommt und gleich abgestempelt wird.

Nun, auch da hat man eine Chance. Aber man kann es auch nicht allen recht machen, nur sein bestes versuchen.
Wenn man öfters mit den entsprechenden Personen zu tun hat, werden die schon noch irgendwann eine Überraschung erleben und sehen, dass alle anderen vorurteilsfreier sind als sie selbst.

Ich will einfach nicht mehr offen sein, aufgrund Offenheit habe ich doch nur Ablehnung erfahren.

Das ist deine Entscheidung.

Auch wenn ich es für einen unguten Motivator halte, dies aufgrund der Ablehnung anderer zu tun. Du bist, wer du bist und das sollen andere akzeptieren, du solltest dich nicht verstecken müssen.

Mittlerweile hat sogar mein Jobcoach vom Jobcenter aus der Maßnahme mit mir meinen Lebenslauf "aufgebessert", sodass ich keinem mehr sagen muss, dass ich in diesen Jahren krank war, ich habe mich da eben um einen pflegebedürftigen Verwandten gekümmert.

Nun, wenn er das für sinnvoll hielt. Ich meine, geht den Arbeitgeber ja durchaus auch nichts an ansich.

Ich will normal behandelt werden, da hilft es nicht, wenn ich jedem meine Vergangenheit mit psychischen Erkrankungen auf die Nase binde. Es nützt einfach nichts.

Wirklich "normal" gibt es nicht. Jeder Mensch ist verschieden, kaum einer sich ähnlich genug, um von "Normalität" sprechen zu können.

Keine Ahnung, ob du selbst betroffen bist. Aber so idealistisch, wie du das siehst, ist das nicht.

Doch, durchaus. Auch wenn man es kaum merkt. Bzw. wenn man es merkt, dann kommt man nicht darauf, dass das eine psychische Erkrankung sein könnte. Mich halten die Leute einfach nur für komisch.

Wobei ich durchaus öfters gefragt wurde, ob ich Autist sei. Bin ich nicht, aber ich habe ADHS.

Wenn der Arbeitgeber von vorneherein weiß, dass du mit sowas zu tun hattest, wird er dich immer anders betrachten, auf jeden Fehler lauern und den dann sofort auf die frühere Erkrankung schieben.

Kann er ja mal versuchen.
Ich bin noch nicht soweit, dass ich selbst arbeiten würde, aber ich habe mir auf jeden Fall vorgenommen, mich nicht zu verstellen. Und wenn man mich dann nicht will, ist man selbst schuld, gibt genug andere, die fähige Informatiker brauchen.

Zumal ich trotz meiner Erkrankung weit bessere Leistung erbringe als viele andere und das ist auch so erkennbar.

Ich finde es auch unangenehm, wenn jeder gleich über alles von mir bescheid weiß.

Verständlich. Ginge mir vermutlich ähnlich, denn wenn sie sofort alles wüssten, bleibt kaum Zeit für Erklärungen und das führt zu Missverständnissen.

Außerdem ist es irgendwo auch nicht meine Aufgabe, Leute von ihren Vorurteilen zu befreien, da ich der Meinung bin, ein halbwegs informierter und gut erzogener Mensch neigt gar nicht erst zu solchen schwerwiegenden Vorurteilen.

Hm, ja, das ist bei mir wohl mehr ein philosophisches/idealistisches DIng.

Ich versuche die Wlet ein Stückchen besser zu machen, auch, indem ich anderen Leuten Dinge vorschlage, die die Welt besser machen können. Meine Vorschläge sind aber oftmals so auch garnicht ohne weiteres umsetzbar von anderen, ich zeige aber vor allem, dass ich es für selbstverständlich hielte und mahce dadurch die Umsetzung wahrscheinlicher.

P.S.:

Ich bin im Übrigen heute mental nicht ganz da, darunter kann die Qualität meines Beitrags leiden.

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LokiRockOfAges  20.05.2022, 19:19
@Destranix

Okay, du hattest also noch nie in der Arbeitswelt zu tun. Ich will dir keine Angst machen. Aber in dem Punkt habe ich da wirklich deutlich mehr Lebenserfahrung und kann das alles hier von einem ernüchterten und reflektierten Standpunkt aus betrachten. Wenn du mit der Einstellung, so nobel und gut sie auch sein mag, ins Arbeitsleben gehst, wirst du daran nach einigen Jahren zerbrechen. Weil das reale leben nicht so idealistisch ist, wie du es dir hier gerade ausmalst.

Fang lieber mit einer gesunden Distanz an, annähern kann man sich den Leuten immer noch, aber wenn du gleich alles erzählst, dann kannst du nie wieder etwas zurücknehmen, wenn du verstehst was ich meine.

Ich glaube, dass es sinnvoller ist, erst später mit der Sprache rauszurücken (wenn überhaupt), weil die dann eher denken "Na sowas, das hat man ihm/ihr ja gar nicht angemerkt! Vielleicht sollte ich mal meine Meinung überdenken." Umgekehrt wird das nie funktionieren, da die Leute von vorneherein schon befangen sind im Umgang mit dir.

Ich wurde sogar schon offen diskriminiert, weil ich meinen Schwerbehindertenstatus erwähnt hatte. Und ironischerweise hatte ich mich bei einem Anwalt für Arbeitsrecht beworben. Der sagte dann Zitat "Dann müsste ich ja NOCH jemanden einstellen, der Ihre Arbeit noch richtig macht." Da haben mir dann auch die Worte gefehlt.

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Destranix  20.05.2022, 19:32
@LokiRockOfAges
Ich will dir keine Angst machen. Aber in dem Punkt habe ich da wirklich deutlich mehr Lebenserfahrung und kann das alles hier von einem ernüchterten und reflektierten Standpunkt aus betrachten. Wenn du mit der Einstellung, so nobel und gut sie auch sein mag, ins Arbeitsleben gehst, wirst du daran nach einigen Jahren zerbrechen.

Ich weiß, dass ich daran nicht zerbrechen werde. Ich bin durchaus auch schon Teil des realen Lebens und dieses zeigt mir, dass ich mit meiner Einstellung durchaus gut fahre, auch wenn manche diese nicht verstehen.

Fang lieber mit einer gesunden Distanz an

Das tue ich sowieso. Im Grunde sage ich den Leuten nicht viel von mir aus, sondern nur, wenn man mich danach fragt oder wenn man auf das Thema kommt. Ganz natürlich eigentlich, nur mit weniger Hemmungen, als andere haben, was dann auch Dinge, die vielleicht nicht selbstverständlich scheinen, zur Selbstverständlichkeit amchen (wie z.B. über psychische Krankheiten zu reden).
Wobei ich zugeben muss, dass das offline nochmal ein kleinen Ticken schwwerer ist als online, ich auch nicht jegliche Hemmung fallen lassen kann derzeit vermute ich, aber ich kann das zumindest annähern.

aber wenn du gleich alles erzählst, dann kannst du nie wieder etwas zurücknehmen, wenn du verstehst was ich meine.

Klar! Gesagt ist gesagt und dazu sollte man auch stehen. Und wenn man einen Fehler gemacht hat, sollte man diesen eingestehen und bestenfalls analysieren.

Ich glaube, dass es sinnvoller ist, erst später mit der Sprache rauszurücken (wenn überhaupt), weil die dann eher denken "Na sowas, das hat man ihm/ihr ja gar nicht angemerkt! Vielleicht sollte ich mal meine Meinung überdenken."

Die Strategie fahre ich durchaus auch öfters. Ganz unscheinbar und dann BAMM! ;-)

Auch da muss ich aber darauf achten, dass als Selbstverständlichkeit darzustellen, denn das sollte es sein.

Ich wurde sogar schon offen diskriminiert, weil ich meinen Schwerbehindertenstatus erwähnt hatte

Hm, wenn du akut eine Schwerbehinderung hast, dann ist das vielleicht nocheinmal einen Ticken schlimmer? Ich meine, die bekommt man aj auch nicht für nichts.

Wobei man natürlich auch auf die Art der Behinderung schauen muss, ob diese überhaupt für den Beruf relevant ist. Jemand, der nicht gehen kann, kann ja beispielsweise durchaus einen Bürojob ausführen. Aber er wird wohl kaum in der Lage sein, Dinge durch die Gegend zu tragen.

Und ironischerweise hatte ich mich bei einem Anwalt für Arbeitsrecht beworben. Der sagte dann Zitat "Dann müsste ich ja NOCH jemanden einstellen, der Ihre Arbeit noch richtig macht." Da haben mir dann auch die Worte gefehlt.

Okay, ähm...

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1. Du gehst zum Therapeuten. Psychologen sind nicht automatisch Therapeuten.

2. Wen geht es an, zu welchem Arzt du gehst? Sag doch einfach, du hast einen wichtigen Arzttermin. Du bist nicht zu Erklärungen verpflichtet.

Meiner Erfahrung nach halten dich die Leute zwar nicht für verrückt, aber du hast allgemein schon mit Vorurteilen zu kämpfen. zB würde ich das bei einem Arbeitgeber niemals erwähnen, da der nämlich dann anfängt zu glauben, dass du nicht belastbar bist oder dass du irgendwann wegen psychischer Erkrankung länger ausfallen wirst.

Ich würde das nur im privaten Umfeld erzählen. Ich war früher auch immer sehr offen damit, im Endeffekt hatte ich davon aber leider nichts außer Vorurteile. Deshalb bin ich da jetzt sehr zurück haltend, wem ich von psychischen Erkrankungen erzähle.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Erkrankung, Therapieerfahrung, Kontakt mit Betroffenen

Sag "wichtiger Arztermin", mehr braucht niemand wissen.

Sicher warum nicht sagen

Jeder zweite geht zum Psychologen um sich helfen zu lassen

Destranix  20.05.2022, 10:36

Leider oftmals nicht die Hälfte, die es nötig hätte.

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