Soll ein verpflichtendes Gemeinschaftsjahr für alle Jugendlichen in Deutschland eingeführt werden, also ein FSJ nur verpflichtend?

17 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hi,

ich bin ehrlich gesagt kein Fan von dieser Idee...

Unterm Strich fürchte ich drei Dinge, nämlich

  • dass es für viele Jugendliche ein - mehr oder minder - "verlorenes" Jahr ist, welches sie weder persönlich noch beruflich voranbringt,
  • dass versucht wird, Personalkosten zu drücken und bestimmte Tätigkeiten vollständig von den Verpflichteten übernommen werden und
  • dass die Gesellschaft von einer wohl ziemlich großen Menge unmotivierter und unqualifizierter Jugendlicher in wichtigen Bereichen nicht profitiert.

All das wäre aus meiner Sicht nicht erstrebenswert - die fragliche gesetzliche Lage mal außen vor gelassen.

Die Vergangenheit mit dem Wehr- und Zivildienst hat gezeigt, dass man sich nicht darauf verlassen kann. Der soziale Bereich hatte von einem Tag auf den anderen akute Personalnot.

Wenn, dann sollten vorhandene Freiwilligendienste wesentlich attraktiver gestaltet werden - eine vernünftige Bezahlung und einen relevanten, greifbaren Nutzen für das spätere Leben. Die Honorierung bei der Studienplatzvergabe ist, jedenfalls in manchen Studiengängen, bestenfalls als Witz zu verstehen.

Fachkräfte gewinnt man nicht, indem man junge Menschen in einen Bereich "zwingt", der sie nicht notwendigerweise interessiert oder ihnen einfach überhaupt nicht liegt. Fachkräfte gewinnt man mit einer zukunftsorientierten Ausbildung, einer leistungsgerechten Bezahlung und Arbeitsbedingungen auf Stand des 21. Jahrhunderts - all das haben viele Berufe im sozialen Bereich derzeit nicht zu bieten.

Solange ein Fließbandarbeiter, der 8 Stunden lang fünf Handgriffe ausführen muss, genauso viel (oder sogar mehr) verdient als eine Pflegefachkraft oder ein Notfallsanitäter, darf man sich über die Unattraktivität in manchen Bereichen nicht wundern.

LG

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ehemaliger FSJler im Rettungsdienst

CarlossovB 
Fragesteller
 10.12.2019, 17:44

Früher waren doch viel mehr Leute in den Sozialen Berufen, weil sie statt WEhrdienst dahingegangen sind. Heute: Personalmangel

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SaniOnTheRoad  10.12.2019, 17:50
@CarlossovB
Früher waren doch viel mehr Leute in den Sozialen Berufen, weil sie statt WEhrdienst dahingegangen sind.

Richtig - ich hätte hier genauer differenzieren müssen.

Also: Die Vergangenheit mit dem Wehr- und Zivildienst hat genau die oben genannten Probleme (Verlorene Zeit, Personalkosten drücken und unterm Strich begrenzter Nutzen für die Gesellschaft) hervorgebracht.

Durch den Wegfall sind im sozialen Bereich unzählige "Hilfskraftstellen" weggefallen, die weder anderweitig suffizient ersetzt worden sind noch durch eine entsprechend höhere Zahl an Fachkräften kompensiert wurden.

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Das würde dem im GG geregelten Verbot von Zwangsarbeit widersprechen, das müsste also novelliert werden, wozu es eine Zweidrittelmehrheit bräuchte, die so einfach nicht zu bekommen ist.

Ich wäre nichtmal prinzipiell dagegen, allerdings nur in Verbindung mit zwei anderen Maßnahmen, die ich dann ebenfalls für überfällig hierte:

  • Sämtliche Bezieher von Transferleistungen, denen das zuzumuten ist (heißt, die nicht arbeitsunfähig sind, durch das alleinige Erziehen kleiner Kinder und ohne Unterbringungsmöglichkeit verhindert oder dergleichen wäre auszunehmen) eine normale 40-Stunden-Woche zu absolvieren hat um Leistungsansprüche geltend machen zu können. Will heißen, wenn man Heranwachsende en bloc zu gemeinnütziger Arbeit zwangsverpflichtet, dann gefälligst auch diejenigen Harzer, die nur Teilzeit oder gar nicht regulär beschäftigt sind.
  • Wenn man die Jugend zusätzlich belastet um die Gesellschaft zu entlasten, muss sie auch was davon haben und zwar in Form von mehr politischem Einfluss. Nun kann man am demokratischen Prinzip und and der demographischen Verteilung nichts ändern, aber sehr wohl an den Bedingungen zur politischen Partizipation. Deswegen wäre ich im Falle einer Einführung denn auch dafür, dass, wer über 70 Jahre alt ist und von seinem Wahlrecht gebraucht machen will, verpflichtend angehalten wird einen medizinisches Gutachten vorzulegen, dass ihm/ihr volle Zurechnungsfähigkeit und geistige Gesundheit bescheinigt, das keinesfalls älter als ein Jahr sein darf.

Menuett  09.12.2019, 19:45

Wobei man die "Harzer" dann auch mit dem Mindestlohn bezahlen muss...

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verreisterNutzer  09.12.2019, 19:55
@Menuett

Hätte ich persönlich nichts dagegen. Den Dienstleistenden dann allerdings auch.

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cas65  09.12.2019, 19:46

Du vergleichst Äpfel mit Birnen.

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cas65  09.12.2019, 19:57
@verreisterNutzer

Doch. Eine soziale Dienstpflicht und "Zwangsarbeit" für H4-Empfänger ist NICHT dasselbe. Und selbst wenn, wäre für letztere 40 Stunden viel zu viel. Wir ALLE arbeiten schon viel zu viel!

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verreisterNutzer  09.12.2019, 20:04
@cas65

Natürlich ist das das selbe.

Der Staat verdonnert ein Subjekt dazu seine Arbeitskraft auf ein Jahr oder whatever irgendwo anzubringen, ohne sich das aussuchen zu können.

Das ist nichts anderes als Zwangsarbeit und wenn man eine Gruppe zu Zwangsarbeit verdonnern kann, dann kann man es bei allen anderen Gruppen auch und wenn man das ohne näheren Grund (z.B. Landesverteidigung) auf eine Gruppe angewandt wird, muss es auch auf alle anderen, nicht voll arbeitenden Gruppen angewandt werden, ansonsten ist das schlicht diskriminierend und damit verfassungswidrig.

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cas65  09.12.2019, 20:10
@verreisterNutzer

Es gab auch eine Wehrpflicht. Jeder Mensch hat eine Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft. Das hat nichts mit "der Staat verdonnert" zu tun. Junge Menschen können und sollten das ein Jahr in ihrem Leben tun. Unbefristet, weil sie woanders keiner braucht, sämtliche Arbeitslosen zu "zwingen", ist eine andere Sache. Dienstpflicht für ein Jahr ist begrenzt, das andere wäre unbegrenzt. Schon das ist ein Untrerschied. Zudem - was willst du denn 50-60-jährige, die oft schon angeschlagen und nicht mehr voll einsetzbar sind, so machen lassen? Und dann noch 40 Stunden am Tag?

Ich bin für ein Dienstpflichtjahr. Punkt. Wenn du dazu ne andere Meinung hast - deine Sache. Aber schmeiß nicht alles und jeden in einen Topf.

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verreisterNutzer  09.12.2019, 20:18
@cas65

Die Wehrpflicht ist was völlig anders, weil sie der Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht, nämlich der Landesverteidigung bei Bedrohung diente.

Ne allgemeine Dienstpflicht ohne Rekurs auf Bedrohungslage oder staatsbürgerliche Pflichten ist was völlig anders, nämlich nichts anderes als Zwangsarbeit.

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cas65  09.12.2019, 20:53
@verreisterNutzer

Und das eben sehe ich anders. Auch, sich um hilfsbedürftige Menschen zu kümmern, kann eine staatsbürgerliche Pflicht sein. Feuerwehr kann eine staatsbürgerliche Pflicht sein. Und und und. Es ist eine Frage, wie wir als Gesellschaft solche Pflichten definieren. Und ich bin dafür, dass man diese Pflichten weit umfassender definiert als "nur" eine imaginäre "Landesverteidigung".

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Elizabeth2  09.12.2019, 19:47

wer über 70 ist?

Hmm warum nicht 60 oder 80? Oder gleich 20?

Was glaubst du denn, wer die Parteien wählt, die ich jedenfalls nicht im Parlament haben will? Die über 70 jährigen? Die haben meistens wenigstens noch fundierte politische Kenntnisse, über die sich ein 20-jähriger wundern könnte.

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verreisterNutzer  09.12.2019, 20:01
@Elizabeth2

Ich wills mal so ausdrücken:

Meine Großmutter ist vor 3 Jahren verstorben, vorher war sie einige Jahre ein schwerer Pflegefall mit Heimunterbringung.

Die Ortsverbände unserer politischen Parteien waren sich da nicht zu schade im Rahmen einer anstehenden Wahl ihre Wahlwerbetrupps noch ins Altenheim zu schicken um den Senioren da beizubringen, wo sie ihr Kreuz zu machen haben.

Das die dortigen Patienten noch in einem Maße geistig fit genug waren den Diskurs zu überblicken, darf man mal getrost bezweifeln.

Wenn man da Wahlwerbung macht, kann man sie konsequenter Weise auch gleich im Kindergarten machen.

Auf der einen Seite stellt man sich hin und behauptet unter 18 Jährige seien nicht reif genug, um wählen zu dürfen.

Schön. kann man akzeptieren. Dann sollte der Gerechtigkeit halber allersings ab einer bestimmten Altersgrenze auch eruiert werden, ob die Alten den geistig noch fit genug dazu sind.

Andernfalls ist das eine unmäßige Bevorzugung von Senioren.

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Elizabeth2  09.12.2019, 23:02
@verreisterNutzer

Siehst du, bei uns ist es schier umgekehrt, körperlich sind meine total lädiert. Jedes Ansinnen, einen Arztbesuch von statten zu lassen, geht nur, wenn der Arzt ins Haus kommt. Und der das dann für teuer Geld attestiert.

Wenn einer geistig dement ist, da sollte man Reißleine ziehen. Das ist richtig. Aber Demenz wird attestiert, alleine schon wegen Pflegegrad geschichte. Da braucht es nicht Extra Untersuchungen für alle. Alles andere, was du willst pauschal für alle ist diskriminierend. Wenn ich bei uns im Sport umschaue, wie fit da die 80 jährigen sind, du würdest verbal hier richtig eins auf die Mütze bekommen.

Und man sollte den Parteien verbieten, solche Heime oder Krankenhäuser aufsuchen zu dürfen. Alte Menschen gehen zum Teill ja freiwillig auch ins Heim, um sich in einem geschützten Raum zu bewegen. Da hat politische Agitation nichts verloren.

Dann wäre ich mit dir einverstanden.

Unter 18-jährigen sind auch nicht reif genug, um zu wählen. Wobei ich dann eher vorschlagen würde, hier Tests anzusetzen, denn Reife macht sich nun mal nicht nur am Alter fest. Den Weg umgekehrt fände ich nachdenkenswert. Aber im großen und ganzen sollten die jungen Leute geschützt werden, denn z.Bsp. im juristischen Bereich dürfen die sich auch in einem geschützten Raum bewegen. Man kann nicht nur die Vorteile der Erwachsenen fordern (einschl. Arbeitsschutzgesetz), und auf der anderen Seite die Nachteile ausser Acht lassen.

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Nein den das ist wertlos wen man das nicht braucht um zb seinen Wunschberuf machen zu können! Was soll das zb für ein sin bei jemanden haben der in der Industrie oder im Handwerk seinen Job sucht/machen will ?

Das ist sinnlos da das ganze sowieso korrumpiert werden würde von der Politik! Außerdem Zwangsarbeit ist verboten nach dem Grundgesetz und selbst das wird ein Problem noch fürs Jobcenter werden da ein Jober gezwungen werden dafür zu arbeiten!

Außerdem würde da nur Ausbeutung der jugendliche stattfinden und mal ehrlich wer will schon unmotivierte Arbeitskräfte die sowenige wie möglich arbeiten werden!

Sinnvoller wäre eine besser Bezahlung und eine Sinnvollerer Arbeitsmarktpolitik es gibt genug die gern arbeiten würden nur lässt man sie nicht! Außerdem nicht jeder ist geeignet im sozialen bereich zu arbeiten und wen man hört wie sich einige jugendlich noch benehmen ist grade das bei diesen auch nicht zu verantworten! Gerade der soziale bereich wird ausgebeutet auf kosten der die das beruflich machen und Dan auch noch jetzt jugendlich dazu zwingen geht zu weit!

Mit welchem Recht soll es auf einmal eine undemokratische Zwangsarbeit geben. Reicht es denn nicht, dass es dieses elende Pflichtjahr bereits im Hitler-Faschismus gab. Frag dich zudem, Wem das wohl nutzt. Es nutzt lediglich Jenen, die von dieser kostenlosen Arbeitskraft profitieren, also private Haushalte und Heime. Kommt hinzu, das Letztere dann weniger reguläre Arbeitskräfte einstellen, denn kostenlose Mitarbeiter sind allemal attraktiver las Lohnkräfte.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Innerhalb meines Studiums hatte ich viel mit Politik z utun

Ja sollte es. So wie der Staat seinen Bürgern die Schulpflicht zumutet, könnte man ein solches Jahr zur Vermittelung der mehr und mehr verloren gegangenen sozialen Werte einführen. Die zunehmende Verrohung der Gesellschaft ist auch zum Teil auf das auf Leistung- und Konkurrenzdenken basierende Schulsystem zurück zu führen.

Sich ein Jahr lang im sozialen Bereich zu betätigen schärft das Bewusstsein für die wirklich wichtigen Dinge im Leben und würde vielen der heute heranwachsenden Egozentriker mal Empathie abverlangen.