Sind Finnen Germanen?

9 Antworten

Die Urfinnen sind eingewandert. Woher und wann genau, darüber wird gerätselt und gestritten.

Man spricht teilweise von einer Abstammung aus Asien, aus den Ural und mit Turkvölkern soll oder könnte es auch eine Verwandtschaft geben. Man liest sehr viel und so ganz sicher scheint sich niemand zu sein. Ich auch nicht.

Die sprachliche Verwandtschaft mit den Ungarn ist bekannt, aber unterhalten müssen sich die beiden eher auf Englisch. Es betrifft mehr die Struktur der Sprache. Verstehen können sie sich nur mit den Esten und den Ingermannländern. Das Samische ist wohl auch verwandt und klingt auch ähnlich. Ganz sicher ist sich die Wissenschaft auch hier offenbar nicht, ob das ein Sprachstamm und eine Herkunft ist.

Dazu kommt noch Karelien, sprachlich noch etwas weiter vom finnischen Weg, aber die Heimat vieler vertriebener Finnen.

Und es gab natürlich eine ordentliche Durchmischung mit den Schweden. Daher auch die sprachliche Minderheit, die sich aber als schwedischsprachige Finnen, sogenannte Finnländer, und nicht als Exilschweden sieht. Mit Ausnahmen speziell in Österbotten. Viele Finnen haben also schwedisches Blut in sich, auch wenn die Familien finnische Nachnamen haben. Aber auch umgekehrt findest du den einen oder anderen Lindström, der kein schwedisch spricht. In den 1930er Jahren gab es eine Welle in der viele schwedische Nachnamen verfinnischt würden.

Ach ja, Wikinger gab es natürlich auch und nicht zu knapp. Speziell Åland und Südfinnland waren von Wikingern bewohnt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Sowohl finnischer als auch deutscher Staatsbürger

Hallo Dennis,

man muss drei Punkte ganz klar unterscheiden: Sprache, Genetik und Kultur. Der Begriff Wikinger sagt nämlich über keines der drei Begriffe viel aus, da es sich hierbei eher um einen Lifestyle als um alles andere gehandelt hat.

Zur Sprache: Finnisch ist wie viele bereits gesagt haben eine finno-urgische Sprache deren Ursprung man im Ural vermutet. Ja, auch Ungarisch hat seinen Ursprung dort. Beide Sprachen gehören also dem gleichen Zweig an, ähnlich wie Isländisch und Spanisch (beide indogermanischen Ursprungs). Und die letzteren beiden sind deutlich näher verwandt. Sprache allein sagt aber wenig über den Alltag vieler Menschen aus und auch nur bedingt über ihre Kultur. Kulturen beeinflussen sich gegenseitig ohne dass eine große Adaption der Sprache stattfindet. Beispiele findet man in deutscher und US amerikanischer Kultur heutzutage. Es gibt einige Lehnwörter aus dem Englischen, man isst hierzulande Burger usw.. Dennoch ist die Kultur nicht die gleiche. Aber man kann von einem Austausch sprechen, der Einflüsse hinterlässt. So gibt es im Finnischen Lehworte bereits aus dem protogermanischen, also der Sprache vor dem eigentlich germanischen. Kuninkas ist Finnisch und bedeutet „König“, kuningaz protogermanisch für „König“.

Zur Kultur: Ähnlich ist es in der finnischen Kultur. Diese war schon vor der ersten Bekannten Ansiedlung skandinavischer Siedler aus dem heutigen Schweden im 12 Jhd. spürbar „westlich“. Darauf deuten viele Funde aus der Bronzezeit. Diese legen eine deutliche Verbindung mit der gotländischen Kultur nahe, welche wiederum heute zur „schwedischen“ Kultur gehört. Die späte nordische Eisenzeit - auch als Wikingerzeit bekannt - hat ihrer Zeit ebenso Spuren in Sprache und Leben der Menschen hinterlassen. Auch diese Spuren zeigen einen immensen Kontakt zur östlichen Küste Schwedens. Es ist also davon auszugehen, dass beide Völker damals enge Beziehungen führten. Zudem weisen Funde wie Münzhorte orientalischer Währungen, bestimmte Waffengattungen wie das sog. ULFBERTH-Schwert und vieles weitere auf typische „Wikinger-Funde“. Unter diesen Gesichtspunkten gab es vor allem in der finnischen Küstenregion sicherlich Männer die auf Raubzug gingen, also viking betrieben. Interessant dabei sind versch. Überlieferung vor der Eisenzeit, die von einem sog. Kvenland sprechen, das auf schwedischer und finnischer Seite des bottnischen Meerbusens gelegen haben soll. Die Herrscher sollen „Finnen“ gewesen sein und sich mit dem dänischen und norwegischen Königen im Laufe der Jahrhunderte vermischt haben.

Zur Genetik: Die heutigen Finnen sind in sich sehr unterschiedlich, je nach Region. Offensichtlich haben die, die in Küstennähe lebten mehr genetischen Austausch gehabt, als jene im Inland. Dennoch sind rund 80% der Gene typisch für Europäer und nur 20% typisch für das Ural. Das wiederum spricht für einen deutlichen Kontakt zum Westen und zu Skandinavien. Man muss zudem verstehen, dass die Ostsee in vergangenen Zeiten eher eine Verbindung als ein Hindernis darstellte. Anders als die dicht bewaldeten Gebiete des Landes, die kaum zu durchdringend waren. Folglich gab es mehr genetischen und kulturellen Austausch über das Meer. Dennoch konnte sich die finnische Sprache etablieren und vor allem auch etabliert bleiben. Das wiederum spricht für eine gewisse kulturelle Festigkeit, auch wenn es keine klaren literarischen Nachweise für finnische Königreiche gibt, sondern lediglich Sagas und Geschichten. Dennoch können auch diese wie oft einen wahren Kern besitzen. Außerdem ist es sehr interessant, dass bei Forschungen zu den Vorfahren der Kiewer Rus, also jenen Wikingern bzw. Warägern, die das Reich der Rus (später Nowgorod und Russland) gründeten, Verbindungen zu typisch finnischer Genetik gefunden wurden. Hier untersuchte man die männlichen Nachfahren Ruriks, die bis heute nachweislich im europäischen Adel existieren, und fand genetische Merkmale, die am ehesten auf heutige Finnen zutreffen (siehe Ruriks childs).

Alles in allem gibt es also viele Hinweise auf eine ähnliche Lebensweise und Kultur der Finnen in der späten Eisenzeit wie es sie in Skandinavien gab, auch wenn es eindeutig eine eigenständige Kultur bildete. Zudem findet man archäologische und genetische Verbindungen, die sich damit decken. Dementsprechend kann man sagen, ja es gab sicherlich „finnische“ Wikinger, da es sich hier vor allem um lose Verbände von Seeräubern und Händlern aus Nordeuropa handelte und weniger um eine genetisch und kulturell homogene Gruppe oder gar ein Volk.

Woher ich das weiß:Recherche

Finnisch ist keine germanische Sprache, folglich werden die Vorfahren der Finnen auch nicht zu den Germanen gezählt. Die sprachliche Verwandtschaft des Finnischen liegt im Bereich der estnischen Sprache (und einiger kleinerer Sprachen), aber auch (etwas weiter entfernt) bei den samischen Sprachen (der Begriff "Lappen" ist weit verbreitet, er gilt heute als etwas abwertend) und einigen Sprachen in Russland (Udmurtisch, Mari, Komi, Mordwinisch).

Noch weiter entfernt liegen die ugrischen Sprachen, mit denen eine Verwandtschaft besteht, die sich vor allem im grammatikalischen Bereich zeigt (weniger im lexikalischen Bereich, aber auch dort gibt es gemeinsame finno-ugrische Wortstämme). Die bekannteste ugrische Sprache ist Ungarisch. 

Der Standardsatz, um die (sehr entfernte) Verwandtschaft von Finnisch mit Ungarisch zu zeigen, lautet auf Ungarisch

Eleven hal úszik a víz alatt. (Der lebendige Fisch schwimmt unter Wasser.)

Elävä kala uiskentelee veden alla. (dasselbe auf Finnisch)

https://hu.wikipedia.org/wiki/Eleven_hal_%C3%BAszik_a_v%C3%ADz_alatt

In dem Satz sieht man 5 gemeinsame Wortstämme (unter anderem "Fisch" hal/kala). Das Wort für die Zahl "drei" lautet három/kolme und zeigt die analoge Lautverschiebung h (ung.) > k (fin.).

Wahrscheinlich stammen die Vorfahren aus dem Bereich des Ural, und verschiedene Wanderungsbewegungen nach Westen brachten die Finnen/Sami nach Skandinavien und die Magyaren nach Ungarn.

Einige Gruppen gibt es auch heute noch im gebiet des Ural, die Sprache Mansisch ist diejenige, die am engsten mit dem Ungarischen verwandt ist.

Három nő a vízből hálóval húsz halat fog. (Drei Frauen fangen mit einem Netz zwanzig Fische aus dem Wasser.) (Ungarisch)

Hurem né vituel huligel husz hul pugi. (dasselbe auf Mansisch)

https://de.wikipedia.org/wiki/Mansische_Sprache

Die Pluralbildung mit -t (halat = Fische) gibt es auch im Finnischen (kalat = Fische). Das Wort für Frau beginnt in allen drei Sprachen mit n- (nő, né, nainen).

OlliBjoern  13.09.2019, 18:56

Die Formen mit -val/-gel (eine Art "Instrumentalis"), also hálóval/huligel ("mit einem Netz") passen zum finnischen Adessiv auf -olla (o.ä.)

verkko (Netz) > verkolla (mit einem Netz)

Allen genannten Sprachen ist gemein, dass sie auf vorangestellte Präpositionen ("mit" oder "aus") weitgehend verzichten, ebenso auf unbestimmte Artikel ("einem").

Die Postposition ist bei diesen Sprachen häufig.

víz alatt (wörtl. "Wasser unter")

veden alla

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Eher nicht. Also zur Zeit des Wikings. Die Finnische Sprache gehört auch nicht zu den Indogermanischen sondern zu den Finnugrischen Sprachen (wie auch Ungarisch).
Ob es Finnen bei der einen oder anderen Gruppe auf dem Wiking gab, kann ich nicht sagen.