Schließt der Buddhismus das Christentum nicht aus?

15 Antworten

Ich bin Soto-Zen-Buddhist und sehe sowohl Gemeinsamkeiten, als auch Diskrepanzen.

Meditation

Aus buddhistischer Sicht spricht beispielsweise nichts dagegen, dass beispielsweise ein Christ buddhistische Meditation betreibt, um "innere Einkehr" zu fördern.

Konservative Christen lehnen eine solche "Innenschau" jedoch ab und Fanatiker sehen Meditation sogar als Einfallstor für Dämonen an

Andererseits gibt es sowohl katholische, als auch evangelische Geistliche, die buddhistische Meditation ohne buddhistische "Glaubenslehre" vermitteln.

Ablehnung

Der Buddhismus der Gegenwart hat zumeist keine ablehnende Haltung gegenüber anderen Religionen, sondern akzeptiert sie ebenfalls als "Wege".

Je nach persönlicher Ansicht, sieht er diese Wege als "gleichwertig" zum Weg des Buddha an, oder betrachtet sie als "unvollkommen", lehnt sie jedoch nicht ab.

Diskrepanzen

Geht man das Thema theologisch an, dann gibt es allerdings eine ganze Reihe von Unterschieden, die man mitunter nur schwer überbrücken kann

Selbsterlösung

Während ein Christ der Gnade Gottes zur Erlösung bedarf, lehrte der Buddha, dass es keiner äußeren Kräfte bedürfe, um sich vom Leiden zu befreien.

Schöpfergott

Während der Gedanke eines allmächtigen Schöpfergottes in vielen Religionen vorhanden ist, enthält der Buddhismus keine derartige Lehre als zentralen Inhalt.

Seele

Buddha lehrte, dass es keinen "ewiges Selbst" oder "göttlichen Wesenskern" (Atman) gibt, wie etwa im Hinduismus. Das steht im Widerspruch zum Christentum.

Unbeantwortete Fragen (Avyakrita)

Der Buddha hat auf einige Fragen nicht geantwortet, weil er der Ansicht war, dass sie den Menschen nicht auf seinen Weg weiterbringen, sondern sogar geistig verwirren und in den Wahnsinn führen können.

Dazu gehören Fragen wie: "Ist die Welt endlich, ewig oder keins von beiden?" - "Existiert ein Erwachter nach dem Tod weiter?"

Diese Art von Fragen beantwortete er nach Ansicht einiger Buddhisten nicht, weil ihm bewusst war, dass er nicht "allwissend" ist und die Wahrheit seiner Lehre nicht durch unwahre Behauptungen (die später widerlegt werden) beeinflusst werden soll.

Andere Fragen wie etwa "Wer bin ich? Wer war ich? Bin ich überhaupt? Werde ich in Zukunft existieren?" beantwortete der Buddha ebenfalls nicht.

Der Grund hierfür ist, dass all diese Fragen den Gedanken eines "Selbst" oder "Ich", als etwas festes, beständiges, fördern und daher der Loslösung von Fixierungen und der Befreiung von der Anhaftung an das "Ich" entgegen stehen.

Bestimmte philosophische oder metaphysische Fragen hat der Buddha also bewusst nicht beantwortet.

Sofern es sich dabei um Fragen gibt, die unsere physikalische Welt betreffen, sind moderne Buddhisten gerne bereit, wissenschaftliche Theorien als Erklärung zu akzeptieren - dann muss man sich nicht unnötigerweise damit herumschlagen.

Himmel/Hölle

Diese Konzepte im Sinne von Belohnung und Bestrafung von vermeintlich "guten" und "bösen" Taten in einem Jenseits, gibt es in der Lehre Buddhas eigentlich nicht, wohl aber im asiatischen Volksglauben.

Buddhistische Deutungen dieser Begriffe gehen eher von geistigen und emotionalen Prozessen aus - die unbefriedigte Gier "quält" den Menschen und sein schlechtes Gewissen bereitet ihm "Schmerzen". Auch der "Dämon der Eifersucht" verursacht Leiden.

Auch gibt es im Westen Begriffe wie: "Sie fühlte sich wie im siebten Himmel", oder "Er erlebte die Hölle der Einsamkeit". Da geht es auch nicht um reale Orte, sondern um die psychische und emotionale Verfassung der Menschen

Wiedergeburt

Im Zusammenhang mit Himmel und Hölle wird häufig auch der Gedanke der Wiedergeburt gebracht. In den buddhistischen Schriften gibt es traditionell "sechs Formen der Wiedergeburt".

Als Himmelswesen (Deva), Mensch, Tier, streitsüchtige Dämonen (Asura), Hungergeister (Preta) und Höllenwesen.

Einige buddhistische Lehrer, wie etwa Rev. Shohaku Okumura sehen diese Formen als symbolische Beschreibungen für bestimmte Geisteshaltungen an. Ich persönlich folge dieser Auslegung.

Das habe ich hier mal erklärt:

https://www.gutefrage.net/frage/wenn-es-die-wiedergeburt-wirklich-geben-sollte-wie-kann-es-dann-sein-dass-aus-vielleicht-10000-menschen-milliarden-geworden-sind-rest-steht-unten?foundIn=list-answers-by-user#answer-189570040

Wie man sieht, geht es dabei also womöglich gar nicht um ein Jenseits

Religion

Ich habe bei Begegnungen mit Menschen immer wieder gehört, "der Buddhismus ist keine Religion, sondern eine Philosophie". Ich bin anderer Ansicht.

Eine Philosophie ist für mich ein intellektuelles Gedankenkonstrukt, dass möglicherweise Handlungsempfehlungen gibt, aber durch den Intellekt begrenzt ist.

Die Praxis der Meditation geht aber über die Begrenzungen des Ego und seiner geistigen Produkte hinaus. Es ist mehr als nur eine theoretische Morallehre.

Der Buddhismus verfügt außerdem - je nach Traditionslinie - über Geistliche, Mönche und Nonnen, hat religiöse Zeremonien (Hochzeit, Zufluchtnahme, Bodhisattva-Ordination, Bestattungen, Abwehr von Unheil) und religiöse Bauten, wie Klöster und Tempel.

Meiner Meinung nach benötigt eine Religion nicht zwingend einen Gott - aber darüber kann man lange diskutieren.

Für mich ist der Buddhismus jedenfalls keine beliebig erweiterbares Gedankenspiel, sondern eine authentische religiöse Tradition.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist

Das ist tatsächlich so. Im Buddhismus werden auch christliche Lehrer verehrt, allen voran natürlich Meister Eckhardt und Thomas Merton, die beide eine stark buddhistisch beeinflusste Lehre verbreiteten.

In der Regel wird da einfach kein 'Terz' drum gemacht.
Die sind einfach zufrieden damit, dass jemand bereit ist, der Sangha beizutreten.

Diese Frage kann man schwer pauschal beantworten, da der Buddhismus im Gegensatz zum Christentum eher wenig dogmatisch ist und sehr viele unterschiedliche "Wege" kennt. Manche davon sind vielleicht noch ein Stück weit mit dem Christentum kompatibel.

Ganz allgemein würde ich dem von dir genannten "jemand" aber eher widersprechen. Ich wüsste nicht, wo im Buddhismus Platz für ein egomanisches, gewalttätiges Berggespenst aus dem bronzezeitlichen Kanaan sein sollte. Solche Fantasiefiguren braucht ein Buddhist nicht.

Die Buddhisten sind da nicht so verbohrt wie häufig die Christen. Auch schätzen sie die Gemeinsamkeiten.