Reaktivitäts-Selektivitätsprinzip bei der Halogenierung von Alkanen?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Du sprichst von der radikalischen Substitution?

Dann ist die Formulierung mit dem "stabilsten H-Atom" etwas unglücklich gewählt.

Da wird ja zunächst ein H-Atom "geklaut", sodass ein Alkyl-Radikal zurückbleibt.

Und es wird genau DAS H-Atom geklaut, dessen Verlust ein möglichst stabiles Alkylradikal bewirkt. Oder anders gesagt: Es wird das H-Atom geklaut, dessen Verlust am besten durch +I-Effekte im Alkylradikal kompensiert werden kann - nämlich das H-Atom am tertiären Kohlenstoffatom.

Oder um es fachlich grenzwertig, aber etwas anschaulicher zu erklären: Das radikale C ist sehr unzufrieden: Ihm fehlt ein Elektron und es will dieses Elektron um jeden Preis bekommen. Dieser Zustand ist deswegen instabil. Wenn das radikale C aber von allen Seiten etwas Elektronenwolke durch +I-Effekte zugeschoben bekommt - quasi zur Kompensation - , so wird ihm sein Zustand erträglicher und sein Bedürfnis nach Veränderung wird geringer. Es wird also stabilisiert.

Hilft dir das weiter?

VG


Humorberater 
Fragesteller
 01.07.2023, 08:29

das gibt ein Kompliment und die hilfreichste Antwort. Nur muss man immer warten bis man das auszeichnen kann.

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Miraculix hat die Elektronendichte und Hyperkonjugation schon gut zusammengefasst.

Es gibt noch weitere Effekte aus der Kinetik, die man berüchsichtigen sollte: die Reaktivitäts-Selektivitäts-Beziehung und das Hammond-Postulat.

Man sagt oft: je schneller/brutaler eine Reaktion, umso weniger selektiv sei sie. Es gibt jedoch viele Ausnahmen.

Kurz gesagt: Chlor und Fluor gehen regelrecht "durch", Brom hat aber ein günstigeres Energiediagramm mit vermutlich höherer Aktivierungsenergie und geringerer Enthalpie, sodass die Stabilität des Übergangszustandes oder Intermediates wichtiger wird.