Raubritter töten (Bild im Anhang)?

Das Bild mit dem ich arbeite - (Schule, Geschichte, Oberstufe)

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Das Phänomen "Raubritter" ist ein Missverständnis des 18. und vorallem des 19. Jahrhunderts. Im wahrsten Sinne "Räuber", die gegen Recht und Gesetz verstoßen, waren sie i. d. R. nicht! Denn es gab das legale Institut der "Fehde", und die meisten Fälle solcher ritterlicher Kriegszüge waren angesagte und damit legale Fehden. Die Gewalt der Ritter richtete sich also nicht, wie bei Räubern, wahllos gegen jeden Menschen, der zufällig vorbeikam, sondern gegen den Fehdegegner, seinen Besitz und seine Bauern. Fehden gegen Städte und ihre Kaufleute konnten für die fehdeführenden Ritter lukrativ sein, wenn sie Waren abfangen oder Lösegeld erpressen konnte. Aber auch die Adligen untereinander führten Fehden und schädigten sich, wo sie konnten.

Nicht nur die Ritter führten Fehden, sondern auch die großen Fürsten. Der Ritter Ulrich von Hutten berichtete seinem Freund Willibald Pirkheimer in seinem Brief über Fehden als Teil adligen Daseins:

  • "Sodann müssen wir uns in den Dienst eines Fürsten stellen, von dem wir Schutz erhoffen. Wenn ich das nicht tue, glaubt jeder, er könne sich alles gegen mich erlauben. Aber auch wenn ich es tue, ist diese Hoffnung täglich mit Gefahr und Furcht verbunden. Gehe ich nämlich von Hause fort, so muss ich fürchten auf Leute zu stoßen, mit denen der Fürst, wie bedeutend er auch sein mag, Fehde oder Krieg führt und die mich seinetwegen anfallen und wegschleppen. Wenn es dann mein Unglück will, geht leicht mein halbes Vermögen als Lösegeld darauf, und so droht eben von dorther ein Angriff, von wo ich Abwehr erhoffte. Deswegen halten wir uns Pferde und umgeben uns mit zahlreichem Gefolge, alles unter großen und spürbaren Kosten. Unterdessen gehen wir nicht einmal im Umkreis von zwei Joch ohne Waffen aus. Kein Dorf können wir unbewaffnet besuchen, auf Jagd und Fischfang nur in Eisen gehen. Außerdem entstehen häufig Streitigkeiten zwischen fremden Meiern und unseren; kein Tag vergeht, an dem uns nicht ein Zank hinterbracht wird, den wir dann möglichst vorsichtig beilegen müssen. Denn sobald ich zu eigensinnig das Meine behaupte oder Unrecht ahnde, gibt es Krieg. Wenn ich aber zu sanftmütig nachgebe oder etwas vom Meinen preisgebe, bin ich sofort den Rechtsbrüchen aller anderen ausgeliefert, denn dann will jeder als Beute für sein Unrecht haben, was dem einen zugestanden wurde. Doch unter welchen Menschen geschieht dies? Nicht unter Fremden, mein Freund, nein, zwischen Nachbarn, Verwandten und Angehörigen, ja sogar unter Brüdern. Das sind unsere ländlichen Freuden, das ist unsere Muße und Stille!"

Quelle:  http://www.zum.de/psm/ma/hutten1518.php

Der Brief stammt aus dem Jahre 1518. Seit dem Reichstag von 1495 sollten Auseinandersetzungen eigentlich nicht mehr gewaltsam mittels Fehde, sondern am neu eingerichteten Reichskammergericht friedlich auf de Prozesswege ausgetragen werden. Aber es dauerte eben seine Zeit, bis sich in der Mentalität diese Neuerung durchsetzte.

Und damit wären wir beim Bild: Zu sehen ist die Plünderung und Vernichtung eines kleinen Dorfes im Zuge einer Fehde. Da, wie Hutten geschrieben hatte, die Fehdeführenden bewaffnet und mit Begleitung abwehrbereit waren, wurden die Schwächsten getroffen: die Bauern der Gegenseite und ihr Besitz. Auf diese Weise versuchte man, den Gegner wirtschaftlich in die Knie zu zwingen. Denn wenn man seine Dörfer verbrannte, seine Ernten, Vieh usw. vernichtete oder raubte, Geiseln nahm - es kam auch zu Todesopfern - und nur gegen Lösegeld wieder entließ, dann blieben beim Fehdegegner Dienste und vorallem Abgaben der Bauern aus, es drohte ihm der wirtschaftliche Ruin!

Reiche Städte wie Nürnberg setzten sich zur Wehr: sie nahmen Ritter und Soldaten in ihren Dienst und brachen Burgen ihrer Fehdegegner. Einige, die gefangen wurden, richtete man zur Abschreckung hin.

Hier noch zwei Literaturempfehlungen für Interessierte:

  • Regina Görner: Raubritter. Untersuchungen zur Lage des spätmittelalterlichen Niederadels, besonders im südlichen Westfalen. Münster 1987
  • Kurt Andermann (Hrsg.): "Raubritter" oder "Rechtschaffene vom Adel"? Aspekte von Politik, Friede und Recht im späten Mittelalter. Sigmaringen 1997


MfG

Arnold



Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich arbeite als Historiker.
gosuu 
Fragesteller
 31.10.2017, 13:29

Danke Arnold für deinen ausführlichen Kommentar!

Ich frage mich nur: Bist du dir ganz sicher, dass die Plünderzüge der Raubritter nur Fehden waren, oder stimmt es wirklich, dass zu dieser Zeit Ritter immer mehr an Macht verloren und somit auf Raubjagd gehen mussten?

Mit freundlichen Grüßen.

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ArnoldBentheim  31.10.2017, 20:09
@gosuu

Hallo gosuu, vielen Dank für deine Auszeichnung.

Ja, ich bin mir sicher. Ich schrieb ja "i.d.R.", was nicht ausschließt, dass es auch einige Ausnahmen gegeben hat - schließlich waren auch Ritter nur Menschen. Aber die meisten bekannten Fälle sind tatsächlich formell geführte, daher legale Fehden. Erst in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts setzten sich die Reichsgesetze von 1495 durch und wurde der Rechtsweg die gewöhnliche Form der Auseinandersetzungen.

Ob die Ritter an "Macht" verloren, ist die falsche Fragestellung, denn sie hatten kaum Macht außer über ihre Bauern, mussten ansonsten alle Dienste leisten, zu denen sie ihrem Lehnsherrn verpflichtet waren. Sie waren nur als Gruppe bedeutend, seit und solange die Hochadligen/Fürsten militärisches Gefolge benötigten. Im späten Mittelalter endete die militärische Funktion der Ritter, die Fürsten kauften sich schlagkräftigere Söldner ein und nutzten Feuerwaffen.

Bei entsprechendem Besitz lebten die Ritter von ihren Einkünften als "freie Herren", als Freiherren bzw. nur dem Kaiser untergebene "Reichsritter". Hutten hat in seinem obigen Brief aufgezeigt, welche Möglichkeiten Ritter außerdem hatten: entweder sie dienten den mächtigen Fürsten als Söldnerführer oder in der Landesverwaltung als Räte oder Amtleute. Dafür erhielten sie zusätzliche Einkünfte.

Den Rittern, die sich in den "Schutz" eines fürstlichen Landesherrn begeben hatten und ihm in verschiedenen Funktionen dienten, also keine unabhängigen "Reichsritter" wurden, kam die Territorialbildung dieser Landesherrn entgegen: der Landesherr brauchte Geld, und das bekam er von den Rittern bzw. von deren Bauern. Für diese Geldbewilligungen musste der Landesherr seine Ritter versammeln (Landtage), um sie um Geld zu bitten, die Ritter wiederum machten ihre Geldbewilligung von der Erledigung gewisser Beschwerden oder politischer Vorgaben durch den Landesherrn abhängig. Kurz: auf den Landtagen waren die Ritter als Gruppe wieder politisch bedeutend bzw. eine "Macht".

Es änderten sich also die Aufgaben der Ritter!

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Hey ho,

doch das taten sie. Das war im Mittelalter eine andere Denkweise, um Furcht einzuflößen. Nennt man auch einfach "Plündern".

Menschen gaben auch nicht freiwillig ihr hab und gut auf. Das wurde damit schnell und einfach umgangen.

Einige Raubritter hatten aber auch weniger oder nicht geplündert, sondern direkt besetzt. Diese Burgen waren dann die Raubritterburgen.

(Einige Raubritterburgen gehörten allerdings schon bereits vorher Raubrittern, da diese meist Adelig waren und Fürsten mit eigenem Anwesen, wobei dann ein König starb oder Fürstentümern die Macht entzogen wurde)

Oder sie nahmen sich Ortschaften ein und nutzten sie als Vasallen, die dann Tribut zahlen mussten.

MfG

Ritter waren schwer bewaffnete Kleinadlige, die ihrem Lehnsherrn zur Gefolgschaft verpflichtet waren und dafür zumeist ein eigenes, untergeordnetes, kleines Lehen bekamen. Das waren einige Dörfer und Einzelhöfe, die dem Ritter Abgaben leisten mußten.

Raubritter waren zumeist verarmte Ritter, was teils daraus resultierte, daß die Kriegsdienste der Ritter durch modernere Waffen verdrängt wurden (siehe dazu die Schlachten zw. Briten und Franzosen im 100-jähr. Krieg). Teils kam die Verarmung auch durch Mißwirtschaft zustande und es konnte auch sein, daß ein fremdes Heer das Land mal überfallen und die Bevölkerung "ausgedünnt" hat, oder auch, daß die Opfer von Seuchen wurden oder einfach geflohen sind.

Selber arbeitend tätig zu werden war für die Ritter unter ihrer Würde, zumal das ohnehin nicht für ihren Lebensstandard gereicht hätte, also verlegten sich einige darauf lohnende Dörfer/Kleinstädte auszurauben.

Der Vorgang solcher Plünderungen dürfte reletiv homogen abgelaufen sein: einerseits mußte das schnell gehen, damit die Bevölkerung sich nicht organisieren und Gegenwehr leisten konnte und evt. bevor derjenige, dessen Lehen das war zurückschlagen konnte.

Also sind die Raubritter mit maximalem Terror in ein Dorf eingedrungen, haben viele erschlagen, die ihnen im Weg waren und alles mitgenommen, das sich lohnte. Natürlich haben sie bei weitem nicht alle Bewohner getötet, sondern eher wahllos, damit Angst und Schrecken jeden Gedanken an Gegenwehr erstickten.

Das Raubrittertum war zeitweise stark verbreitet. Für die übergeordneten Lehnsherren (Könige, Herzöge, Grafen) war es kontraproduktiv, aber auch schwer zu bekämpfen. Deshalb sind sie zumeist nur gegen jene Raubritter vorgegangen, die es zu wild trieben.

Ein bekannter Raubritter war Götz von Berlichingen. Er verdingte sich zeitweise an verschiedene Gruppen/Städte/etc., teils betätigte er sich als Wegelagerer. Gegen ihn wurde mehrfach die Reichsacht verhängt, deren Folgen er sich recht geschickt entzog.

Gruß

Typisches inkasso verfahren wenn wer nicht zahlen will randalierst du zerstörst du und tötest um die anderen zu warnen.

Nicht bei jedem Raubzug wurde alles abgefackelt, aber damit verschaffte man sich ordentlich Respekt, falls die Dorfbewohner Widerstand zeigten. Da überlegte sich das Nachbardorf schon, ob es beim nächsten Überfall Widerstand leisten wollte oder gleich alles freiwillig rausgab.