Quastenflosser Brückentier?

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Der Quastenflosser (Latimeria) ist eigentlich gar kein Brückentier, das zwischen zwei heute lebenden Tieren (den Landwirbeltieren (Tetrapoda) einerseits und den Fischen ("Pisces") andererseits) vermittelt, sondern stellt viel eher eine Art "Sackgasse der Evolution" dar.

Phylogenetisch betrachtet gehören die Quastenflosser (Actinistia) einem Zweig der Cranioten (also der Schädeltiere, früher auch gerne mal als Wirbeltiere bezeichnet) an, den man Fleischflosser (Sarcopterygii) nennt und aus dem die Landwirbeltiere hervorgegangen sind - genau genommen sind auch die Landwirbeltiere (Amphibien, Sauropsiden und Säugetiere) Teil des Fleischflosserastes. Den Fleischflossern stehen die so genannten Strahlenflosser (Actinopterygii) gegenüber, das sind die umgangssprachlich meist als "Knochenfische" bezeichneten Fische. Aus basalen (also ursprünglichen) Fleischflossern sind später einmal die ersten Landwirbeltiere hervorgegangen. Nach aktuellem Kenntnisstand gingen die Landwirbeltiere jedoch vermutlich nicht aus dem Zweig der Fleischflosser hervor, der uns zu den heutigen Quastenflossern (Latimeria) führt, sondern sie entstammtem wohl eher dem Ast, der Lungenfische (Dipnoi). Diese kommen heute noch mit einer Art in Australien, einer in Südamerika und vier Arten in Afrika vor.

Die Bezeichnung "Brückentier" geht darauf zurück, dass die Quastenflosser -obwohl sie eben nicht die direkten Vorfahren der Landwirbeltiere sind- Merkmale in sich vereinen, die quasi zwischen den Fischen und den Amphibien vermitteln. Eines der ersten Landwirbeltiere aus dem Devon war Ichthyostega, dessen fossile Überreste man in Grönland gefunden hat. Ichthyostega hat schon einige Merkmale der heutigen Amphibien, gleichzeitig aber besitzt er auch noch etliche Merkmale der Fische. Aller Wahrscheinlichkeit nach konnte Ichthyostega kurze Zeit an Land gehen, die meiste Zeit seines Lebens dürfte er sich aber im Wasser aufgehalten haben. Die Art hatte beispielsweise noch Schuppen wie ein Fisch, ein Seitenlinienorgan und der Aufbau der Zähne war typisch für einen Fisch stark gefaltet (labyrinthodont), auch ein Hals fehlte ihm noch. Andere Merkmale wie die seitlich vom Körper abstehenden Extremitäten, die Fünfstrahligkeit der Extremitäten und der an der Wirbelsäule befestigte Beckengürtel sind dagegen Amphibienmerkmale.

Mitunter werden die Quastenflosser auch als "lebende Fossilien" bezeichnet. Dies rührt daher, dass die heute lebenden Quastenflosser sich morphologisch nur wenig von ihren Vorfahren unterscheiden, die wir heute nur noch aus Fossilien kennen. Tarsächlich hielt man die Gruppe der Quastenflosser bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts für ausgestorben. Erst 1938 entdeckte Marjorie Latimer ein Exemplar auf einem Fischmarkt in Kapstadt, das in der Nähe der Mündung des Flusses Chalumna gefangen wurde. Latimer war Leiterin des East London Museums und hatte vom Kapitän des Schiffes, das den Quastenflosser gefangen hatte, die Erlaubnis, es für ihr Museum mitnehmen zu dürfen. Sie schickte das Exemplar James L. B. Smith, der es untersuchte und als erster feststellte, dass es sich um einen bis dato ausgestorbenen Quastenflosser handelte. Zu Ehren der "Entdeckerin" benannte er die neue Art daher Latimeria chalumnae. Erst Jahre später fand man heraus, dass der Lebensraum der Tiere in Wirklichkeit 3000 km entfernt vor den Komoren liegt, wo die Tiere in der Tiefsee versteckt leben. Der erste, dem schließlich Aufnahmen lebender Quastenflosser gelangen, war der Meeresbiologe Hans Fricke in den 1980er Jahren. In den 1990ern wurde dann vor Sulawesi noch eine zweite Quastenflosserart entdeckt, der Manadoquastenflosser (Latimeria menadoensis). Morphologisch unterscheiden sich die beiden Arten kaum voneinander. Der Komorenquastenflosser ist jedoch eher blau-grau gefärbt, Manadoquastenflosser sind bräunlich. Große Unterschiede bestehen dagegen auf genetischer Ebene, hier unterscheiden sie sich um über 4 Prozent. Was uns schließlich auch zu der Tatsache führt, dass die Bezeichnung "lebendes Fossil" ein wenig irreführend ist. In Wahrheit ging natürlich auch an den heute lebenden Quastenflossern die Evolution nicht spurlos vorbei. Nur weil die morphologischen Unterschiede zu ihren ausgestorbenen Vorfahren gering erscheinen mögen, wenn es die Möglichkeit gäbe, DNA aus den Millionen Jahre alten Fossilien zu gewinnen und mit Proben heute lebender Tiere zu vergleichen, würde man feststellen, dass der genetische Unterschied sehr groß wäre.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Zwischen Fischen und Reptlien gibt es keine direkten "Brücken". Der Quastenflosser ist ein Fisch mit besonders kräftigen Flossen, der sehr eng mit jenen Fischen verwandt ist, die zu allererst imstande waren, das Wasser für kurze Zeit zu verlassen und die sich dann im Laufe der Jahrmillionen zu den ersten Amphibien entwickelt haben. Von den ersten Amphibien zu den Reptilien war es aber noch ein langer Weg, denn um sich ganz an das Leben an Land anzupassen und sich völlig vom Wasser zu lösen, waren noch viele weitere Entwicklungsschritte nötig.

Um auf deine Frage kurz und direkt zu antworten: der Quastenflosser schlägt eine Brücke von den Knochenfischen zu den Vorfahren der Amphibien.

Woher ich das weiß:Hobby – Jahrelange Begeisterung für die Natur und ihre Bewohner.