Planwirtschaft: "Zwangsarbeit"

10 Antworten

Es gab keine Zwangsarbeit! Es gab aber eine Berufslenkung und Berufsberatung. Das hat z. B. verhindert, dass entgegen jeder ökonomischen Vernunft in Berufen ausgebildet wurde, für die es dann keine Arbeitsplätze gab. Bei Studienplätzen verhielt es sich auch so.

Grundsätzlich (nicht immer) war es so, dass je besser die Schulzeugnisse waren, die Aussicht stieg auch den Traumberuf erlernen oder das Traumstudium absolvieren zu können. Überzählige Bewerber wurden in ähnliche Berufe oder Studienfächer umgeleitet, wobei niemand gezwungen wurde. Dass nicht jeder mit einer solchen Umleitung glücklich war, liegt auf der Hand, aber man lag eben auch nicht auf der Straße.

Nunuhueper  19.02.2012, 11:50

Dann passierte es, dass ein Berliner seine Berliner Zuzugsgenehmigung oder Wohnrecht verlor, wenn er zur Ausbildung in andere Bezirke geschickt wurde. Dafür ließ man die Sachsen rein. Plan oder Zwang, faktisch war es dasselbe!

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nonentity  19.02.2012, 13:00
@Nunuhueper

@Nunuhueper,

Zwang hört sich so schön nach Diktatur und Unterdrückung an, nach Knüppel und Knute, nach Stasi, Stalin und Unrechtsstaat. Da bedient man sich schon lieber dieses Wortes, als dem Wort "Notwendigkeit" den Vorzug zu geben, die nun mal in der Planwirtschaft begründet war.

Heute wirst du von niemandem "gezwungen", zum Arbeiten in eine andere Stadt oder eine andere Region zu gehen. Heute zwingt dich das, was deine Situation gebietet: Keine Arbeit, keine Ausbildungsmöglichkeiten etc. Mach was draus.

Irgendwann machst du nichts mehr. Dann gibt dir der Staat die Möglichkeit, dich als "Unterschichtler" bei der Tafel ein kostenloses Essen abzuholen. Und alles ohne Zwang!!!

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Staatlich gelenkte Wirtschaften rühmen sich häufig, im Gegensatz zur Marktwirtschaft gebe es bei ihnen keine Arbeitslosigkeit. Tatsächlich gibt es sie auch dort oft - so gab es z.B. auch in der Planwirtschaft der DDR - eine "verdeckte" Arbeitslosigkeit. Sie besteht darin, dass Arbeitskräfte voll bezahlt, aber nur teilweise ausgelastet oder mit wirtschaftlich überflüssigen Arbeiten beschäftigt werden. So herrscht zwar Vollbeschäftigung, aber auf die Dauer führt diese Praxis einen Staat in den wirtschaftlichen Ruin.

“Die sieben Weltwunder der DDR” (Volksmund)

1. Obwohl keiner arbeitslos ist, hat die Hälfte nichts zu tun.

2. Obwohl die Hälfte nichts zu tun hat, fehlen Arbeitskräfte.

3. Obwohl Arbeitskräfte fehlen, erfüllen und übererfüllen wir die Pläne.

4. Obwohl wir die Pläne erfüllen, gibt es in den Läden nichts zu kaufen.

5. Obwohl es in den Läden nichts zu kaufen gibt, haben die Leute fast alles.

6. Obwohl die Leute fast alles haben, meckert die Hälfte.

7. Obwohl die Hälfte meckert, wählen 99,9% die Kandidaten der Nationalen Front.

Strassenkater  19.02.2012, 03:18

Jedes Gesellschaftssystem hat seine Vor und Nachteile.Wir hatten den sogenannten Prämienzeitlohn da hat Mancher für den Anderen mitgearbeitet.Es gab aber Arbeitsstellen mit sogenannten Leistungslohn wo die Arbeitsgänge mit der Stoppuhr festgelegt wurden und dort hatte man schon genug zu tun.

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In der ehemaligen DDR war das durchaus so. Allerdings etwas versteckt.. War klar, dass mehr Metzger als Bäcker gebraucht wurden, erhielten die Bäcker einfach keine Ausbildungsgenehmigung. Dann haben die Metzger mehr Lehrlinge bekommen. Oder man hat an der Uni nur Studienplätze geschaffen, die in die Planung passten. Ausserdem waren alle, die in der DDR studiert haben so gebrieft, dass sie sowieso nur parteikonforme Fächer studiert haben.

Zwangsarbeit gab es nur derart, dass man für verschiedene Vergehen zu Arbeitslager verurteilt wurde. Dann ging es zur Knochenarbeit auf einen VEB- oder Genossenschafts-Bauernhof, in den Straßenbau oder ins Stahlwerk.

Gruß

Robert

PrittD 
Fragesteller
 18.02.2012, 18:15

Vielen Dank für die schnelle und verständliche Antwort!

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Nunuhueper  19.02.2012, 12:09
@PrittD

bobthemage, nicht Zwangsarbeit wurde das genannt, sondern es war die Auflage der staatlichen Behörden, sich in der Sozialistischen Produktion zu bewähren!

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Die Beschränkung persönlicher Freiheit und Berufswahl ist ja eine notwendige Voraussetzung für eine zentrale Planung. Die Handlungs- und Bewegungsfreiheit des Einzelnen würde in der zentral verwalteten Wirtschaft einen beträchtlichen Störfaktor bilden.

Als ich kurz nach Maos Tod an einer chinesischen Universität für Fremdsprachen lehrte, gab es infolge der großartigen Planwirtschaft offiziell noch keinerlei Arbeitslosigkeit in China, nur Leute, die, wie es hieß, auf die Zuweisung eines Postens warteten.

Den Absolventen eines Studiums wurden nach völlig undurchschaubaren Kriterien irgendwelche Stellen irgendwo in China zugewiesen. Jeder hoffte auf eine Stelle an einer Hochschule, gefürchtet waren damals Anstellungen als Fremdenführer (Trinkgeldannahme war unehrenhaft und tabu!).

Keine(r) wurde gefragt, was er/sie gerne täte oder wo er/sie gerne arbeiten würde. In 1. Linie wurde die politische Zuverlässigkeit mit nach Ansicht der die Posten vergebenden Stelle „sehr guten“ und „guten“ Posten belohnt. So geschah es oft, dass jemand als „sehr gute“ Stellung eine solche zugewiesen erhielt, die 1000e km von seinem Heimatort entfernt war, es konnte aber auch geschehen, dass ein anderer sozusagen als Bestrafung eine Stelle zu Hause bekam, weil seine ganze Provinz und daher auch sein Posten als minderwertig eingeschätzt war.

Wir erhielten damals einen rührenden Brief vom besten Absolventen des Deutsch-Studiums des vergangenen Jahres, dem eine Stelle in einer Station für Marinebiologie (!) im äußersten Nordosten Chinas zugewiesen worden war. Keinerlei Möglichkeit, deutsch zu sprechen habe er, es gebe nirgends deutsche Zeitschriften oder Bücher, er könne keinen deutschsprachigen Sender empfangen und er spüre geradezu, wie praktisch Woche für Woche seine Deutschkenntnisse abnehmen.

Was für die Universitätsabsolventen galt, galt erst recht für die Masse der Bevölkerung: Sich einen echten Berufswunsch zu erfüllen, war in jener Zeit der „Planwirtschaft“ den allerwenigsten möglich. Was damals für China zutraf, dürfte wohl in jeder "geplanten" Wirtschaft ein ähnliches, wenn auch nicht unbedingt gleich extremes Problem darstellen. In der Sowjetunion wurden wenigstens besondere Begabungen besonders gefördert bis gezüchtet, allerdings wurden dabei ja auch keine
individuellen Wünsche berücksichtigt. Geplante Zahlen müssen eben eingehalten werden

NicolasChamfort  18.02.2012, 19:34

Wenn Handlungs- und Bewegungsfreiheit darin bestehen soll, daß man ohne Arbeit auf der Straße liegt und mit seiner Familie von HartzIV leben muß, dann vielen Dank. Worin besteht der Erfolg, wenn massenhaft Leute ausgebildet werden, die dann doch nicht übernommen sondern beim Jobcenter landen? Die in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse bedürfen ständiger Vervollkommnung in der täglichen Arbeit, weil die Entwicklung nicht stehenbleibt. Und das ist dann gesichert, wenn nur so viele Leute ausgebildet werden, wie man braucht.

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Nunuhueper  19.02.2012, 12:06
@Strassenkater

Nicolas, immerhin gibt es HartzIV. Das gab es nicht in der DDR. Den Wunschberuf erst recht nicht. In der Planwirtschaft hieß es vom " Ich zum Wir", heute wird der Individualismus groß geschrieben.

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nonentity  19.02.2012, 13:46
@Nunuhueper

Als wäre HartzIV eine Errungenschaft!

HartzIV ist nichts weiter als ein Instrument der Aussonderung einer breiten Masse, die es in diesem System offenbar nicht wert sind, menschenwürdig integriert zu werden. Breite Massen von Bildung und Arbeit auszuschließen dadurch, dass ausreichende Möglichkeiten durch entsprechende Bildungs- und Arbeitsangebote nicht gewährleistet werden, war in Gesellschaftsordnungen wie dieser schon immer ein probates Mittel, "unter sich" zu bleiben und den "Bodensatz" für sich arbeiten zu lassen. Da ist man sich dann auch nicht zu schade, mit Almosen wie "HartzIV" und anderen "Hilfsmaßnahmen" den Wohltäter herauszukehren und damit noch zu prahlen.

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Also es gibt ein Beispiel wo man bestimmte wer wo arbeitet.Ein Fall ist mir bekannt der Mann war im Strafvollzug (DDR) wurde danach entlassen und sein Wohnort und Arbeitsort wurden durch die (Damals sagte man Örtliche Organe) heute würde man sagen durch die Behörde festgelegt.Oft kamen Häftlinge nach Zwei/Drittel der Haft auf Bewährung auf freien Fuß.Also-der Arbeitsplatz wurde bestimmt : Carbitofen im Bunawerk Halle /SchkopauDiese Arbeit war wirklich Mies. Auch der Wohnort wurde dementsprechend bestimmt und der Saalkreis durfte nicht verlassen werden.

Nunuhueper  19.02.2012, 12:19

Hast recht, die Ex-Knackis bekamen aber gleich eine Wohnung (neben einer Arbeit) zugewiesen, die oft besser war als die der Normalbürger. Man bemühte sich, diese Leute wieder einzugliedern, eben auch mit Druck, Obdachlose gab es nicht zu sehen.

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