Peter Singer Interessen?

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Zwar kenne ich die von dir genannte Passage aus Singers Werk nicht, doch lassen sich trotzdem zu den genannten Gedanken einige Worte sagen:

Der Begriff "Interesse" ist leider ein sehr schwammiger Ausdruck. In der Psychologie spricht man heute besser von "Motivation", worunter man einen Antriebsmechanismus aus dem Unbewussten versteht, der wirkmächtig das Handeln von Menschen und Tieren bestimmt. Motive lenken unser Empfinden, Denken und Handeln, wobei die Art und Ausprägung von Motiven sehr unterschiedlich, bisweilen auch widersprüchlich und zudem stark abhängig von physiologischem Zustand, äußeren Begleitfaktoren und der persönlichen Befindlichkeit sein können.

Ob ein Tier, dass selbstverständlich gemäß seiner Motive (hier vielleicht nur bestimmten Begehrlichkeiten) handelt, auch moralisch sein kann, ist sehr umstritten. Lediglich bei den Affen (und da speziell den Menschenaffen) gilt es als gesichert, dass sie "moralanaloges" Verhalten zeigen. So respektieren sie z.B. Besitzverhältnisse oder leisten Hilfe unter Einsatz persönlicher Nachteile oder Gefährdungen. Zweifellos hängt aber das moralische Handeln stark von der wahrnehmbaren Motivation der Artgenossen oder speziell beim Menschen sog. Kumpanen (Haustieren) ab. Damit ließe sich der erste Satz in deinen Zitaten bejahen.

Der zweite Satz ist sicher eine Selbstverständlichkeit, die nicht weiter diskutiert werden muss. Beim dritten Satz ist es jedoch klar, dass auch die Tiere, die nicht über einen dezidierten Schmerzsinn verfügen (z.B. die Insekten) selbstverständlich auch Motive für ihr Handeln haben. So etwa haben Bienen eine Fülle von Antriebsstrukturen, die sie die spezifischen Aufgaben im Bienenstock erfüllen lassen (Brutpfelege, Säuberung, Kühlung, Sammeln von Blütenstaub und Nektar).

Selbst bei Pflanzen, die über kein Nervensystem und damit sicher über keine Schmerzempfindung verfügen, kann man indirekt Mechanismen ausmachen, die nach menschlicher Interpretation ein Äquivalent zu einer Motivation zeigen. Sie "wollen" auch wachsen und gedeihen, was wir ihnen gefühlsmäßig auch zugestehen, indem wir sie in unserem Garten und im Zimmer hegen und pflegen. Allerdings ist das sicher die Übertragung unseren Bewusstseins um die Grundantriebe jedes Lebewesens auf Gedeihen und Fortbestehen, die wir in die Pflanzen hineinprojizieren.

Das grundlegende Interesse, das einem Wesen gleichwertige Berücksichtigung einräumt, ist die Fähigkeit zu "Leiden und/oder Genuss oder Glück". Singer ist der Meinung, dass die Interessen eines Wesens immer gemäß den konkreten Eigenschaften dieses Wesens gewogen werden sollten. Ethik ist durch Gründe gerechtfertigt, die über Klugheit hinausgehen und sich an "etwas Größeres als das Individuum" richten, und spricht eine größere Öffentlichkeit an. Singer glaubt, dass dieses Über-das-Individuum-Hinausgehen moralische Gründe als "irgendwie universell" kennzeichnet, insbesondere in der Aufforderung, 'deinen Nächsten zu lieben wie dich selbst', die er so interpretiert, dass man den Interessen anderer dasselbe Gewicht geben soll wie den eigenen Interessen. Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte muss man sie abwägen und die Handlungsweise wählen, die am wahrscheinlichsten ist, die Interessen der Betroffenen zu maximieren; so gelangt man zum Utilitarismus. Singers universalisierender Schritt bezieht sich auf Interessen ohne Bezug darauf, wer sie hat. Peter Singer argumentiert, dass das Vorhandensein von Interessen die Voraussetzung dafür ist, in moralischen Angelegenheiten Berücksichtigung zu finden. Weiterhin legt er dar, dass die Fähigkeit zur Empfindung die Grenze bildet. Seine Begründung lautet, dass jene, die in der Lage sind, Leid zu empfinden, auch ein Interesse daran haben, dieses Leid zu vermeiden. Allerdings drückt er nicht zwangsläufig aus, dass Personen, die keine Empfindungsfähigkeit für Leid oder Schmerz besitzen, automatisch keine Interessen haben. Vielmehr betont er die Verbindung zwischen Empfindungsfähigkeit und Interessen, indem er argumentiert, dass das Bewusstsein für Leid und die Fähigkeit, darauf zu reagieren, entscheidend für das Vorhandensein von Interessen sind.