Kennt jemand Gegenargumente für Peter Singers Thesen, die Abtreibung betreffend?

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Singer spricht einem Embryo der Personstatus ab, d.h. er argumentiert z.B. so, dass ein Embryo noch keinen Willen zum Leben hat. Da er nur schwerst geschädigte Embryonen gemäß dem Willen der Mutter/Eltern zur Abtreibung zulassen will, kann er argumentieren, dass Eltern z.B. statt des Kindes, das ein Leben lang ein schwerer Pflegefall sein wird, dann ein anderes gesundes Kind haben wollen und werden. Singer selbst ist sogar der Meinung, dass man auch ein schon geborenes Kind töten können sollte, wenn es z.B. ein stark reduziertes Gehirn hat oder einen offenen Rücken (wenn das Rückenmark nicht von den Wirbelkörpern umschlossen ist). Singer selbst hält so drastische Maßnahmen nur für allerschwerste Behinderungen für angebracht, weil er die zu erwartenden Leiden dieser Wesen für nicht hinnehmbar hält. Er weist auch auf das große Leid der Eltern hin, das diesen von der Gesellschaft auferlegt wird, wenn man die Tötung eines extrem schwer geschädigten Kindes nicht zulässt, da sie es in vielen Fällen ja oft jahrzehntelang pflegen müssten. Auch das Argument, dass der Erhalt so eines Wesens, was gegebenenfalls ständige Apparatemedizin erfordert, die Gemeinschaft der Versicherten auf lange Sicht mehrere Millionen Euro kosten würde, ist ihm wichtig. Wer hier gleich in Entrüstungsgebaren verfällt (ein Menschenleben ist nie in Geld aufzuwiegen), sollte wirklich mal ganz ruhig für sich überlegen, ob er diese Beträge für den Erhalt eines dahindämmerden Wesens ohne jede Zukunft und ohne Überlebenschance bei Nichteinsatz dauerhafter medizinischer Großgeräte wirklich fordern wollte. Da dieses Geld ja für die Behandlung der normalen Kranken nicht zur Verfügung steht, bedeutet das, dass hunderte von Leuten dann kein neues Hüftgelenk oder eine angemessene Prothese oder eine wichtige Vorsorgeuntersuchung bekommen würden. Geld kann ganz einfach nur einmal ausgegeben werden. Bilanz: Singer argumentiert aus großem Verantwortungsbewusstsein und als Humanist. Wer ihn in völlig unqualifizierter Weise als "NS-Mörder" anklagt, vergisst zudem, dass Singer Jude ist.

Singer hält diese "drastische Massnahme" also Neugeborene zu töten nicht bloss bei schwerstbehinderten Kindern für angebracht. Nach Singers Ethik ist die Tötung eines Säuglings gerechtfertigt, wenn die Beseitigung dieses Kindes einer Zahl von "Personen" (Neugeborene sind laut Singer ja keine Personen) Leid erspart. Die Tötung eines Neugeborenen "ist nicht gleichbedeutend wie die Tötung einer Person, sehr häufig sei sie überhaupt kein Unrecht."

Die Bezeichnung eines "dahindämmernden Wesens" ist meiner Meinung nach absolut inkorekt: Erstens unterscheidet Singer nicht zwischen schwerst mehrfach behinderten Menschen und beispielsweise einem Menschen mit Trisonomie 21. Zweitens stellt sich die Frage, ob nicht bereits die überlebte Geburt an und für sich ein Zeichen für den Willen eines behinderten Neugeborenen sein kann?

"Ein leben körperlichen Leidens, das nicht durch irgendeine Form von Freude oder wenigstens durch einen geringen Grad von Selbstbewusstsein gemildert wird, lohnt sich nicht." Und wer bitteschön definiert dieses "leiden"? Beispielsweise bei behinderten Menschen, welche aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht verbal oder nonverbal kommunizieren können?

Des weiteren definiert Singer, dass etwa die Tötung eines Schimpansen schlimmer ist als die Tötung eines menschlichen Wesens, welches aufgrund einer angeborenen geistigen Behinderung keine Person ist und nie eine solche sein kann." Eine solche Argumentation aus dem Mund eines verantwortungsbewussten Humanisten? Das humanistische Menschenbild "der Mensch ist im Grunde gut" macht keine Unterscheidung zwischen der Spezies Mensch und einer "Person". Es geht hier um den Menschen, und jeder Mensch hat das Recht zu leben. Was ist das für ein Mensch, der glaubt darüber bestimmen zu können, wessen Leben lebenswert ist und wessen Leben beendet werden soll?

Neugiersnase007  15.01.2017, 13:38

Mongoloide sind definitv schwerst- und meist mehrfachbehindert! Sie haben fast immer schwere Herzfehler und aufgrund ihrer genetischen Defizite eine deutlich erhöhte Neigung für z.B. Leukämie und Diabetes!!! P.S. In welcher Weise ist ein genetisch defektes Kind (Trisomie 21 ...) einem gesunden Menschenaffen überlegen????     Meiner Ansicht nach in keiner - sondern sehr weit unterlegen. !!


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Neugiersnase007  15.01.2017, 13:45

Außerdem argumentiert Prof. Singer sehr richtig und schlüssig, dass wohl jede/r Betroffene und jeder Elternteil ein gesundes Kind/Leben einem behinderten Kind/Leben vorzieht. Dadurch, dass ein behindertes Kind zur Welt gebracht wird, nimmt man (seiner brillanten Argumentation nach) einem potentiell gesunden Kind die Chance geboren zu werden. Die Eltern können ja normalerweise nach einer Abtreibung leicht noch weitere, gesunde Kinder bekommen - dennoch ist die Anzahl der Kinder pro Familie offensichtlich begrenzt. Der Nutzen des Lebens an sich ist somit für ein gesundes Kind (und für seine Eltern, und für die Gesellschaft als solche) höher als für ein krankes/behindertes.

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"Argumente" pro oder contra zu sammeln dürfte schwer sein. Natürlich gibt es weitere Ansätze und Theorien zu diesem Thema. Wenn es nicht religiös begründet sein soll wäre der Ansatz von Don Marquis evtl. interessant. Letzendlich steht und Fällt die Zustimmung/Ablehnung in Bezug aus Singers Argumentation jedoch mit der Frage ob der Fötus als Leben oder als potentielles Leben eingestuft wird. Wer z.B. sagt, dass das Leben mit der Befruchtung der Eizelle beginnt wird Singers These, dass es keinen allgemeinen Grund gibt, einem potentiellen X (hier:Leben) dieselben moralischen Rechte zuzusprechen wie einem wirklichen X ,zumindest in Bezug auf eine Abtreibung widersprechen. Aber da es keine universelle Ansicht/Beweisführung gibt wann das Leben beginnt, ist eine Falsifikation der These unmöglich.