Nicht polar Methan?

3 Antworten

Von Experte RedPanther bestätigt

Moin,

du musst hier verschiedene Dinge unterscheiden.

Auf der einen Seite hast du die Polarität der Atombindung (= Elektronenpaarbindung = kovalente Bindung). Die Atombindung zwischen zwei Atomen kommt zustande, weil (meist) beide Bindungspartner Außenelektronen bereit stellen und dann gemeinsam nutzen (du drückst das so aus: sie teilen sich ihre Außenelektronen; du solltest aber besser sagen, dass sie sich bindende Elektronenpaare teilen...).

Es entstehen auf diese Weise also bindende Elektronenpaare.

Nun kommt es aber vor, dass die beiden Bindungspartner ungleich stark das bindende Elektronenpaar zu sich heran ziehen.

Um zu schauen, welcher Bindungspartner wie stark an einem bindenden Elektronenpaar zieht, gibt es die Elektronegativität.

Die Elektronegativität ist ein relatives Maß für die Stärke, mit der ein Atomrumpf ein bindendes Elektronenpaar zu sich heran zieht.

Du bildest die Differenz zwischen dem stärker ziehenden Bindungspartner und dem schwächer ziehenden (erkennbar an den jeweiligen Elektronegativitätswerten aus dem Periodensystem der Elemente, PSE).

Liegt die Differenz zwischen 0,0 und 0,4, dann handelt es sich um eine (nahezu) unpolare Atombindung.
Liegt die Differenz zwischen 0,5 und 1,7, dann handelt es sich um eine (zunehmend stärker werdende) polare Atombindung.
Differenzen zwischen 1,8 und mehr sind eher Ionenbindungen...

Wenn nun also ein Bindungspartner wie Sauerstoff (EN: 3,5) mit zum Beispiel Wasserstoff (EN: 2,2) eine Atombindung ausbildet, dann ergibt sich als Differenz

3,5 – 2,2 = 1,3

also eine ziemlich polare Atombindung.

Das Sauerstoffatom zieht also deutlich stärker das bindende Elektronenpaar zu sich heran und dadurch vom Wasserstoffatom weg.

Elektronen sind aber negativ geladene Teilchen. Das bedeutet, dass das Sauerstoffatom zwei negative Ladungsträger näher zu sich heran zieht. Dadurch ist das bindende Elektronenpaar also eher zum Sauerstoffatom hin verschoben. Und deshalb erhält das Sauerstoffatom eine negative Teilladung (= Partialladung). Die Teilladung ist keine echte Ladung (wie die von Ionen), weil das Sauerstoffatom das bindende Elektronenpaar ja nicht ganz zu sich ziehen kann. Es ist eben „nur” eine Teilladung. Aber immerhin.

Umgekehrt werden die Bindungselektronen aber vom Wasserstoffatom weg gezogen. Die Elektronendichte um das Wasserstoffatom wird also kleiner. Dadurch erhält das Wasserstoffatom eine positive Teilladung.

Und genau solch einen Zustand bezeichnet man als polare Atombindung (ein Bindungspartner ist negativ teilgeladen, der andere positiv).

Die Polarität einer Bindung ist das eine.

Das andere ist eine Verbindung mit zwei entgegengesetzt teilgeladenen Polen (ein Dipol-Molekül; di = zwei, Pol = äußerer Rand des Moleküls). Ist eine solche Ungleichverteilung der Elektronendichte in einem Molekül immer vorhanden (und nicht nur zeitweilig), dann spricht man von einem permanenten Dipol.

Um ein permanenter Dipol sein zu können, braucht es zunächst einmal polare Atombindungen. Polare Atombindungen sind die Grundvoraussetzung dafür, ob man sich überhaupt Gedanken darüber machen muss, ob ein Molekül ein Dipolmolekül ist.

Aber dann - wenn es polare Atombindungen gibt - ist die Geometrie des Moleküls ausschlaggebend dafür, ob ein Molekül ein permanenter Dipol ist.

Nimm als Beispiele

Kohlenstoffdioxid und Wasser.

Wassermoleküle bestehen aus drei Atomen, zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom. Die EN-Differenz beträgt 1,3 (siehe oben), so dass polare Atombindungen vorliegen.
Zusätzlich ist das Wassermolekül gewinkelt gebaut. Wenn du dir das Molekül als Kugel vorstellst, entsteht auf diese Weise eine Halbkugel, die positiv teilgeladen ist (dort befinden sich die positivierten Wasserstoffatome) und eine Halbkugel, die negativ teilgeladen ist (dort ist der negativierte Sauerstoff).

Bild zum Beitrag

Wassermoleküle sind also permanente Dipole...

Auch das Kohlenstoffdioxidmolekül setzt sich aus drei Atomen zusammen, zwei Sauerstoffatomen und ein Kohlenstoffatom.
Auch hier liegen polare Atombindungen vor, weil die EN-Differenz zwischen Sauerstoff (EN: 3,5) und Kohlenstoff (EN: 2,5) immerhin noch 1,0 beträgt.

Aber! Das Kohlenstoffdioxidmolekül ist nicht gewinkelt gebaut, sondern linear.

Bild zum Beitrag

Wenn du dieses Molekül als Kugel vorstellst, hat es zwei Pole, die beide negativiert sind, während der positivierte Kohlenstoff (quasi als „Äquator”) in der Mitte sitzt. Die beiden Pole sind also nicht entgegengesetzt teilgeladen, sondern beide negativ! Keine entgegengesetzt Teilladungen, kein Dipol!

Soweit, so gut und verständlich, hoffe ich.

Kommen wir nun zum Methan.

Methan besteht aus fünf Atomen. Ein zentral gelegenes Kohlenstoffatom, das tetraedrisch von vier Wasserstoffatomen umgeben ist.

Bild zum Beitrag

Ist Methan nun ein Dipol?

Auf keinen Fall. Denn Methan erfüllt schon die erste Voraussetzung gar nicht. Die EN von Kohlenstoff liegt bei 2,5, die von Wasserstoff bei 2,2. Die Differenz ergibt gerade einmal

2,5 – 2,2 = 0,3.

Diese Differenz ist zu klein, um eine polare Atombindung abzugeben. Das kannst du dir so vorstellen, dass ein bindendes Elektronenpaar von Natur aus immer ein bisschen zwischen den verbundenen Atomrümpfen hin und her schwingt. Die daraus resultierende Elektronendichteschwankung liegt zwischen 0,0 und 0,4. Und das ist dann auch genau die Größenordnung, in der die EN-Differenz zwischen Kohlenstoff und Wasserstoff liegt.

Keine polare Atombindung, kein Dipol.

Aber stellen wir uns mal ein verwandtes Molekül vor: Tetrafluorkohlenstoff:

Bild zum Beitrag

Hier sind die vier Wasserstoffatome durch jeweils ein Fluoratom (grün) ersetzt. Wäre das ein Dipol?

Auch nein. Hier beträgt die EN-Differenz zwar

4,0 – 2,5 = 1,5

und ergibt somit relativ stark polare Atombindungen (was ja die erste Voraussetzung ist, um sich überhaupt darüber Gedanken machen zu können, ob es ein Dipol sein könnte).

Aber selbst mit den polaren Atombindungen liegt kein Dipol vor, weil die tetraedrische Molekülgeometrie dies verhindert. Denn wenn du dir Tetrafluormethan als kugeliges Molekül vorstellen würdest, dann hätte es eine „Hülle” von vier negativ teilgeladenen Fluoratomen und im Zentrum ein positiv teilgeladenes Kohlenstoffatom.
Da alle außen liegenden Fluoratom(pole) die gleiche Teilladung haben, liegt kein Dipolmolekül vor.

Du siehst, in erster Linie musst du schauen, ob eine Atombindung unpolar oder polar ist. Aber wenn sie polar ist, musst du auch noch nach der Geometrie des Moleküls schauen.

Zum Schluss schauen wir uns noch ein Beispiel an. Wie sieht es mit Difluormethan aus?

Bild zum Beitrag

Im Difluormethan sind zwei Bindungspartner vom zentral gelegenden Kohlenstoff Wasserstoff (weiße Kugeln) und zwei sind Fluoratome (grüne Kugeln).

Die EN-Differenz zwischen C und H beträgt immer noch 0,3, die zwischen F und C immer noch 1,5.

Aber wenn du dir dieses Molekül als Kugel vorstellst, hast du plötzlich eine Halbkugel mit einer negativen Teilladung (hier liegen die beiden Fluoratome), während die andere Halbkugel minimal positiviert ist (hier liegen die Wasserstoffatome).

Da die Pole also unterschiedlich teilgeladen sind, ist Difluormethan ein Dipolmolekül. Allerdings ist sein Dipolmoment kleiner als das von Wasser, weil die beiden Wasserstoffatome praktisch nicht wirklich positiviert sind...

Alles klar, jetzt?

LG von der Waterkant

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Halloolll537 
Fragesteller
 07.05.2024, 23:28

Wow wow wow tolle Erklärung 👏

Ich danke ihnen vielmals für ihre Erklärung.

Liebe Grüße

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Du bringst einige Dinge durcheinander, die nichts miteinander zu tun haben.

Kovalente Bindungen (dir du richtig beschrieben hast) sind nicht per se polar oder unpolar.

Und die Symmetrie eines Moleküls hat auch nicht unbedingt was mit Polarität zu tun; du findest z.B. sicherlich eine Symmetrieachse im H2O, aber das ist eindeutig ein polares Molekül. Während man wild verzweigte komplexe Kohlenwasserstoffe beim besten Willen nicht als symmetrisch bezeichnen kann, diese aber weiterhin unpolar sind.

Nein, polar ist eine Bindung dann, wenn zwei Atome deutlich unterschiedlicher Elektronegativität aneinander gebunden sind. Je nach Lehrer und Chemiebuch ab einer EN-Differenz von ca. 0,3-0,4. Die EN von C ist 2,55 und die von H ist 2,2; das wird üblicherweise als unpolare Bindung angesehen. Eigentlich der Klassiker unter den unpolaren Bindungen. Bindungen zwischen gleichartigen Atomen können damit automatisch nicht polar sein.

Polarität ist kein "ja oder nein", sondern sie kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Eine O-H-Bindung ist stärker polar als eine N-H-Bindung, die EN-Differez ist größer.

So, und nun kann man etwas "rauszoomen" und statt der einzelnen Bindung das ganze Molekül betrachten. Inwiefern die polaren Bindungen das gesamte Molekül charakterisieren: Eine einzelne polare Stelle an einem riesengroßen unpolaren Molekül ist ziemlich irrelevant (z.B. Decanol). Eine einzelne polare Stelle an einem Molekül mit kleinem unpolarem Rest ist dagegen ziemlich relevant (z.B. Methanol). Wenn die Polarität mehrerer Bindungen wenigstens halbwegs in die gleiche Richtung zeigt (Beispiel H2O), addieren sich die Polaritäten beider Bindungen zu einem stärkeren molekularen Dipolmoment; wenn die Polaritäten mehrerer Bindungen in entgegen gesetzter Richtung gehen, können sie sich gegenseitig aufheben (Beispiel CO2).

Um die Polarität eines Moleküls zu beurteilen, muss man es also in seiner Gesamtheit betrachten, welche polaren Bindungen es daran gibt und wie sie zusammenhängen.

Ich habe erfahren das Methan nicht polar ist und eine Kovalente Bindung eingeht.

Richtig, Methan ist unpolar. Nur C-H-Bindungen.

Aber: Methan hat kovalente Bindungen, bzw. besteht daraus. Nämlich denen zwischen dem C-Atom und den H-Atomen.

Dass Methan kovalente Bindungen eingeht, ist in etwa so richtig wie die Behauptung, dass sich Schiffe zusammenschweißen um Stahlplatten zu ergeben.

Halloolll537 
Fragesteller
 07.05.2024, 20:05

Danke sehr verständliche Erklärung

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Hey,

Die Polarität kommt durch verschiedene Partialladungen im Molekül zustande. Das heißt das manche Atome positiv und manche negativ geladen sind. Wenn die Atome unterschiedlich geladen sind, spricht man von einer polare Atombindung.

Wenn die Ladung sich jedoch kaum voneinander unterscheidet und nahezu gleich ist, ist das Molekül unpolar.

Methan ist in dem Fall unpolar.

Halloolll537 
Fragesteller
 07.05.2024, 19:32

Hat es also nichts mit der Symmetrie oder elektronegativtität zu tun ? Ich habe jetzt vieles verschiedenes gehört

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Springheart  07.05.2024, 19:35
@Halloolll537

Von der Symmetrie habe ich nichts gehört im Bezug auf die Polarität. Die Elektronegativität ist eigentlich mit der Partialladung verknüpft. Je größer der Unterschied bei der Elektronegativität ist, desto mehr Einfluss hat es auf die Partialladung (erhöht sich)

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Springheart  07.05.2024, 19:36
@Springheart

Also der Unterschied ins negative oder positive bei der Partialladung wird stärker je nachdem, was die Elektronegativität Differenz aussagt und wie sehr sich die Ladung der Atome unterscheiden.

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RedPanther  07.05.2024, 20:00
@Springheart
Von der Symmetrie habe ich nichts gehört im Bezug auf die Polarität.

Solltest du nachholen, denn die Symmetrie ist der Grund, weshalb CO2 unpolar ist, obwohl alle enthaltenen Atombindungen polar sind ;)

Allgemein: Du solltest differenzieren zwischen der Betrachtung der einzelnen Bindung und der Betrachtung des ganzen Moleküls.

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Halloolll537 
Fragesteller
 07.05.2024, 20:12
@RedPanther

also soll ich morgen sagen das man sich das ganze Molekül ansieht und dann entscheidet ob es polar ist ?

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RedPanther  07.05.2024, 20:29
@Halloolll537

Ich habe in dem Kommentar nicht auf dich geantwortet ;)

Eine ausführliche Antwort habe ich oben geschrieben. Darüber solltest du noch gründlich nachdenken, selbst ins Lehrbuch und ins Internet schauen und die Sache dann in eigenen Worten formulieren.

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Springheart  07.05.2024, 23:30
@RedPanther

Okay, gut zu wissen. Haben wir aber noch nie im Unterricht behandelt. Bin gerade auch in der 10. Klasse und habe noch nichts im Unterricht dazu erfahren. Aber trotzdem Danke für den Hinweis! 😊

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