Lichtgeschwindigkeit und Spiegel?

8 Antworten

Stellt euch mal vor man ist so schnell wie Lichtgeschwindigkeit und noch eine Sekunde schneller.

Eine Sekunde ist keine Geschwindigkeits-Maßeinheit. Dies ist der Meter pro Sekunde oder der Kilometer pro Sekunde.

Zudem stellt sich hier sofort die Frage: Relativ zu was eigentlich?

Eine Größe wie die Masse (genauer: Eigenmasse) ist absolut, d.h., Du kannst von einem Bierkasten sagen, er habe (voll) eine Masse von 20kg. Punkt.

Position oder Geschwindigkeit sind hingegen relativ, d.h., Du brauchst ein Bezugsobjekt oder zumindest einen Bezugspunkt bzw. ein Bezugssystem.

Wenn der Bierkasten im Kofferraum von Holgers Auto ist und der gerade mit 54km/h in Nord-Süd-Richtung (Richtung ist für Geschwindigkeit wesentlich) unterwegs ist, bezieht sich das natürlich auf die Erde, die dann aber eben ein Bezugsobjekt darstellt.

Eine Möglichkeit: Licht im Medium

Wärest Du zum Beispiel ein Beta-Teilchen, also ein schnelles Elektron, das beim radioaktiven Zerfall frei wird, und würdest Dich durch das Wasser eines Kernreaktors bewegen, so wärest Du (mit ausreichend hoher Energie) schneller als das Licht - relativ zum Wasser. Elektronen haben allerdings keine Spiegel, in die sie schauen oder die sie mitführen könnten. Hypothetisch könnten sie sich dann aber nicht im Spiegel sehen. Zugleich aber erzeugen sie ein unheimliches blaues Leuchten, die Tscherenkow-Strahlung. Das ist quasi das optische Pendant eines Überschallknalls.

Diese Elektronen sind aber nur schneller als die Phasengeschwindigkeit des Lichts im Wasser, keinesfalls schneller als die Lichtgeschwindigkeit c.

Darauf kommen wir noch zurück, wenn wir mit der Speziellen Relativitätstheorie darauf stoßen, dass bzw. warum Überlichtgeschwindigkeit für Objekte oder Beobachter unmöglich ist.

Galileis Relativitätsprinzip

Nun wissen wir spätestens seit Kopernikus, dass die Erde nicht still steht.  Warum wir das so lange glauben konnten, erklärt uns Galilei: Ein Beobachter B und ein anderer Beobachter B', der sich mit einer konstanten Geschwindigkeit |v› relativ zu B bewegt, stellen dieselben Naturgesetze fest.

Man kann also ebensogut sagen, dass B' ruht und sich B mit –|v› bewegt.

Das heißt aber auch: B' stellt nichts Ungewöhnliches fest solange er nicht nach draußen blickt und sieht, dass sich die meisten Objekte in dieselbe Richtung bewegen. Er kann sich im Spiegel betrachten, solange er lustig ist.

Maxwell und die Relativitätstheorie

Licht besteht aus elektromagnetischen Wellen. Die Gleichung dafür folgt direkt aus den Maxwell'schen Gleichungen, die Naturgesetze sind, und damit ist auch die Wellengleichung ein Naturgesetz. Sie sollte also dem Relativitätsprinzip unterliegen.

Das bedeutet, dass die Lichtgeschwindigkeit oder besser das Licht-Tempo c relativ zu jedem Beobachter gleich ist, d.h. jeder kann sich als ruhend betrachten und feststellen, dass sich Licht relativ zu ihm mit c bewegt.

Durch ein Gedankenexperiment kann man daraus schließen, dass die Koordinatenzeit t von B und t' von B' unterschiedlich sein müssen; man sagt gern stark verkürzt „bewegte Uhren gehen langsamer“.

Tatsächlich geht jede der beiden Uhren von B und B' in Bezug auf die jeweils andere langsamer. Das scheint auf den ersten Blick paradox, ist es aber nicht, denn t' muss nicht nur von t, sondern auch von x abhängen, wobei mit x die Bewegungsrichtung gemeint ist. Dargestellt habe ich das im Schaubild.

Das hat nichts damit zu tun, was man sieht. Sich voneinander entfernende Beobachter sehen einander rotverschoben und in Zeitlupe, sich einander nähernde blauverschoben und im Zeitraffer.

Das „Langsamergehen“ ist ein Nebeneffekt der Relativität der Gleichzeitigkeit. Ob Du zwei Ereignisse als gleichzeitig interpretierst, die Du gleichzeitig siehst, hängt davon ab, welchen Bewegungszustand Du Dir selbst zuschreibst.

Angenommen, Du kommst mit einem Raumschiff an drei Raumstationen in jeweils gleichem Abstand vorbei. In dem Augenblick, in dem Du S2 passierst, bekommst Du ein Signal von den beiden anderen.

Wenn Du die Stationen als ruhend und Dich als bewegt interpretierst, wirst Du feststellen, dass beide Signale auch gleichzeitig abgeschickt wurden. Durch Aberration sieht übrigens S3 weiter entfernt aus als S1, ihr Licht ist allerdings intensiver.

Siehst Du jedoch Dich als ruhend an, kommt S3 auf Dich zu und S1 entfernt sich von Dir. S3 war beim Aussenden also weiter entfernt, S1 näher, und deshalb  muss S3 früher gesendet haben als S1 und war auch weiter entfernt. Die Aberration deutest Du damit zum Retardierungseffekt um.

Raumzeitlicher Abstand

Es ist zweckmäßig, die Zeit (mal c) und den Raum zur Raumzeit zusammenzufassen. Dies beschrieb erstmals Einsteins Lehrer Hermann Minkowski

Unabhängig vom Bezugssystem ist Minkowskis Abstandsquadrat

(1) (cΔτ)² := (cΔt)² – (Δx²+Δy²+Δz²) ≡ (cΔt')² – (Δx'²+Δy'²+Δz'²)

zwischen zwei Ereignissen. Sollte (1) positiv sein, heißt Δτ auch die Eigenzeit. Sie würde von einem Beobachter gemessen, für den beide Ereignisse am selben Ort sind.

In diesem Fall spricht man man von zeitartig getrennten Ereignissen. Was in einem Bezugssystem zeitartig ist, ist dies in allen, also ist auch ein Objekt, das in einem Bezugssystem langsamer als c ist, in allen langsamer als c.

Wegen des 

Bei zwei Ereignissen, für die (1) den Wert 0 liefert, heißt der Abstand lichtartig, denn das frühere/spätere Ereignis könnte die Aussendung/der Empfang eines Licht- oder Funksignals sein.

Liefert (1) einen negativen Wert, heißen die Ereignisse raumartig getrennt, und cΔτ ist imaginär. Was in einem Bezugssystem raumartig ist, ist es in allen.

Zwei derartige Ereignisse haben keine zeitliche Ordnung, welches früher und welches später ist, hängt vom Bezugssystem ab. Nichts, was gleichsam eine innere Uhr, ein eigenes 'Früher' oder 'Später' hat, kann sich mit c oder mehr fortbewegen.

Rapidität

Die eigentliche dynamische Größe ist in der Relativitätstheorie nicht die Geschwindigkeit bzw. das Tempo v, sonden die Rapidität ς, deren Tangens Hyperbolicus v/c ist und die ich im Schaubild eingezeichnet habe. Sie ist in der Raumzeit das, was ein Winkel im Raum ist.

Sie kann beliebig groß werden und ist für Licht unendlich. Ein wie auch immer geartetes Objekt kann aber relativ zu einem anderen nur endliche Rapiditäten haben und schon deshalb niemals c überschreiten.

Minkowski-Diagramme zu verschiedenen Koordinatensystemen - (Physik, Wissenschaft, Geschwindigkeit)
jvstsayyes 
Fragesteller
 02.08.2017, 16:31

mal von der realität abgesehen

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SlowPhil  02.08.2017, 19:52
@jvstsayyes

Ich habe ja in der Idee, Du bewegst Dich als Elektron durch's Wasser und versuchst Dich dabei im Spiegel zu betrachten. Das würde Dir nicht gelingen, weil das Licht von Deinem Gesicht den Spiegel nicht erreicht.

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prohaska2  03.08.2017, 21:45

Warst gerade unterausgelastet, gell?

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Ja da man dann in die Zukunft reisen würdest und das Spiegelbild schon wieder weg wäre und das das dann zutrifft zu sehen ist aber man würde sich sehen

So viele theoretische antworten.REIN THEORETISCH kommt es auch noch drauf an, ob du in einen Vorderflächen verspiegelten oder Rückflächenverspiegelten Spiegel schaust. Bei Rück.verspiegelten Spiegel kommt uns das Trägermaterial (meistens Glas) in Weg. Heisst das Licht wird langsamer zurückgeworfen als es in den Spiegel hineinkommt da es 2 mal durch eine optische Fläche geht. (Planparallele Platte, bsp kronglas n= 1.52)Somit müsstest du dich nur in Lichtgeschwindigkeit (300 000 000 m/s) bewegen.

Deine Annahme ist unvereinbar mit anerkannten Gesetzen der Physik. Unter den Voraussetzungen gibts keine wissenschaftlich korrekte Antwort.

Du hältst den Spiegel ja vor dir, also würde er sich mit der gleichen Geschwindigkeit wie du fortbewegen, im Prinzip immer an der gleichen Position vor dir. Also würdest du dich sehr wohl sehen, da ihr beiden (Spiegel und du) keine "Beobachter" seid, die sich relativ zueinander bewegen. 

Das mit der Sekunde schneller macht leider keinen Sinn, da sich Materie nicht schneller (im Prinzip nicht mal genau so schnell) wie Licht bewegen kann und es macht trotzdem keinen Unterschied, wenn du den Spiegel sowieso vor dir hältst. So ist er ja quasi ein "Teil" von dir.

LG

jvstsayyes 
Fragesteller
 02.08.2017, 04:00

aber ich kann mich ja nicht sehen weil ich den spiegel vor mir halte und ich so schnell wie das licht bin

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xFeatchx  02.08.2017, 04:11
@jvstsayyes

Doch, ich denke schon. Da ihr beide euch mit der gleichen Geschwindigkeit bewegt, ist es ja so, als ob ihr zueinander stehen würdet, also euch nicht bewegt. Das Licht zwischen euch, das im Spiegel die Reflexion erzeugt, kann nach wie vor zwischen euch hin und her "gehen", da ihr euch relativ zu diesem Licht so bewegt, als ob ihr stehen würdet. 

Das ist natürlich auch nur Laien-Wissen, jedoch sollte es so mit der Relativitätstheorie vereinbar sein. Du kannst dir vielleicht mal ein Video/Vorlesung zur groben Theorie anschauen, dann verstehst du meinen Gedankengang vielleicht besser. 

(Ich gehe sowieso davon aus, dass in den nächsten Stunden ein Physiker vorbeikommen wird, der uns alle aufklärt ^.^)

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cephalon116  02.08.2017, 06:47
@jvstsayyes

Doch so wie XFeatchx schreib, würdest du dich sehen.

Nach deiner Argumentation, könntest du dich dann selbser auch nicht sehen, bzw alles was vor deinem Auge ist. Wenn du zB.deine Hand vor dein Gesicht hälst, könntest du sie dann auch nicht sehen. Im Endeffekt ist das ja alles reflektiertes Licht, was auf deine Augen trifft.

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xFeatchx  02.08.2017, 21:12
@cephalon116

Genau. Der Spiegel zählt ja wie ein Teil von dir, im Prinzip dürftest du dann gar nichts mehr sehen. 

Im Prinzip würdest du auch gar nichts mehr sehen, wenn man es ganz genau nimmt, denn bei Reisen mit Lichtgeschwindigkeit würde eine extreme Blauverschiebung auftreten, wodurch man es nur noch mit Gammaquanten zu tun hat -> du siehst gar nichts im Allgemeinen. Aber wenn du diesen Faktor außer Acht lässt, dann sollte es wie geschrieben funktionieren.

Es gibt ein vergleichbares Experiment, bei dem ein Zug mit Lichtgeschwindigkeit fährt. Auf diesem Zug fährt wiederum ein Fahrrad in Fahrtrichtung mit 30 km/h. Nun ist die Frage, fährt das Fahrrad für einen sich nicht bewegenden Beobachter mit Überlichtgeschwindigkeit?

Antwort: Nein, denn bei Lichtgeschwindigkeit würden Objekte im Auge eines sich relativ zu diesem Objekt bewegenden Beobachter stehen bleiben. Der Zug steht also für einen Beobachter außerhalb, wodurch das Fahrrad sich auch nicht bewegt. Ergo keine Überlichtgeschwindigkeit möglich! 

Das kann man tatsächlich auf deine Frage gut ableiten und so kann man es sich erklären. Natürlich fehlen wichtige Details, etc.

LG

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