Leiden Christentum und Buddhismus?

4 Antworten

Beide Religionen streben die vollkommene Beendigung des Leides an:

Der Buddhismus hält die Überwindung des Leides in diesem Leben für potenziell möglich & knüpft diesen an einen höheren Geisteszustand, im Sanskrit Nirwana, im Pali Nibbana genannt. Um diesen Geisteszustand zu erreichen muss die betreffende Person eine manifeste Moral entwickeln.

Auch im Christentum ist die Moral für die Beendigung des Leides von Bedeutung. Allerdings nicht, weil sie für einen höheren Geisteszustand notwendig ist, sondern um der Gottheit Jahwe zu gefallen. Diese Gottheit lässt einem nach dem irdischen Tod wieder in einer apokalyptischen Welt auferstehen, wo das Leiden nicht mehr existiert. Dafür ist zudem noch die Verehrung dieses Gottes & seines Sohnes Jesus Christus notwendig.

Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Religionen ist, dass sie sich mit der Quelle des Leides auseinandersetzen. Allerdings kommen beide zu komplett unterschiedlichen Ergebnissen:

Nach buddhistischer Weltsicht ist Leid in den sogenannten drei Geistesgiften begründet: Widerstand (Pali: Dosa; Sanskrit: Dvesa), Anhaftung (Pali: lobha) & Verblendung (Pali: moha; Sanskrit: avidija). Diese durch richtige Erkenntnis zu überwinden, was letztendlich in der Meditation geschieht, ist nötig um das Leid zu beenden. Einen zeitlichen oder örtlichen Ursprung der Geistesgifte definiert der Buddhismus nicht, da es nicht relevant ist bzw. so erachtet wird.

Im Christentum hingegen ist der Ursprung des Leides an ein mythologisches/historisches Ereignis gebunden. Durch die erste von einem Menschen begangene Sünde, dem sogenannten Sündenfall, kam das Leid in die Welt. Der Zustand der Sünde war von da ab an manifester Teil der Welt, weshalb alle zukünftigen Menschen & Tiere leiden mussten. Das ganze kann man in der Bibel in Genesis 3 nachlesen.

Woher ich das weiß:Hobby – aktiv praktizierender Buddhist & belesen

Der Buddhismus ist eine Selbsterlösungsreligion - ohne einen persönlichen Gott. Im Christentum kann der Mensch als Geschöpf sich nicht selbst erlösen, die Erlösung kann nur von Gott kommen.

Für Buddha war Leid ein natürlicher Teil des Lebens, bedingt durch in vorherigen Leben begangene Vergehen. Durch die Idee vom Karma mit der Befolgung bestimmter Regeln gelingt es, über mehrere Wiedergeburten sich aus dem Kreislauf des Lebens und allen damit verbundenen Leides zu lösen und irgendwann das sog. "Nirvana" zu verwirklichen. Der Weg zur Aufhebung des Leidens ist beim Buddhismus der achtfache Pfad: rechte Einsicht in das, was heilsam und was unheilsam ist; rechte Entschlossenheit zu Entsagung und Wohlwollen; rechte Sprache heilsamer Worte; rechtes Verhalten und rechter Lebensunterhalt, die keinem Lebewesen schaden; rechte Anstrengung zur Erzeugung heilsamer Geistesinhalte; rechte Achtsamkeit für ein bewusstes Tun; rechte Meditation.

Im Christentum wird das Leid mit der Existenz Satans und daher auch mit dem Bösen in Menschen begründet. Das Leiden Christi, also die Passion und der Kreuzestod Jesu, bilden für die Erlösung im Christentum eine wesentliche Voraussetzung. Im Christentum ist die Ursünde von Adam und Eva der Grund für das Leiden. Gebet und Ergebung in das Leid bedeuten weder passives Erdulden noch blinde Unterwerfung. Die aktive Teilnahme wird getragen von der Hoffnung, jederzeit durch Gottes Hände aufgefangen zu werden und im ewigen Leben bei Gott das Ende jeglichen Leidens zu erwarten. Es ist die Einwilligung in den Willen Gottes, der für seine Schöpfung einzig das Gute anstrebt. Diese radikale Annahme des Leidens vermag den Leidenden zu verwandeln und näher zu Gott bringen.

Gemeinsamkeit bei Christentum und Buddhismus liegt in dem Bestreben des friedlichen Zusammenlebens aller Geschöpfe, der Wille, dem anderen kein Leid zuzufügen, Achtsamkeit usw.

Die Unterschiede liegen darin, dass der Buddhismus dieses Ziel des völligen "Gut-Seins" nur in Wiedergeburten erreicht, um sich immer mehr zu verbessern, bis keine Steigerungen mehr möglich sind. Im Christentum gibt es nur ein Leben und danach keine Möglichkeit mehr, etwas an seinem Zustand zu ändern. Der Himmel als vollkommenes Glück wird dann erreicht, wenn wir unser Leben Jesus Christus übergeben und uns von seiner Gnade führen lassen. Die selbsterlösenden Anstrengungen in Karma und Wiedergeburt entfallen.

M.W. ist das Grundverständnis des Buddhismus, dass Leiden

a) unvermeidlich mit der Existenz lebender Wesen verbunden ist (da biologisch bedingt: Geburt, Krankheit, Alter und Tod

b) Zusätzlich durch Anhaftungen an Dinge außerhalb unseres Selbst sowie durch die 3 Gifte Gier, Hass, Verblendung (Dummheit) verursacht wird.

a) ist unvermeidbar, b) lässt sich durch das "Erwachen zur WAhrheit" oder "Öffnen der Buddhaschaft überwinden.

Im Christentum - zumindest im "modernen" wird Leiden als jegliche Form der "Ferne von Gott" gesehen (während es früher die "Sünde" war - und für manche heute noch ist)

Das Christentum ist eigentlich eine Religion des Leidens. Das Leiden wird zu gewissen teilen glorifiziert, im Buddhismus wird das Leiden nicht so verherrlicht.