Kampfsport sinnlos für Straßenkampf?

9 Antworten

Ein Jahr beim Wing Tsun ist sehr, sehr kurz. Wenn Wing Tsun vernünftig gelehrt wird, wird dem Schüler ein praxisorientiertes Konzept vermittelt, dass GERADE für die Straße taugt. Es gibt dort nichts, was nur aus Tradition gelehrt wird.

Schon den Anfängern im Wing Tsun sollte vermittelt werden, des es ein Konzept zu erfassen gilt, keine "Techniken". Das ist bei Dir anscheinend leider (noch?) nicht geschehen.

In der EWTO beispielsweise wird dem Schüler auf allen Schülergraden noch kein Konzept an die Hand gegeben. Vielmehr fehlt ein Großteil des notwendigen Stoffes, wie z.B. die Schrittarbeit, welche erst mit der Holzpuppe vernünftig gelehrt wird. Also falls Du dort warst, dann schätze ich, bist Du maximal bis zum 4. Schülergrad gekommen - also Du kennst noch gar nichts vom Wing Tsun, geschweige denn, die dynamische Anwendung des Konzeptes.

Ja, Selbstverteidigung hat viel mit Psyche zu tun und anständige Wing Tsun Schulen machen auch viel (ernsthaftes) Situationstraining, wo viel gesprochen wird und sehr viel Wert darauf gelegt wird, gefährliche Situationen im Ansatz bereits zu erkennen (Videoanalyse) und zu vermeiden. Das macht leider nicht jede Wing Tsun Schule. Es ist trainer- und verbandsabhängig, wie in welcher Schule trainiert wird und was genau unterrichtet wird.

Im Boxen lernst Du auch einiges Brauchbares für die Straße, z.B. gute Körperarbeit und vernünftige Schläge und Streßresistenz, weil im Ring immer Streß aufkommt. Aber Boxen ist ein Sport. Selbstverteidigung hat er sich nicht auf die Fahne geschrieben, sondern eher Fairness und Sportlichkeit. Weglaufen, wie bei erfolgreicher SV oft notwendig, ist dort "verpönt".

In der Psychiatrie (arbeitest Du dort?) darf man natürlich keine Patienten ausnocken. Da sollte es (Sicherheits-) Konzepte geben, z.B. dass man mit solchen Patienten nie alleine ist. Das sind die einzigen Leute, denen man nicht ansieht, wann sie explodieren. Es kann tatsächlich aus dem Nichts heraus passieren. Mein letzter Wing Tsun Trainer arbeitet mal dort als Sicherheitsfachkraft. Aber wie gesagt, das sind Spezialfälle, auf die normalerweise keine Kampfkunst und kein SV-Training eingeht. Mein Trainer unterrichtete Personal von dort und gab ihnen wohl spezielle Anweisungen mit auf den Weg.

Mir also Normalo sind diese Konzepte völlig egal, weil ich dort nicht arbeite, und ich SV-Konzepte als Team nirgendwo sonst gebrauchen kann. Ich bin ja nicht immer mit denselben geschulten Leuten unterwegs, auf die ich mich verlassen kann.

Aggressionspotential...ja, Du musst explodieren können...aber überlegt und nicht kopflos. Ich denke, das ist tatsächlich viel Charaktersache. Ob man das lernen kann, wenn man vom Typ her immer auf Rückzug ist, keine Körperspannung hat und auch keinen Willen etwas durchzuziehen - ich weiß nicht. Es gibt Methoden, die Selbstsicherheit eines Menschen zu steigern, aber irgendwo muss der Mensch charakterlich auch "Biss" haben, sonst sind die Erfolge...mäßig.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Corum1919  19.12.2018, 08:59

Wing Chun ist Aber auf der Straße nutzlos wenn der andere ein ordentlicher boxer ist und boxstellung steht

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Shiranam  19.12.2018, 10:52
@Corum1919

Nein ;)

Ein echter Schläger/ Angreifer BEWEGT sich. Der steht doch nicht in irgendeiner "Stellung". Wenn der Boxer nur in seiner Stellung "steht", dann gehe ich einfach weg. Fertig. Niemand wurde verletzt.

Es geht hier um Selbstverteidigung, nicht um ein Duell im Ring!

Und bevor Du fragst: Körperlich kämpfen kann man mit Wing Chun natürlich auch, wenn es für die SV notwendig ist.

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Boxen ist ein Spiel und Wing Tsun ist mehr Ästhetik als Kampfkunst. Was sich tatsächlich etwas bringt sind Kampfsportarten wie Judo oder Aikido gerade in der Stadt, weil man mit dem Asphalt und Beton der Straßen, Wege und Gebüde eine gewaltige Waffe in diesen Kampfkünsten erhält.

Aber du hast natürlich Recht, die Psyche spielt eine große Rolle bei der Selbstverteidigung.

In meinem Karate-Verein wurde diesbezüglich immer eine kleine Geschichte erzählt, von einer Frau die vergewaltigt wurde und dann Karate lernte bis sie den schwarzen Gürtel erhielt. Dann wurde sie erneut vergewaltigt, weil sie sich nicht getraut hat das was sie gelernt hatte auch anzuwenden.

Shiranam  14.12.2018, 21:01

 "Wing Tsun ist mehr Ästhetik als Kampfkunst"

Nein, natürlich nicht. Es beim Wing Tsun nicht um Ästhetik.

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Andrastor  14.12.2018, 21:06
@Shiranam

Was ich bisher davon kennengelernt habe, hat mich zu dem Schluss geführt dass es als Kampfsport reichlich uneffektiv ist.

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Shiranam  15.12.2018, 08:55
@Andrastor

Ich habe es anders kennengelernt. Ich gebe dir recht, dass sehr viele Wing Tsun Schulen nicht gut unterrichten, erst recht die des größten europäischen Wing Tsun Verbandes. Ich habe Schulen gesehen, da gibt es sogar kleine Altäre und Schulen erlebt, da würde der Sifu aus übertriebenem Respekt nie um eine Beurteilung/ Korrektur gebeten. Mein eigener Ex-Sifu hielt es für angebracht, sich wärend der Unterrichtszeit hauptsächlich im Büro oder draußen im Hausflur aufzuhalten.

Ich habe WT-Lehrer kennengelernt, denen ging es immer nur um Harmonie, harmonische Bewegungen und Situationstraining mit lauen Pöbelleien war dort verpönt. Das meiste Videomaterial über Wing Tsun ist Mist. Die Leute laufen stocksteif mit Kettenfausschlägen in die Luft aufeinander zum Duell zu. Sie haben das Konzept der Kettenfausschläge gar nicht verstanden, geschweige denn die Magnetzonentheorie.

Aber es geht eben auch anders. Ich war später in einer kleinen, verbandslosen Schule. Dort wurde so unterrichtet, dass es wirklich Sinn machte. Es wurde das Konzept des Wing Tsun vermittelt, die Theorien und die Substanz. Wing Tsun ist beispielsweise nicht nur ChiSao mit harmonisch runden Bewegungen. ChiSao ist eine effektive Körperschulung, aber eben kein Kampf. ChiSao macht alles runder aber "Sektionen" oder ChiSao Bewegungen wird man im Kampf nicht sehen. Wenn dann auch noch die Kettenfausstöße fehlen, sondern das Prinzip mit anderen kettenartige Bewegungen und davon auch nicht mehr als maximal drei, vorkommen, sagen die Leute: "Ja, aber der macht ja überhaupt kein Wing Tsun."

Was ich nur sagen will, es wird sehr viel Müll gezeigt und unterrichtet, aber dafür kann die Kampfkunst selbst nichts. Es geht auch anders.

Achja, und es ist natürlich kein SPORT und nicht für einen fairen Duellkampf.

Es ist Selbstverteidigung.

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Corum1919  19.12.2018, 09:01

Boxen ist ein Spiel aber Judo bringt sehr viel im Straßen Kampf alles klar hahaha

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Andrastor  19.12.2018, 09:21
@Corum1919

Jup. Beim boxen gibt es zu viele Regeln, die Verteidigung funktioniert ohne Handschuhe nicht, man darf den unterkörpet nicht verwenden etc.etc. Beim Judo gibt es solche regeln nicht. Der ganze Körper wird eingesetzt, die Kleidung die man im Alltag trägt, kommt dem judoka zugute, beton und Asphalt verstärken jeden Wurf um ein vielfaches etc.etc.

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Also ich arbeite im Secutity Bereich und habe oft festgestlellt, dass Boxen, Thaiboxen und MMA gut funktionert. Mit irgendwelchen komplizierten Selbstverteidigungs"sport"arten, wo meistens unrealistisch trainiert und nie richtig gekämpft wird, hat man eher schlechte Karten.

mrdanny955 
Fragesteller
 14.12.2018, 17:07

Aber man kann sich doch sicherlich auch ohne Kampfsporterfahrungen verteidigen, wenn man genug Aggressionspotenzial hat

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DenisR2D2  14.12.2018, 17:14
@mrdanny955

Selbstverständlich. Kommt immer auf die Situation an. Mit einem guten Kampfsporttraining hast du bessere Karten, aber natürlch auch keine Garantie. In der Selbstverteidigung ist natürlch auch ein Pfefferspray oder ein Knüppel sowieso besser, als sich rumzuschlagen. Kommt halt immer drauf an.

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naja Wing Tsun ist nu auch nicht gerade sehr effektiv und Boxen hast du einfach zu wenig Erfahrung. Ganz davon abgesehen, wenn plötzlich von hinten ein Messer kommt oder jemand ins Kreuz springt dann können sich auch Profis nur noch schwer verteidigen.

  • Ja, du hast überwiegend recht.
  • Alle Kampfsportarten, die Regeln und Traditionen haben, sind für Straßenkampf ungeeignet. Straßenkampf ist nicht fair, ist nicht reglementiert und gewinnen tut der, der unerwartet, brutal, unfair kämpft. Das widerspricht sich quasi mit den Lehren der üblichen Kampfsportarten.
  • Als Ausnahme würde ich Kravmaga sehen. Hier gibt es keine Regeln, keine esoterischen Konzepte, keine Ästhetik, sondern es geht ums Verteidigen und Außergefechtsetzen. Wenn es dir wirklich um Überleben geht, dann ist das die richtige Methode.