Ist man erst mit einem Master ein Experte?

13 Antworten

Das hängt stark vom Status des "Experten" ab. Im herkömmlichen Sinne erlangt man z.B. in den Naturwissenschaften (Medizin, Physik, Chemie ... etc.) erst mit der Promotion eine Art Experten-Status. Für diese (also umgangssprachlich: den Doktor-"Titel") hat man i.d.R. mehrere Jahre intensiv auf einem Spezialgebiet geforscht, von dem man dann meist sehr viel mehr versteht als etwa andere Mediziner, Physiker, Chemiker...
Der Master (und mit Abstrichen: der Bachelor) ist eine Berufsqualifizierung, nicht mehr und nicht weniger. Zum Experten wird man durch ihn nicht wirklich. (Und ja: Ausnahmen bestätigen die Regel... ;-) )

Die Bezeichnung als Experte hängt ja nicht einfach nur mit deinem Abschlussgrad an einer Hochschule zusammen.

Du kannst auch mit einem Bachelor Experte sein, wenn du z.B. durch deinen Beruf auf einen Bereich spezialisiert bist (z.B. künstliche Intelligenzen). Das kannst du nicht nur mit einem Master, und auch nicht nur mit einem Bachelor sein.

Sicherlich hebt der Master aber deine Vertrauenswürdigkeit für einige an. Das sieht aber auch wieder jeder unterschiedlich und pauschal kann man das sowieso nicht sagen. Im Bereich der Forschung ist das schließlich auch wieder etwas anderes als zum Beispiel in der Anwendungsentwicklung selbst.

Der Master ist gegenüber dem Bachelor hauptsächlich als Spezialisierung zu verstehen. Es gibt zwar auch "allgemeine Informatik"-Master, aber der Hauptzweck eines Masters ist trotzdem die Vertiefung eines Themengebiets, wie etwa Data Science, Artifical Intelligence, verteilte Systeme, Information Retrieval, Human Computer Interaction oder Aspekte der theoretischen Informatik, aber auch eher elektrotechnik-lastigere Schwerpunkte, die in Richtung Hardware-Programmierung gehen, sind denkbar. Der Bachelor ist dagegen eher ein Grundlagen-Studium und soll grundsätzlich die Fähigkeiten vermitteln, im IT-Umfeld in eher generalistischen Einsteigerpositionen zu arbeiten, wie etwa als Software Engineer, aber auch Scrum Master, Product Owner oder einfach generell als Produktberater oder IT-Berater.

Der Master qualifiziert eher für Stellen in den oben genannten Schwerpunktbereichen, weil diese auch stärker in Richtung Forschung gehen. Bachelor werden somit insgesamt betrachtet eher wie Fachinformatiker eingesetzt. Der Vorteil des Bachelor-Studiums liegt wohl eher darin, sich im Unternehmen aber auch in andere Bereiche weiterqualifizieren zu können, die man eher den studierten Informatikern / Naturwissenschaftlern zutraut und im Bereich des wissenschaftlichen Arbeits angesiedelt sind. Allgemein ist das erstmal die Idee dahinter, aber da hält man sich nicht immer konsequent dran. So kann es auch vorkommen und kommt es auch oft vor, dass Fachinformatik und Bachelor insbesondere de facto komplett das Gleiche machen und Master-Absolventen tendenziell eher gerne mal befördert / bevorzugt werden. Teilweise berechtigt (wie gesagt, in ihren Schwerpunktbereichen sind sie methodisch direkt nach dem Studium natürlich weiter als ein Bachelor-Absolvent oder jemand mit einer Ausbildung), teilweise nicht (berufserfahrener Bachelor vs. Master ohne einschlägige Erfahrung z. B. da falscher Schwerpunkt. Übrigens: Auf YouTube publizieren aktuell viele Informatik-Studenten "Werbevideos" für ihre Studiengänge. In manchen Bereichen sind diese allerdings realitätsfern und mit Vorsicht zu genießen. Bestes Beispiel: Oftmals reden Studenten gerne über den besten Einstieg in die Informatik und viele ignorieren die Ausbildungswege komplett (ich bin kein ausgebildeter Fachinformatik, aber halte das schlichtweg trotzdem für unfair).

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

"Experte" wirst du durch Wissen, nicht durch Titel*. Du kannst auch ohne den geringsten Abschluss - meinetwegen als "abgebrochener Hauptschüler" - ein anerkannter Experte auf einem beliebigen Fachgebiet sein.

*) "Titel" und "Wissen" korrelieren nur sehr bedingt und mit den "Bildungs-Reformen", die eine zunehmende Verschulung der Bildung durchsetzen, immer weniger.

Tatsächlich gehört Deutschland (noch) zu den "schein-gläubigsten" Ländern der Welt. Hier zählt der Titel (noch) mehr als das eigentliche (Fach-)Wissen.

In den meisten anderen Ländern ist dein Titel eher nebenrangig: Es ist nett, wenn du einen hast. Und er kann dir Türen öffnen, die sonst verschlossen bleiben oder nur durch Umwege zu öffnen sind. Aber hauptsächlich interessiert man sich dafür, was du tatsächlich kannst.

Als Master bist du Master, und als Bachelor ein Bachelor.

Den Begriff "Experte" gibt es im Akademischen nicht, auch generell ist das kein geschützter Begriff. Das hängt vom Blickwinkel ab. Überspitzt gesagt wird jemand aus einem Dritte-Welt-Land ohne Bildung auch jemanden mit deutschem Hauptschulabschluss als Experten betrachten.