Ist Kommunismus schlecht?

6 Antworten

Ich bin Mitglied der Partei DIE LINKE und sehe das so:

Der Kommunismus ist als utopische Leitidee, als eine Art innerer Kompass, durchaus brauchbar, wenn der Kapitalismus mal wieder zu verlockend scheint.

Wirtschaftlich und gesellschaftlich ist er meiner Ansicht nach nicht umsetzbar. Für Menschen die Realpolitik betreiben wollen, ist er daher unbrauchbar.

Der Mensch ist egoistisch und strebt immer nach "mehr", insbesondere nach "mehr als der Andere". Mit dieser Geisteshaltung muss Kommunismus zwangsläufig scheitern.

Skywalker17  01.03.2024, 22:52

Sehr klarsichtig. Und das als linker. Chapeau

Es ist aber nichts negatives immer mehr zu wollen. So entsteht Fortschritt, Innovation und letztendlich Wohlstand.

1
Enzylexikon  01.03.2024, 23:28
@Skywalker17

Das Problem ist meiner Meinung nach das Wachstum "um jeden Preis".

Zum einen sind das natürlich ökologische Fragen - natürliche Rohstoffe, wie etwa seltene Erden sind nun einmal begrenzt und es ist aus meiner Sicht bedenklich, wenn tatsächlich erst Auswirkungen des menschlichen Handelns sichtbar werden müssen, bevor man Themen wie Nachhaltigkeit in den Fokus genommen werden.

Zum anderen ist der Auswuchs die "freie Marktwirtschaft". Wenn man sich die USA ansieht: Jeder der es nicht schafft, Vermögen anzuhäufen, hat in puncto soziale Sicherheit praktisch keine Chance. Solidarische Konzepte wie eine gesetzliche Krankenversicherung gelten schon als "Kommunismus".

Letztlich fallen jene, die geringes oder gar kein Einkommen haben, etwa weil sie nicht erwerbsfähig sind, als "unnütze Esser" in einer solchen Gesellschaft dem kapitalistischen System zum Opfer.

Wenn man dann hier etwa FDP-Politiker von "Rente in Aktien" reden hört, ist das sowas von an der Realität des "kleinen Mannes" vorbei - und von CDU-Politikern habe ich ähnlich sinnfreies in Bezug auf die Wohnungsproblematik gehört: "Sparen Sie im Monat 10,- Euro für die erste Eigentumswohnung und verkaufen Sie diese sofort wieder, um mit dem Gewinn die eigentliche Wunschwohnung zu kaufen".

Meine Idealvorstellung ist ein demokratischer Sozialismus - ein System, dass die Vorzüge von staatlich gesicherter Grundversorgung (Energie, Medizin, ÖPNV, Wohnung, Grundnahrungsmittel) mit den Vorteilen des Wettbewerbs der freien Marktwirtschaft in anderen Teilen der Wirtschaft kombiniert und so eine wirklich soziale Marktwirtschaft schafft, die diesen Namen auch verdient.

Leider hören viele nur den Begriff "demokratischer Sozialismus" und winken ab, weil sie an totalitäre Systeme, wie die DDR denken.

Wie gesagt, der Kommunismus in "Reinform" nach Marx und Engels, mag als Inspiration brauchbar sein - eine realistische Option ist er nach meiner Ansicht nach nicht. Von totalitären Formen wie Stalinismus, Maoismus etc ganz zu schweigen.

3
Enzylexikon  01.03.2024, 23:36
@Enzylexikon

Vielleicht noch ergänzend:

Um permanentes Wachstum zu haben, werden durch Marketing künstlich Bedürfnisse bei Menschen geweckt, die er ohne sie gar nicht hätte - die Fixierung auf bestimmte Marken, die Schaffung von Moden und Trends...

Letztlich wird sich jede Saison die neuste Mode gekauft - die Kassen klingeln und die Arbeiter auf den Baumwollfelder und die Näherinnen in Bangladesch schuten sich zu Tode.

Das ist schlichtweg Gewinnmaximierung = geringe Produktionskosten bei höherem Verkaufspreis (dank der "Markenhörigkeit" teilweise geradezu utopisch).

Man bekommt immer neue und vermeintlich "bessere" Produkte serviert, die Palette wird erweitert - "jetzt auch mit Vanille-Aroma/in Pink/mit Haltegriff"

Das alles verbraucht Rohstoffe, beutet Menschen aus - und letztlich hat man jede Menge Pluder zuhause, der nur dem Verkäufer einen echten Mehrwehrt bringt.

So kann es meiner Meinung nach nicht ewig weitergehen.

3
Skywalker17  01.03.2024, 23:48
@Enzylexikon

Deine Meinung kann ich in vielen Punkten akzeptieren.

Allerdings habe ich aber auch festgestellt, dass Menschen je mehr man ihnen anbietet oder abnimmt, je unzufriedener werden sie.

Meine (nicht allzu ernste) Meinung ist,, dass wir uns evolutionsmässig in der Entwicklung bei ungefähr 60% befinden. Die Menschen brauchen all die Anstrengunen und Konkurrenz als Motor. Sonst wird man schnell träge auch geistig.

1
Enzylexikon  01.03.2024, 23:57
@Skywalker17
Deine Meinung kann ich in vielen Punkten akzeptieren.

Ich denke, dass es völlig in Ordnung ist, wenn man sich nicht zu 100% einig ist. Manchmal ist in Diskussionen nicht mal ein Minimalkonsens möglich.

Vielfach ist es schlicht nicht akzeptiert zu sagen "okay, in manchen Bereichen kommen wir einfach nicht zusammen" ohne, dass das jetzt eine Katastrophe ist

Die Menschen brauchen all die Anstrengunen und Konkurrenz als Motor.

Da gibt es zum Beispiel die Vorstellung des "Degrowth-Kommunismus" - eine Art Rückabwicklung des Fortschritts, um Ressourcen zu schonen und zu lernen, mit weniger auszukommen als man hat. Nette Idee wie ich finde - aber wer lässt das schon mit sich machen?

Sonst wird man schnell träge auch geistig.

Man könnte natürlich auch positiver sagen: Man gibt sich mit dem zufrieden was man hat, was wiederum sozialen Frieden fördern könnte - dafür braucht man aber natürlich eine Wirtschaftsordnung die Stagnation aushält, ohne in Extreme wie Rezession, Deflation etc zu fallen.

2
Skywalker17  02.03.2024, 00:00
@Enzylexikon

Für mich sind das Problem die Menschen. Die "Cleveren" nehmen sich alle Vorteile, die Ehrlichen sind die Dummen.

2
vanOoijen  02.03.2024, 06:06
@Skywalker17

Als Verbraucher ist man im Kapitalismus immer der Dumme. Man steht ganz unten in der Nahrungskette.

Hinzu kommt die Unmöglichkeit für die meisten abhängig Beschäftigten Eigentum an Produktionsmitteln zu erwerben.

Im Computerzeitalter ist das allerdings in einigen Bereichen etwas aufgeweicht. Um eine Software zu programmieren kann man sich die Produktionsmittel durchaus leisten.

Karl Marx dachte dabei noch an Fabriken und riesige Maschinenparks.

Aber ein Projekt wie ChatGPT bekommt man auch nicht ohne Investoren und Team gestemmt. Insofern hat der Gedanke von Karl Marx noch immer seine Berechtigung.

Und auch deshalb ist der Kapitalismus eben nicht gerecht. Gerecht wäre er, wenn jeder Zugang zu Produktionsmitteln hätte um die eigenen Ideen umzusetzen anstatt seine Arbeitskraft, Zeit und Ideen an einen Kapitalisten verkaufen zu müssen.

2
catxy  01.03.2024, 22:58

Ich weiss nicht, ob das mit der Gier für alle Menschen gilt. Die Gier nach mehr und mehr ist ja erst durch den Raubtierkapitalismus seit Mauerfall richtig schlimm geworden. Diese Gier, das Gegeneinander und der Neid auf den Nachbarn sind Auswüchse des Kapitalismus. Viele Menschen, speziell Normalverdienende, sehnen sich nach mehr Zusammenhalt und Solidarität. Besitzen aber nicht den Mut das ganze zu Ende zu denken und auch zu leben. Ich gebe dir Recht, dass Kommunismus nicht umsetzbar ist – ein Mix aus beidem aber schon. Denn es ist schon aus Gründen sozialer Gerechtigkeit und des Klimaschutzes wichtig unser Wirtschaftssystem zu verändern. Mehr Solidarität und Zusammenhalt. Soziale Sicherheit statt maximale Ausbeutung. In den 1960er bis 80er Jahren wurde so etwas – damals soziale Marktwirtschaft genannt – schon einmal ansatzweise versucht. Leider wurde es durch Helmut Kohl zerstört. War aber sowieso nicht konsequent genug.

1
Enzylexikon  01.03.2024, 23:50
@catxy

Gerade heutzutage kommt auch die Globalisierung als Faktor hinzu.

Nationalistische Isolationspolitik ist in einer globalisierten Welt schlichtweg nicht sinnvoll. Man muss also auch bereit sein, nicht nur mit dem eigenen "Volk" zu teilen, sondern auch globale Verpflichtungen zu erfüllen.

Und wie man am Siegeszug von nationalistischen und rechtsextremen Parteien auf der Welt sieht, ist diese Bereitschaft offenbar nicht sehr stark ausgeprägt.

1
vanOoijen  02.03.2024, 06:16
@catxy

So richtig zerstört wurde es erst durch Gerhard Schröder. Kohl hätte das aber gerne auch gemacht und hat die Voraussetzungen geschaffen. Die Privatisierung von Staatsbetrieben begann schon unter Kohl. Die Härten für Arbeitnehmer und Arbeitslose, sowie die gleichzeitige Senkung des Spitzensteuersatzes kam aber erst unter Schröder. Kohl fürchtete um seine Wiederwahl wenn er das getan hätte.

1
Warum findet der Kapitalist Kommunismus schlecht?

Weil Kommunismus in jeglicher Hinsicht ungerechter und schlechter als Kapitalismus ist.

Bis jetzt ist jeder Versuch in einer Katastrophe geendet und gescheitert und dies wird auch weiterhin so sein da diese Ideologie unlogisch und gegen die Natur des Menschen ist.

Ich selber finde Kommunismus wesentlich besser als Kapitalismus

Klar deswegen wird er auch immer existieren egal wie oft er sich als Fehler beweist.

"Dir steht gratis Zeug zu" hört sich immer besser an als "Du bekommst was du verdienst"

Der Kapitalist findet nicht das Ziel des Kommunismus schlecht, sondern die Methoden auf dem Weg dorthin. Und er findet diese kommunistischen Methoden nicht nur schlecht, sondern ungeeignet um dem gerechten Ziel näher zu kommen.

Das Kernproblem besteht darin, dass im kommunistischen System nicht an der Schaffung von Werten gearbeitet wird, sondern primär an der gegenseitigen Kontrolle zur Sicherstellung von Gleichheit. Der Fokus auf eine gerechte Verteilung führt zum kleinsten gemeinsamen Nenner, zieht alle nach unten (statt wenigstens manche nach oben zu lassen).

Kommunismus auf größerer Ebene wird wohl nicht funktionieren, dazu bräuchte es halt einen anderen Menschen. Die Kibuze in Israel kommen dem ziemlich nahe. Für mich persönlich ist weder der Kommunismus noch der Kapitalismus in Reinkultur erstrebenswert oder sinnvoll. Beides passt nicht zu unserer Gesellschaft.

Die Menschen sind nun mal nicht Gleich, zwar sind sehr viele mit relativ wenig recht zufrieden, aber es gibt immer Menschen, die andere Ziele erreichen wollen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Nicht in der Theorie.

Aber in der Realität existiert der K. nur in Diktaturen.

Also nichts für einen Demokraten, der in Freiheit leben will.