Ist Geschlecht strikt binär?
Hallo Community.
Dass man das Geschlecht nicht immer zwingend in zwei Kategorien unterteilen kann, sollte klar sein; eigentlich zumindest. Denn es ist komplexer; es sind verschiedene Ebenen, auf denen es zu betrachten ist; sagen zumindest einige Wissenschaftler:innen.
Aber bei dem Thema gehen die Meinungen ja bekanntlich immer auseinander.
Die einen meinen, es gäbe nur Mann und Frau und lassen dabei die ganzen vielfältigen Geschlechtsidentitäten total außerach. Die anderen betrachten das ganze als ein Spektrum mit verschiedenen Ebenen. Hierbei ist also auch die Unterscheidung zwischen biologischem Geschlecht und Geschlechtsidentität wichtig.
Aber wie seht ihr das:
Ist Geschlecht ein strikt binäres System oder ist es komplexer als das?
Schreibt gerne eure Meinung, aber bleibt respekvoll.
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14 Antworten
Es gibt mehrere Dimensionen bzw Ebenen von Geschlecht.
Das biologische Geschlecht besteht aus einem 1) chromosomalen, 2) genitalen, 3) gonoduktalen und 4) gonadalen Geschlecht.
Und es gibt ein 1) soziales, 2) juristisches und 3) psychisches Geschlecht.
Jede dieser Dimensionen ist ein Spektrum bzw hat eine Bandbreite.
Im Detail nachzulesen: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch (online: https://www.pschyrembel.de/geschlecht/K08P4/doc/ )
»Geschlecht« ist ein mehrdimensionales Konzept wie Mutter. Es gibt eine
- biologische Mutter,
- juristische Mutter (Adoption),
- soziale Mutter (Mutterrolle),
- psychische Mutter (hält sich für eine Mutter) und
- theologische Mutter (Mutter Oberin).
Mutterrolle ist wie Geschlechterrolle (Gender Expression) und hängt von der jeweiligen Kultur, Gesellschaft und Zeit ab.
Sex (biologisches Geschlecht) ist ein Spektrum (Bandbreite, Kontinuum) mit männlich und weiblich als Extreme an den beiden Rändern in dieser Grafik (ganz oben das chromosomale, dann das gonadale und das genitale Geschlecht abgebildet.)
Bildquelle: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/medgen-2023-2039/html
Aus der Zeitschrift Medizinische Genetik: das binäre Modell widerspricht den neuesten Erkenntnissen in Biologie und Humanmedizin.
Research in this context needs to acknowledge that a binary model of only two mutually exclusive sexes is in conflict with both old and recent findings in biology, medicine and the humanities.
This binary model is based on presumptions that cannot accommodate the dynamics and complexity of the phenomena of sex development and expression, or the diversity of experiences of sex, gender and their meanings.
https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/medgen-2023-2039/html
Ist Geschlecht strikt binär?
Das Geschlecht ist somit nicht scharf abgrenzbar und vielschichtig.
Hallo LunarEclipse,
man kann sagen, dass sich die Genetik der XX- und XY-Chromosomensätze phänotypisch unterschiedlich ausprägt, anhand dieser Ausprägung dann Geschlechter festgemacht wurden. So kann man - auch bei Multisomien in diesen Chromosomen - bei Anwesenheit von einem Y-Chromosom durchaus von einem männlichen Geschlecht sprechen.
Jetzt kann die Phänotypologie aber vielfältiger sein, dazu kommt, vielleicht auch dadurch schon bedingt, die eigene Wahrnehmung von sich selbst hinzu. Das führt uns zu geschlechtlichen Identifikation, die wir neben oder als weitere Dimension zum biologisch genetischen Geschlecht betrachten können.
Physiologisch kann das biologisch genetische Geschlecht - ich sage dann einfach nur Geschlecht - eine bedeutende Rolle spielen, psychologisch und soziologisch die geschlechtliche Identifikation.
Vor Moralismen wie auch Religionismen, die sich auf die Fortpflanzungsfähig- und -willigkeit der Menschen implizit oder auch explizit berufen mögen, mag das Geschlecht eine tragende Rolle spielen, da dies menschlich archaisch die Fortpflanzung möglich macht. Hier lässt sich eine strikte binäre Haltung, die auch nur technisch fortpflanzungsfähige Neigungen "erlaubt", beobachtbar.
Binär wäre auch noch eine Identifikation in einem der beiden Geschlechter, doch sind Identifikationen, die darüber hinausgehen, beobachtbar. Es erscheint das ganze Thema aus meiner Sicht viel komplexer und nicht mehr "eindimensional".
Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen
Weil sich da viele Bereiche (Biologie, Gene, Gefühl, Persönlichkeitsrechte, Passwesen, Ideologie, Ideologie dagegen, Ideologie gegen das Dagegensein, Außenwahrnehmung, Selbstbewusstsein...) überschneiden...
...gibt es nicht die eine Lösung...
Rein körperlich gibt es NACHWEISLICH Mann, Frau und Inter.
Mann ist von den Chromosomen her "männlich" und hat äußerlich männliche Geschlechtsteile.
Frau ist von den Chromosomen her "weiblich" und hat äußerlich weibliche Geschlechtsteile.
Inter kann weibliche Chromosomen haben, aber auch männliche Geschlechtsteile, oder umgekehrt, oder nur die Geschlechtsteile beider Geschlechter, oder nur die jeweils anderen Chromosomen.
Es gibt nachweislich Menschen, die so sind, getestet, überprüft, untersucht. Bis vor gar nicht so langer Zeit konnten die Eltern bei zwei Geschlechtsmerkmalen sogar entscheiden, was das Kind am Ende sein sollte. Hatte das Kind bei Geburt zum Beispiel Vag*na und Pen*s, so wurde von den Eltern entschieden, was weg soll. War nicht immer die richtige Entscheidung, denn als was wir uns selbst IDENTIFIZIEREN, das passiert im Kopf.
Kommen wir also zum "inneren" Teil der Geschichte, also unserer Wahrnehmung. Wenn wir in einem klar geschlechtsdefinierten Körper (Männliche Geschlechtsteile und passende Chromosomen, oder weibliche Geschlechtsteile und passende Chromos...) aufwachsen, kann es dennoch sein, dass wir uns nicht als das jeweilige Geschlecht identifizieren. Wenn eine als Frau geborene Person sich wie ein Mann fühlt, liegt das nicht am Dosenbier, sondern ist eine höchstpersönliche Wahrnehmung ihrerselbst, bzw. seinerselbst. Personen, die im "falschen Geschlecht" geboren worden sind, nennt man Transgender. Diese Personen müssen danach einen Marathon an Horror und Terror durchlaufen, zig Gutachten einholen, tausende Euro bezahlen, vor dem Psychater die witzlosesten Fragen beantworten ("Welche Position beim S*x bevorzugen Sie?" - Was hat das damit zu tun, ob ich ein Mann oder eine Frau bin? Grüße aus dem 21. Jahrhundert...).
Wir haben jetzt die Cis-Kategorie durch (Mann mit entsprechenden Chromos und Geschlechtsteilen, Frau ebenso), wir haben die körperlich Intersexuellen (beide Geschlechtsmerkmale, Chromos, eines davon, etc.) und wir haben Transgender (im falschen Körper geboren, fühlt sich klar dem anderen Geschlecht zugehörig).
Jetzt fehlt noch das Spektrum des nicht binären, um es abzukürzen und ein wenig zu vereinfachen.
Binär heißt 1 und 0, an und aus, ja und nein, Mann und Frau. Es gibt nur 2 Positionen im binären System, kein dazwischen (wobei ich als Kind Lichtschalter immer auf die Mittelposition gestellt habe ;) ).
Reden wir also vom nicht binären, gibt es mehr als 2 Optionen, es gibt eine ganze Menge dazwischen und zwar von - unendich bis + unendlich, rein mathematisch betrachtet.
Es gibt Menschen, und das weiß ich, denn ich bin selbst so, die nehmen ihr eigenes Geschlecht nicht wirklich wahr, bzw. haben kein sonderlich großes Interesse daran. Es gibt Tage da sitze ich Dosenbier schlürfend, breitbeinig auf der Parkbank, es gibt Tage da trage ich Make Up und hohe Schuhe. Es gibt Tage da trinke ich geschminkt Dosenbier und es gibt Tage da sitze ich breitbeinig im Rock auf der Bank und werde auf gesellschaftliche Normen hingewiesen ;).
Es gibt auch Menschen, deren Geschlechtswahrnehmung ist eben nicht in Stein gemeißelt, deren Wahrnehmung schwankt, mit den Hormonen, der Tagesform, dem einfach Leben und existieren. Genderfluide Menschen sind nie zu 100% in ihrer Wahrnehmung fest, das schwankt.
Es gibt auch Menschen, die sehen sich keinem Geschlecht zugehörig, die sind einfach Menschen.
Für mich war damals das abschneiden meiner Haare wie ein Befreiungsschlag, endlich konnte ich auch mal androgyn aussehen, endlich konnte ich mal die männliche Seite leben, mit Sport BH und Hoodie und Cap sah ich aus wie ein Junge und ich habs genossen, es hat sich damals richtig angefühlt und fühlt sich noch heute an manchen Tagen richtig an. An anderen Tagen liebe ich es, meiner Mutter zu zeigen, wie geil man kurze Haare stylen kann und wie hot das aussehen kann und wie frech. Immer, wie ich mich gerade fühle. Mich hat es auch nie gestört, wenn mich einer mit "er" angesprochen hat (mein Name ist tatsächlich bereits von Geburt an geschlechtsneutral XD) oder wenn Post mit "Herr XY" gekommen ist.
Es gibt mehr als schwarz und weiß auf dieser Welt und ich finde das wirklich herrlich und wunderschön :) Es macht unsere Welt vielfältiger und es tut wirklich niemanden weh.
Einfach mal genau lesen und darüber nachdenken, was da steht...
Habe ich, einige Behauptungen, ein wenig vermischen von verschiedenen Themen und dazu noch reichlich Klischees.
Ich verweise hierbei einfach auf eine Biologin:
Ich denke mehr ist dem nicht hinzuzufügen.
Mann ist eine Bezeichnung einer Person männlichen Geschlechts und kein Geschlecht selbst. Gleiches gilt für Frau und weiblichen Geschlechts. Inter ist an sich eine Bezeichnung für Personen, die an einem von vielen Syndromen leiden bei denen sich gewisse Merkmale des anderen Geschlechts ausbilden bzw. Mehrere Geschlechts - Chromosomen vorliegen / Gendefekte auf jener Ebene.
Das bedeutet aber nicht, dass das ein neues Geschlecht ist, sondern das Personen weiblichen oder männlichen Geschlechts ein Leiden haben was zu jenen Anomalien führt. Ein Mann zu sein setzt nicht voraus männlich auszusehen, dabei geht es nur um die Tatsache ob man männlichen Geschlechts ist oder nicht.
Dir Eltern haben da auch nicht entschieden was das Kind sein sollte, sondern lediglich auf Grundlage des rechtlichen Eintrags im Register eine Option mit Angleichung an jene gewählt.
Wieso bringen Sie in Ihrem Text so viele Klischees unter von denen man sich seit Jahrzehnten versucht zu befreien?