Ist eine Wohngruppe ein schönes zu Hause?

2 Antworten

Kinder und Jugendliche kommen in solche Wohnformen, wenn bei den Eltern so schlimme Zustände herrschen, dass ihr Wohlergehen akut gefährdet ist und oft viele andere Maßnahmen und Ansätze, diese Gefahren zu beseitigen, bereits gescheitert sind. Denn an sich ist es normalerweise wirklich immer die beste Lösung und die größte Chance auf eine schöne Kindheit, wenn Kinder mit ihren Eltern zusammenleben. Deshalb versucht das Jugendamt zusammen mit anderen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe erst einmal, die Eltern dabei zu unterstützen, ihren Kindern genau das zu bieten.

Wenn diese intensiven Versuche also bereits gescheitert sind, kann man sich gut vorstellen, was diese Kids bis dahin schon alles erlebt haben. Eine schöne Kindheit würde man sicherlich anders definieren...

In den Wohngruppen an sich wird natürlich auch alles dafür getan, dass es den Kids so gut geht, wie es unter diesen Umständen eben möglich ist. Sie werden dort rund um die Uhr von pädagogischen Fachkräften betreut, es wird darauf geachtet, dass sie zur Schule gehen, dass sie sich gesund ernähren, dass sie ihre Freizeit sinnvoll gestalten, nicht mit Gewalt, Kriminalität und so. Und natürlich sind diese pädagogischen Fachkräfte dabei auch lieb zu ihnen, bauen Bindungen zu ihnen auf und alles.

Aber genau da braucht's eben auch immer Grenzen, da das für die Fachkräfte ja ihr Beruf ist, nicht ihr Privatleben. Im Gegensatz zu Eltern (oder auch Großeltern, Tanten oder Onkels) ist es nicht ihre Aufgabe und auch nicht ihr Ansatz, die Kids alle vorbehaltlos und bedingungslos zu lieben. Sie müssen auch immer eine gewisse Distanz wahren, um weiterhin objektiv und professionell erkennen und bewerten zu können, welche Bedarfe aus pädagogischer Sicht bestehen und wie diese erfüllt werden können.

Und für die Kids selbst kommt oft hinzu, dass sie von zu Hause sowas wie Regeln, Rituale und Grenzen kaum kennen. Sich dann in einer Wohngruppe genau an solche Grenzen und Regeln plötzlich halten zu müssen, ist alles andere als einfach. Umso weniger, wenn sie im klassischen Pubertätsalter sind, wo wir ja alle Regeln und Grenzen ständig in Frage stellen, austesten und dagegen rebellieren ;).

Wohngruppen sind also in diesen Fällen für diese Kids definitiv die bessere Alternative zum Leben in ihren Familien. Aber natürlich ist die ideale Form des Aufwachsens für Kinder die bei ihren Eltern, in einer liebevollen, strukturierten, kind- bzw. altersgerechten Umgebung. Und das kann auch die beste Wohngruppe nicht vollständig ersetzen...

Das hängt ganz von der Einrichtung ab und vor allem, wie sie geleitet wird, wie die Personaldecke ist und nicht zuletzt von dem Kind, das dahin gehen soll oder will.

Es kann für Kinder eine Rettung sein, wenn sie in geregelte Verhältnisse kommen, wenn sie merken, dass ihre Person und ihr Verhalten nicht übersehen wird. Aber es erfordert auch eine große Umstellung, denn Kinder gewöhnen sich auch an schlechte Familienverhältnisse, ordnen sich ein und stehen plötzlich einem ganz anderen Lebensstil gegenüber.

Wie sich Kinder dann entwickeln, was sie annehmen und übernehmen an Werten, ist individuell verschieden. Es hängt aber weniger von einer toll ausgebauten Einrichtung, viel mehr von den Erziehern ab, was sich positiv verändert.