Ist Demokratie die beste Staatsform?

13 Antworten

Ich finde unser bundesrepublikanisches System perfekt, die Kombination aus Bundesregierung und den Länderparlamenten (Föderalismus), die außerdem auch bei der Gesetzgebung zustimmen müssen, stellt innerhalb der demokratischen Staaten sicher ein Highlight dar, auch wenn der Föderalismus auch seine Nachteile offenbart (z.B. Bildungspolitik)...

Was uns im Moment beschäftigt ist die Politikverdrossenheit, die ist der aktuelle Feind unserer freiheitlich, demokratischen Grundordnung, die Auswirkungen siehst Du schon in den Antworten auf Deine Frage, die Leute sind sauer auf die Politik und die Regierung, vieles wurde in den letzten Jahren falsch gemacht, die jüngeren Leute in diesem Land zahlen dafür die Zeche, auch weil es noch keine Regierung in den letzten 20 Jahren geschafft hat, dass Schulden- oder Rentenproblem nachhaltig zu ordnen.

Die Politikverdrossenheit ist aber auch darauf zurückzuführen, dass sich die Leute kaum noch zu Wort melden, gibt es öffentliche Diskussionen, dann finde ich immer die gleichen Menschen neben mir auf den Stühlen, Beamte, Akademiker und sozial Engagierte, dazu kommt der Umstand, dass man mindestens 70% Renter dort sitzen hat, also Menschen, die demnächst nicht mehr zur Verfügung stehen...

Will man dieses Land verändern muss man sich politisch und gesellschaftlich engagieren, nicht nur wählen gehen - was auch immer mehr Menschen nicht tun! -, sondern sich mit den Volksvertretern und Ihren Parteien intensiv auseinandersetzen. Wird ein Flughafen gebaut, werden sich die Einwohner in Überfluggebieten schnell zu einer Demonstration entschließen, aber für Jugendarbeitslosigkeit, schlechte Schulen oder fehlende Kita-Plätze geht keiner auf die Straße...

Die Demokratie ist die einzige Staatsform die dem Einzelnen eine Stimme verleiht, ob er sie ausreichend nutzt, liegt in seiner Verantwortung und im Anspruch seines eigenen Lebens, akzeptiere ich alles ohne Widerspruch und gehe nicht einmal zur Wahl, kann ich mich nicht im nachhinein beschweren...

tscha  30.12.2011, 10:05

ich würde mir wünschen das die bildungspolitik einheitlicher gestaltet wird

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riara  30.12.2011, 10:21
@tscha

Genau das Problem im Föderalismus, die Länderverfassungen sehen wie das GG eine Regelung der kulturellen Angelegenheiten innerhalb der Länder vor, das führt aktuell zu einer Benachteiligung schwacher Bundesländer und insgesamt zu einer uneinheitlichen Ausbildung junger Menschen...

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Nunuhueper  30.12.2011, 18:36
@riara

Meine Tante sagte immer:"Den Menschen geht es heute zu gut, Interesse an Politik besteht immer erst, wenn es ihnen richtig schlecht ergeht." Ein Beispiel für Diktatur, stark vereinfacht: Eine Mutter verköstigt ihre 12 Kinder.Gegessen wird, was sie auf den Tisch stellt und das zur bestimmten Tageszeit. Ein Beispiel für Demokratie: jedem Kind wird nach seinem Wunsch ein Essen zu unterschiedlicher Zeit bereitet. Das eine Beispiel ist gut für die Mutter, das andere für jedes einzelne Kind. Funktionieren sollten beide Beispiele, aufwändiger ist das demokratische.

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strandparty  30.12.2011, 20:53
@Nunuhueper

Meine Tante sagte immer:"Den Menschen geht es heute zu gut, Interesse an Politik besteht immer erst, wenn es ihnen richtig schlecht ergeht."

Es ist meines Erachtens genau umgekehrt. Die Politikverdrossenheit hat ihre Ursache darin, dass in Deutschland trotz steigender Arbeitsbelastung (für den der noch Arbeit hat) der Wohlstand und die Lebensqualität immer weiter sinken. Andererseits lassen sich die Ziele und Konzepte von SPD und CDU kaum noch voneinander unterscheiden.

Auf alles Geld was ins nicht EU-Ausland geht, gehört die volle Mehrwertsteuer, was ins EU-Ausland geht die halbe Mehrwertsteuer. Der Staat muss sich wieder mehr als Unternehmer engagieren, das spart die Kapitalrendite und verhindert den Abfluss von Kapital und Know-How ins Ausland. Neue Erfindungs- und Geschäftsideen müssen geprüft und gegebenenfalls unter staatlicher Regie realisiert werden.

Es wäre gar nicht mal so schwer, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, aber man hat oftmals den Eindruck, dass die großen Volksparteien vorsätzlich unwissenschaftlich sind.

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riara  30.12.2011, 21:23
@strandparty

Dem überwiegenden Teil dieses Landes geht es tatsächlich richtig gut, eine Armutsgefahr von 20-25% hört sich viel an, wenn aber mehr als 60% überhaupt keine finanziellen Probleme haben und mehr als 30% wie die Made im Speck leben, kann man nicht von einem sinkenden Wohlstand sprechen...

Alle Straf- oder Extrasteuern bringen kurzfristig eine Steuermehreinnahme, langfristig verringert sich das Steuereinkommen, weil man nicht bis drei zählen kann, bis irgendwelche Experten neue Steuerschlupflöcher auftun, es geht auch nicht um die Milliarden, die aus Deutschland abfließen, tatsächlich wurde in den letzten 2 Jahren soviel investiert, dass man sich nicht beklagen sollte...

Wir haben ein Problem mit der Mitte der Gesellschaft und das ist kein finanzielles oder soziales, sondern tatsächlich ein politisches Problem. Ich habe den Worten der alten Dame der deutschen Demokratie - der hochverehrten Hildegard Hamm-Brücher - gelauscht, als sie die Situation der Bundesrepublik mit der in der Weimarer Republik verglich, wir sind tatsächlich nicht mehr weit von solchen Effekten entfernt, wir haben eine Bundesregierung, die weniger als 40% der Menschen in diesem Land noch respektieren. Dazu kommt ein Bundespräsident der gerade die Gleichgültigkeit in Sachen Ehre und Amt zur Schau stellt, darüber hinaus treten wir die Idee Europa mit den Füßen, daraus entwickelt sich fast automatisch eine immer größer werdende Abscheu vor der Politik, jetzt fehlen nur noch die Populisten und es kann noch schlimmer werden...

Der Karren muss dadurch aus dem Dreck gezogen werden, dass man die europäischen und deutschen Werte wieder mehr betont, nicht die Überlegenheit oder den Nationalismus, sondern die Offenheit, Friedensliebe und den Pluralismus, den die Bundesrepublik über so viele Jahre verkörpert, wir müssen unseren wirtschaftlichen Erfolg auch als politisches Zugpferd in Europa nutzen, dann geht die Krise Europas vorbei und die Zeiten werden sich bessern...

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strandparty  31.12.2011, 10:09
@riara

Dem überwiegenden Teil dieses Landes geht es tatsächlich richtig gut, eine Armutsgefahr von 20-25% hört sich viel an, wenn aber mehr als 60% überhaupt keine finanziellen Probleme haben und mehr als 30% wie die Made im Speck leben, kann man nicht von einem sinkenden Wohlstand sprechen...

Das stimmt einfach nicht. Auch die EU-Behörde für Statistik sagt, dass die Einkommen bezogen auf die Kaufkraft in Deutschland seit Mitte der 80-er sinken. Lediglich die ganz großen Kapitaleinkommen und die vermengten ganz großen Kapital/Arbeitseinkommen steigen noch.

Die tägliche Arbeitszeit und die Lebensarbeitszeit haben sich in Deutschland immer mehr erhöht. Es ist immer weniger Geld für Urlaub da. Früher hatte jede Stadt Geld für ein Freibad und ein Hallenbad, heute ... Sieh dir mal die Ausstattung der Schulen und Universitäten an und vergleich die zu früher. Früher konnte eine 4-Köpfige Familie von dem Lohn eines Facharbeiters leben, heute ...

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strandparty  31.12.2011, 10:16
@riara

Wir haben ein Problem mit der Mitte der Gesellschaft und das ist kein finanzielles oder soziales, sondern tatsächlich ein politisches Problem. Ich habe den Worten der alten Dame der deutschen Demokratie - der hochverehrten Hildegard Hamm-Brücher - gelauscht,

Ich habe mich hier schon öfter als Sozialist und Anhänger eines Mischsystems aus Marktwirtschaft und Planwirtschaft "geoutet", trotzdem würde ich niemals für die Stasi oder für Stalin argumentieren. Deine ach so hochverehrte Hildegard Hamm-Brücher hat beides getan. Schon vergessen, wie sie der BRD empfahl die Flüchtlinge in der Botschaft einfach an die Stasi auszuliefern? Oder wie sie meinte, Stalin hätte keine Juden ermordet?

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strandparty  31.12.2011, 12:43
@riara

Alle Straf- oder Extrasteuern bringen kurzfristig eine Steuermehreinnahme, langfristig verringert sich das Steuereinkommen, weil man nicht bis drei zählen kann, bis irgendwelche Experten neue Steuerschlupflöcher auftun,

Es geht darum die Kapitalströme einzubremsen und damit die Geschwindigkeit der Globalisierung. Wer gute Wirtschaftspolitik (Organisation und Richtung der Arbeitskraft einer Volkswirtschaft) betreiben will, muss sich in Fließgleichgewichten auskennen. Natürlich muss jedes Verbot überwacht werden, ebenso wie jede Steuer.

Dein "Argument" läuft darauf hinaus: Alle Geschwindigkeitsbeschränkungen bringen kurzfristig einen Rückgang der Verkehrsunfälle in Zahl und Schwere, langfristig vermehren sich die Unfälle, weil man nicht bis drei zählen kann, bis irgendwelche Experten neue Laser-, Radar- und Blitzwarner entwickelt haben.

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riara  31.12.2011, 14:10
@strandparty

Doch, ich erinnere mich wage daran, trotzdem disqualifiziert sie das ja nicht für die richtigen Dinge die sie ansprach...

Die Budgets der Städte und Gemeinden sind zusammengestrichen worden, eine Folge der Überschuldung und dem Blödsinn, dem viele Kämmerer im Zuge der Finanzprodukte Made in USA verfallen sind, warum damals niemand STOP gerufen hat wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben, aber selbst eine EKD-Landeskirche hat sich da verzockt, auch das ist ein Beispiel des Unvermögens mancher Verwalter...

Die Kaufkraft hat sich seit den 80er verschoben, da die Kosten im Gegensatz zu den Einkommen enorm gestiegen sind, vor allem Miete, Sozialabgaben und Energie. Insgesamt sind wir beim Durchschnittseinkommen die Nummer 5, die rund 45.000 US$ pro Einwohner sind ein Mittelwert, rund 60% der Menschen haben mehr zur Verfügung, mehr als 4.000 Mrd. liegen auf den Banken oder in Sparverträgen/Versicherungen...

Sicher ist die Zahl derer, die von sehr geringen Einkommen leben müssen seit den 90er stark gestiegen, alleine die Agenda 2010 hat da einiges verschoben, nur ohne diese Zäsur, wären wir nicht ohne schwerste Probleme durch die Finanzkrise gekommen. Im JAhr 2011 sind die Realeinkommen in fast allen Landkreisen gestiegen:

http://www.gfk-geomarketing.de/marktdaten/marktdaten/gfk_kaufkraft_deutschland_2011.html

Nur sagt das relativ wenig über die Situation einzelner aus, denn sicher gibt es auch überschuldete Haushalte und solche, die besondere Belastungen zu tragen haben. Ich habe 7 Jahre in einem Entwicklungsland gelebt, selbst dort gibt es in den Städten relativ viele Menschen mit einem sehr guten Einkommen, bei relativ geringen Kosten. Nur ist es in Deutschland eben so, dass es zwar - wie überall - eine kleine Schicht von 1-2% die im Jahr über mehr als 200.000 Euro zur Verfügung haben, aber auch mit 20. - 30.000 ist man ja kein Sozialfall, zumal vor allem ausserhalb der Ballungsräume diese Einkommensgruppen nur sehr wenig, oder eben keine Miete bezahlen (Eigentum)...

Was mir übel aufstößt ist die zunehmende Jugendarbeitslosigkeit in Europa, da sieht es in Deutschland sogar noch deutlich besser aus, nur haben viele Menschen auf Grund sogenannter Brüche in Ihren Lebensläufen oft als Rentner kein so hohes Einkommen, zusammen mit den stetig sinkenden Anwartschaften für heutige Arbeitnehmer, wird sich das Problem der Altersarmut verschärfen...

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riara  31.12.2011, 14:18
@strandparty

Du kannst den Verkehr nicht mit den Finanzströmen vergleichen...:-)

Gutes Beispiel hierfür ist die geplante Finanztransaktionssteuer - die ich absolut befürworte -, wird sie nur im kontinentalen Europa eingeführt, würden gewaltige Summen vor allem nach London und New York abfließen, die Investitionen in Deutschland sind eh bereits die höchsten in Europa, im vergangenen Jahr betrug der 'Bilanzgewinn' (Auslandsinvestionen aus Deutschland/Auslandsinvestionen in Deutschland) rund 33 Mrd. Euro, das zeigt deutlich, dass wir uns keinen Kopf machen müssen...

Erben, Schenkungen und Finanzgewinne muss man stärker besteuern, die Steuersubventionen auf das zurückstreichen, was als Steuerungsorgan für Jobs und Innovation wichtig ist, alles andere kann man zu Gunsten von Schuldendiensten streichen, im nächsten Jahr zahlen wir rund 40 Mrd. Euro für die Tilgung unserer Schulden, man kann sich sicher vorstellen, wieviel man mit diesem Betrag verändern könnte. Auch der Geldtransfer zu den Familien muss vermindert werden, das Geld gehört direkt in die Infrastruktur also Schulen, Kindergärten und Universitäten gesteckt, die Skandinavier machen uns das seit Jahren vor...

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Ja, ist die beste Staatsform. Das Problem mit den meisten "Demokratien" der Welt ist, dass sie keine Demokratie sind - lediglich nominell.

strandparty  30.12.2011, 20:40

Ein spezielles Problem in Deutschland ist die Gleichschaltung der Medien. Es darf z.B. nicht wissenschaftlich korrekt über die Problematik Kapitalismus / Soziale Marktwirtschaft / Planwirtschaft geschrieben werden. Oder wo ist zu lesen dass Gavrilo Princip unter dem Einfluss von Morphium/Skopolamin (ein frühes Wahrheitsserum) gestanden hat, das Attentat im Auftrag des Serbischen Geheimdienstes ausgeführt zu haben?

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Winston Churchill hat einmal gesagt, dass die Demokratie eine schlechte Staatsform ist, aber von allen anderen immer noch die beste. Ich glaube, dass er mit dieser Aussage die Sache auf den Punkt gebracht hat.

Sicherlich hat die Demokratie Nachteile. Viele Menschen müssen sich dabei über eine Sache einigen, und da ist es nun einmal so, dass sich Mehrheiten durchsetzen und Minderheiten unterdrückt werden. Aber schlimmer ist es, wenn eine Minderheit eine Mehrheit unterdrückt und gefügig macht, wie das bei einer Diktatur der Fall ist. Gerade wir Deutschen wissen, was es bedeutet, in einer Diktatur zu leben. Unser heutiges demokratisches System sichert Grundrechte, die für jeden gelten. Frauenrechte, freie Berufswahl, Meinungsfreiheit usw. sind Dinge, die bei uns selbstverständlich sind, aber nicht in anderen Staaten, wo eine Diktatur herrscht. Dort ist nur eines sicher, nämlich dass Du dem System bedingungslos folgen muss oder vom selbigen zerstört wirst.

Staaten an sich sind nicht gut.

Demokratie ist keine gute Staatsform, aber eine Bessere gibt es nicht.