Ist das Abitur heute leichter, als vor 25 Jahren?

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Ich muss jetzt einfach auch mal was loswerden, sonst bekomme ich Sodbrennen. Gehen wir zuerst einmal auf die angeblich "ach so toll ausgebildeten Pädagogen" ein. Da kann ich nur Lachen. Wenn ich an die Lehrer meiner Kinder zurückdenke, habe ich nur hysterische, arrogante und pädagogisch völlig inkompetente Lehrkräfte vor mir und zwar von der 1. bis zur 10. Klasse. Oberstufe war OK. Aber ab da sollte man auch davon ausgehen, dass die Schüler wissen, wohin sie wollen und das Zepter selber in die Hand nehmen. Lehrer sind da doch nur noch Statisten mit Rotstift.

Ich habe auch überhaupt keine Vorstellung, warum alle behaupten, das Abi früher wäre ja viel leichter gewesen. Die Antworten kamen wahrscheinlich nur von "gut ausgebildeten Pädagogen" oder Abiturienten, die gerade damit durch sind und eigendlich überhaupt keine Ahnung haben, wovon sie reden, da sie ja keinen Vergleich haben.

Dass früher den Kindern aus Arbeiterfamilien der Zugang zum Gymnasium verwehrt wurde ist ja wohl absoluter Quatsch. Und dass sich dort nur die versnobten Elitekinder getummelt haben, ist genau so ein Quatsch. Dann hätte ich mich ja in super Kreisen bewegt.

Fakt ist doch aber, dass heute für Ausbildungsberufe, für die in den 80èr Jahren ein normaler Realschulabschluß ausgereicht hätte, das Abitur verlangt wird. Beispiel: Bankwesen, Versicherungen, Laborberufe, Technikberufe und viele mehr. Was wiederum daran liegt, dass das Bildungsniveau in allen Schulformen extrem abgesackt ist. Von einem Abiturienten erwartet man zumindest, dass er ausreichend artikulieren kann und die Grundlagen der Mathematik beherrscht. Somit würde ich behaupten, dass das heutige Gymnasium den Standard der Realschule aus den 80èr Jahren hat. Und dass Real- und Hauptschulen heute zusammengelegt werden, hat eben auch den Effekt, dass deren Niveau sinkt aber auch weil Schüler fehlen. Was ja auch klar ist, die sind ja alle auf dem Gynasium, egal, welche Empfehlung sie bekommen haben. Die Eltern wollen das halt so, denn sonst wird ja nix aus dem Kind.

Mein Fazit: klugschwätzende Akademiker haben wir zu Hauf. Sie überschwemmen unseren Arbeitsmarkt und viele sind lange Zeit arbeitslos, in kostenlosen Praktikas verankert oder nehmen gute Jobs an zum Billigtarif. Aber wen rufen sie, wenn das Klo verstopft ist? Wen rufen sie, wenn der Kühlschrank defekt ist? Wer verfliest die neue Küche? Unser einst weltweit geschätztes Bildungswesen ist schon länst vor die Hunde gegangen und in einigen Jahren werden wir Entwicklungsland sein und Chinesen und Inder sind dann unsere Chefs. Und wir die Handlanger, die mit Abitur am Fliessband stehen und Handys für den asitischen Raum zusammen schrauben.

Ich denke das ist erstmal von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und auch, wie die Anforderungen sind. Aber als ich es vor drei Jahren gema h hatte meinten meine Eltern, ihr müsst heute mehr machen. Und wenn ich mir andere Bundesländer ansehe, was die für Anforderungen haben, kann es gut sein , dass einige so denken. Ich selber komme aus Brandenburg. Und wir hatten noch richtig zu ackern und auch keinen so tollen Taschenrechner wie einige im Westen. Ich habe dann im Studium Leute aus Niedersachsen und Bayern kennengelernt. Die waren geschockt, das wir keinen Taschenrechner mehr nehmen furften. Ja und wir Ossis waren es einfach gewohnt, weil wir es so gelernt haben. Und auch so merkt man unterschiede. Vielleicht liegt es daran. Aber wenn ich sehe wie viele bei uns nach der 11. auch aufgegeben haben, kann es ja nicht jeder schaffen. Und nur durch auswendig lernen kam man bei uns nicht weit. Da wollten die Lehrer mehr.

DasRotePferd  09.10.2014, 15:29

Also ich hab mein Abi in Sachsen gemacht und wir durften graphikfähige, programmierbare Taschenrechner (also mit CAS) verwenden. Und ich studier jetzt in Bayern und darf den ander Uni wahrscheinlich nicht nehmen... Das hat also nix mit Osten und Westen zu tun. Außerdem bringt dir ein Taschenrechner nur was, wenn du weisst was du eingeben musst!

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Der Notenschnitt ist heute eindeutig viel besser, Anfang der Sechziger Jahre machten etwa 7 % (heute 36 % !) eines Jahrgangs Abitur und Notenschnitt lag etwa bei 3,6 .

Ich glaube kaum, dass das Abitur heute leichter ist. Im Gegensatz zu früher besuchen heute auch ganz andere soziale Schichten das Gymnasium und nicht mehr ausschliesslich das Bildungsbürgertum und der Geldadel. Es gibt viel bessere Hilfmittel (Bücher, Lernprogramme, professionelle Nachhilfe, Internet) und pädogogisch besser ausgebildete Lehrkräfte.

Das ist heute eben keine teure, unzweckmässige Jugendstilvilla mehr, sondern eher ein luxuriöses Appartement in guter Lage.

geegeeone 
Fragesteller
 09.10.2014, 18:12

Hört sich an, als ob du ein Lehrer bist. Wenn das so ist, wie du sagst, warum hängen wir dann was die Bildung angeht so hinterher.

Gerade dein Argument, dass der Notenschnitt besser ist, spricht doch für leichtere Prüfungsfragen als vor 25 Jahren.

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Joshua18  10.10.2014, 18:40
@geegeeone

Ich bin kein Lehrer, sondern Wirtschaftswissenschaftler mit Pädagogik als Wahlfach. Mein Weg war nicht der übers Gymnasium, sondern über eine Realschule, Berufspraxis im ReWe dem dreijährigen Kolleg.

Meiner Meinung nach, ohne das hier bewerten zu wollen, kommt die hohe Zahl von Abiturienten insbesondere durch die reformierte Oberstufe, vor allem aber durch den höheren Lebensstandard zustande. Früher war eben das Abitur für Real- und Hauptschüler so gut wie gar nicht zu erreichen, da ihnen die normale Oberstufe nicht offenstand und es kaum Berufsgymnasien und auch keine Gesamtschulen gab. Ausserdem hatten früher gewisse Kreise, z.B. der typische Arbeiter aus dem Pott, wenig Sinn für gehobene Bildung. Es ging damals primär um schnelle Einkommenserzielung. Man sprach Mitte der Sechziger von Bildungsnotstand und wollte die Abiturientzahlung deutlich erhöhen.

Ich gehe auch nicht davon aus, dass die Benotungskriterien heutzutage äquivalent sind zu jenen Anfang der Sechziger. Ich sehe da keinerlei Korrelation des Prüfungsfragen von früher und heute zu den Noten von damals und heute.

Nur hat man sich bei den Zielvorgaben für Bildung am falschverstanden US-amerikanischen Bildungsystem orientiert. Diese Colleges entsprechen in weitem Umfang eher unseren Oberstufen als den Universitäten. Dieses Fehlverständnis führte zu einer verheerendes Fehlentwicklung: Als Folge des Akademisierungswahns fehlen heutzutage Fachkräfte und Facharbeiter.

Ich bin gegen alle Schulexperimente mit Gesamt- und Sekundarschulen. Gerechte Chancengleichheit kann nur durch wesentlich mehr Durchlässigkeit in alle Richtungen und einer Selektion nach einer für alle verbindlichen Zentralprüfung beim Mittleren Schulabschluss; also totaler Wettbewerb und einer so gesteuerten Abiturientzahl von max. 25 %. Ich fürchte nur, da macht das Bildungsbürgertum nicht mit. Also bleibt alles beim Alten und das Verhängnis nimmt weiter seinen Lauf.

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geegeeone 
Fragesteller
 09.10.2014, 18:22

Und, vor 25 Jahren ist so Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger, nicht Anfang der Sechziger.

Außerdem gab es auch, so weit ich weiß, Anfang der Sechziger Jahre schon Bücher, sogar Lernprogramme und auch Nachhilfe (nur haben es keine Professionellen gemacht, sondern nur Schüler oder Lehrer).

Aber ganz toll finde ich, dass es heute pädogogisch besser ausgebildete Lehrkräfte geben soll. Ich glaub, davon träumen nur Lehrer;-)

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Servus - das deutsche Abitur ist von Bundesland zu Bundesland völlig verschieden - trotz Kultusministerkonferenzen.... und jedes Jahr werden in jedem Land in jedem Abi-Fach neue Fragen ausgedacht - natürlich im Vergleich zu früheren.... Und es werden jedes Jahr neue fachbezogene und pädagogische Erkenntnisse und Ideen von den UNIs in den Unterricht und damit auch in die Abiturprüfung eingeflochten.... Und bevor dies hier eine Dissertation wird, einfach gesagt, das Abitur von heute ist mit dem Abitur von gestern oder von morgen einfach nicht vergleichbar; denn die Inhalte ändern sich ständig - und nicht nur die.... Viele Leute sagen, das heutige Abitur würde wegen seines antiquierten Inhalts nicht mehr auf die akademischen Berufe vorbereiten - doch in Wahrheit gibt es diese Berufe wie früher gar nicht mehr....

z. B. die fleißige Iura-Studentin mit Sprachbegabung der deutschen UNI in Münster wird nicht mehr "einfach" z. B. Rechtsanwältin oder Richterin in Nordrhein-Westfalen, sondern nach jahrelanger Assistenzzeit Leiterin der finanzrechtlichen Abteilung einer Immobiliengesellschaft in Dubai und Jahre später Managerin der Abteilung für internationales Steuerrecht einer Kreuzfahrt-Schifffahrtsgesellschaft in Florida.... so klein ist heute die Welt in jedem akademischen Bereich geworden.... also veränderten sich auch die Vorstellungen, was die Abiturientin beherrschen muss....

Und auffällig ist, dass seit Jahrzehnten immer mehr Frauen als Männer das Abitur absolvieren! Das Abitur ist wohl seit Jahren für Männer immer schwieriger geworden, nicht einfach "leichter".... Aber man müsste eine mannigfaltig verzweigte MindMap erstellen mit multikausalen Relationen im gesellschaftlichen europäischen und globalen Wandel der letzten dreißig Jahre, nicht um die Frage zu beantworten (ist ja eine unsinnige Frage), sondern um "das Abitur" noch offener für diese Prozesse gestalten zu können.... Grüße!

prinzipiell würd ich eher sagen, dass es schwieriger ist. Die Sachen die heute im Mathe-Abi dran kommen, wurden vor 20 Jahren erst in der Uni gelehrt.
In andere Fächer ist es ähnlich, denk nur mal an Geschichte... Vor 50 Jahren musste schließlich noch nicht die Wiedervereinigung besprochen werden ;D Und dadurch, dass alles internationaler wurde, wird Geschichte nicht gerade unkomplizierter, je "neuer" es wird... ;D
Also ist eine gute Abi-Note sehr wohl eine Herausforderung. Die jedoch mit der richitgen attitude schaffbar ist. Und Spaß macht. :D

LG

geegeeone 
Fragesteller
 09.10.2014, 15:44

Das ist kein Argument. Neues Wissen heißt nicht, dass etwas schwerer wird, sondern nur, das man etwas anderes oder etwas mehr lernen muss. Gerade was Geschichte angeht, waren die Fragen, die meine Kinder im Abi hatten, in der Tat leichter, als das, was ich hatte.

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