Hund aus der Reizüberflutung holen?
Guten Abend zusammen!
Ich muss hierzu etwas weiter ausholen: Ich bin von Natur aus ein eher hibbeliger, leicht frustrierter und schreckhafter Mensch. Nun kam ich in den Besitz eines männlichen unkastrierten Terriermischlings, mittlerweile 1 Jahr und 3 Monate alt. Und in meinem Besitz seit 11 Monaten.
Am Anfang haben wir uns oft gegenseitig hochgeschaukelt, ich habe Nervosität bestätigt/verstärkt, aber mittlerweile dachte ich eigentlich, wir haben es ganz gut im Griff. Unser einziges Problem waren noch Hundebegegnungen, nachdem er keinen Kontakt mit fremden Hunden wünscht und wir im Tut-Nixe-Mekka leben. Da habe ich ihm am Anfang nicht genügend Schutz gegeben. Bis vor ein paar Tagen hatten wir es geschafft, sogar an großen (kontrollierten) Hunden (potentiell mehr Nervosität bei ihm) mit 2-3 Metern Abstand vorbeigehen zu können.
Die letzte Zeit war bei mir emotional etwas anstrengend, was ich unserer Zusammenarbeit auch angemerkt habe. Seit ca. 1 Woche ist bei uns eine Hündin läufig, die mittlerweile glaube ich in den Stehtagen ist und wir leben in einem Ausflugsgebiet, sodass bei uns zur Zeit die Hölle los ist. Aber vor 3 Tagen dann der Höhepunkt: Wir gerieten in eine Situation mit 4 Tut-Nixen, einem riesigen Schäferhund und 3 nervös trippelnden Pferden. Das war für ihn komplett zu viel und er kläffte die ganze Situation durch, null ansprechbar. Am Tag darauf war die Nachmittagsrunde ein Albtraum. So ein nervöses Bündel... Alles an Leinenführigkeit ist seitdem vergessen. Nicht einmal mehr Sitz kann der junge Herr korrekt ausführen, beim Spiel zwickte er in alles, was nicht schnell genug weg war.
Also seit vorgestern Abend Versuche ich ihn auf ein bearbeitbares Stresslevel zu bekommen. Gassigänge gibt es nur im langsamsten Tempo und wir üben Leinenführigkeit wie mit einem Welpen.Sonst wird er viel mit Kopfarbeit ausgelastet, Ballspielen oder Zergelwerfen gibt es gar nicht mehr. Ich weiß, dass es bis zu 6 Tage dauern kann, bis Stress abgebaut ist, aber es ist alles ein Kampf. Wir kommen kaum vorwärts beim Gassi gehen, beim üben lässt er sich wie gesagt sogar im Sitz ablenken, was er schon lange kann. Oft ist er sogar zu gestresst um Essen anzunehmen. Jeglichen Begegnungen gehe ich aus dem Weg, aber sogar auf die Ferne sind Hundesichtungen Stressauslöser.
Da Stelle ich mir die Frage: War alles vorher einfach nicht richtig aufgebaut und jetzt kommt die Quittung? Konnte er das alles einfach nie richtig? Liegt es nur an der läufigen Hündin? Sollte ich ihn lieber mehr auslasten, statt runterzufahren? Sollte ich Mal einen Trainer über unsere gemeinsame Arbeit drüberschauen lassen? Was kann ich noch tun, um ihm Ruhe zu geben?
Ich freue mich einfach nur über Anmerkungen, Anregungen, etc. Und spart nicht mit Kritik, solange ihr konstruktiv bleibt :)
Liebe Grüße
7 Antworten
Einen Trainer zu Rate ziehen ist nie verkehrt. So aus der Ferne ist es immer schwer, die Zusammenarbeit zu beurteilen.
Machst Du mit dem Hund auch Kopfarbeit? Reine Ballspiele oder derartiges ist für einen Terrier auf Dauer zu langweilig.
Um den Hund zu Hause runter zu bekommen, kannst Du es mit Tellington Touch probieren, oder allgemein Massagen.
Die läufig Hündin ist natürlich im Training erstmal kontraproduktiv, aber auf Dauer müsst ihr beide lernen damit umzugehen. Es kann Dir immer mal eine begegnen.
Das hört sich doch ganz gut an. Pass auf, dass Du nicht zu viel auf einmal machst. Auch das kann den Hund überlasten.
Wenn er unkonzentriert ist, breche die Übung ab und mach Pause. Lass den Hund dann auch mal rennen und die Anspannung abbauen.
Dein Hund ist noch jung und testet wohl auch langsam aus, wie weit er gehen kann. Kannst Du erkennen, ob das Tier dir die Mittelkralle zeigt, oder wirklich überfordert ist?
Ich denke fast teils teils? Also in der beschriebenen Situation und vielen Hundebegegnungen ist er wirklich überfordert/gestresst. Aber vorhin wollte ich mit ihm üben und er wollte nur spielen und hat andauernd Haken um mich geschlagen. Da war ich tatsächlich nicht mehr ganz so überzeugt, ob es fehlende Konzentration oder die Mittelkralle war.
Mein Labbi konnte das auch. Ich habe gebraucht, um den Unterschied zu erkennen. Mit einem kompetenten Trainer wird das einfacher. Man selbst sieht oft nicht mal die Hälfte von dem, was eigentlich passiert.
Oje, das klingt ja alles sehr chaotisch...
Ich denke ein gewaltfrei arbeitender Trainer wäre für euch wirklich das beste. Der sieht die Problematik direkt vor Ort und kann vorallem Dich direkt in der Situation korrigieren.
Bis dahin würde ich dir empfehlen, lange Spaziergänge auf "ungewöhnliche" Zeiten zu legen, das ist jetzt im Sommer wenns früh hell wird ja super möglich. Ich bin früher mit unserem Hund z. B. oft so zwischen 4 und 5 losgegangen wenn ich niemanden treffen wollte. Spät abends ist auch immer ne gute Zeit. Nur Mittags ist halt immer etwas doof, höchstens vllt um die Mittagessenszeit könnte man etwas Glück haben.
Hallo,
zwei meiner drei Hunde sind tendenziell auch eher Reizoffen. Wenn ich denen Bewegung komplett verbieten würde, würden die hier - zu Recht- die Wände hochgehen.
Hat der Hund auch Mal die Möglichkeit sich den Stress einfach Mal "abzulaufen"? Nicht müde machen, sondern einfach Mal flitzen. Das kommt bei vielen, bei den zig Ruheübungen und "bloß nicht pushen" viel zu kurz und die Hunde stehen unter Dauerstrom.
Des Weiteren klingt deine Idee, da Mal jemanden von Außen drauf schauen zu lassen gar nicht so schlecht.
Mit einem Hund der richtig drüber ist, würde ich weit raus fahren, lange Schlepp dran, mich an eine gemütliche Stelle setzten, den Hund Hund sein lassen und dann in winzigen Einheiten das üben, was dir ganz wichtig ist. Leinenführigkeit, Blickkontakt, o.ä.. Kopfarbeit, Kopfarbeit sein lassen und dann Mal schauen wie es sich entwickelt.
Danke für deine Antwort! Das wenig schnelle Bewegungs-"Konzept" habe ich erst seit 2 Tagen eingeführt, seit es gar so schlimm wurde. Draußen hab ich ihn selten an der Schleppi, aber im Garten darf er oft Hund sein. Der ist recht groß und hat Wald/Wiese/Buddelfläche. Aber vielleicht gehen wir da morgen doch einfach wieder raus mit dem Ziel Spaß zu haben und zu flitzen :).
Ihr müsst euren Weg finden 😊
Nur für den Hinterkopf, da mir in den letzten Jahren extrem aufgefallen ist, dass körperliche Auslastung strikt abgelehnt wird und manche Hunde einfach auch Hohl drehen, weil sie das eigentlich brauchen um Anspannung etc. los zu werden
Hast du mal versucht, die Sichtung von Artgenossen positiv zu verstärken und anschließend die Richtung zu wechseln (vom Auslösereiz weg)? Wenn ja, wie hat sich das auf den Hund ausgewirkt?
Zweite Frage: wie fühlst du dich selbst momentan in Situationen, in denen dein Hund gestresst und überfordert ist? Wenn du selbst nervös wirst, sobald du einen anderen Hund entdeckst, weil du Angst hast, dass deiner wieder ausflippt, überträgt sich das natürlich auf deinen Hund. In diesem Fall wäre die Arbeit mit einem Trainer ratsam.
Hab ich tatsächlich noch nicht probiert :)
Meistens werde ich eher frustriert "Puh gleich wird er anstrengend" oder "Ohoh, schnell Abstand schaffen". Ich Versuche in letzter Zeit vermehrt, dieses Gedankenkarussell zu stoppen. Letztens habe ich das Buch "Entspannter Mensch, entspannter Hund" gelesen, das Buch an sich hat nicht sooo viel hergegeben, aber der Titel hat mich irgendwie inspiriert :) Ich denke echt, ich muss mich Mal nach einem passenden Trainer umschauen.
Ich hab mit der Methode gute Erfolge bei Leinenpöblern erzielt. Ein Clicker kann dabei sehr hilfreich sein, da er nicht nur punktgenau verstärkt, sondern auch keine Stimmung überträgt, wie es bei einem Markerwort der Fall sein könnte.
Ich würde mal mit einem GUTEN Hundetrainer drüber sprechen.
Es ist schwierig online eine genaue Diagnose zu geben.
Von Tellington Touch hatte ich noch nichts gehört, da werde ich mich gleich Mal belesen.
Ja, ich habe vor ein paar Wochen einen Clicker eingeführt und gemerkt, dass er damit tatsächlich mehr Spaß hat und wir haben ein bisschen Amateurtricksen gemacht.
Wenn wir Ballspielen baue ich meistens Impulskontrolle und Bleib aus, aber auch das ist in letzter Zeit nicht mehr möglich, da er zu unkonzentriert ist. Es geht halt bei allem auf Anfang habe ich das Gefühl.