Hausarbeit: Ist die würde des Menschen unantastbar (Abtreibung)?

18 Antworten

Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Antworten.

Die eine Richtung betrachtet den Menschen als Mensch mit aller Würde vom ersten Augenblick der Empfängnis im Mutterleib an. Daraus ergibt sich, dass Abtreibung die Tötung eines Menschen ist. Vor allem die katholische Kirche ist dieser Auffassung, weil sie sagt, dass kein Mensch das Recht hat, einem anderen das Leben zu nehmen.

Unter diesem Gesichtspunkt wird aber auch getrennt zwischen der Abtreibung an sich, die abgelehnt wird, und der Verurteilung eine Arztes, einer Frau deswegen.

Die andere Richtung vertritt die Ansicht, dass dem wachsende Leben erst im Lauf der Schwangerschaft menschliche Qualität zugeordnet werden kann, wobei man über den Zeitpunkt unterschiedlicher Ansicht ist. Damit wäre eine Abtreibung keine Tötung eines Menschen. Die Entscheidung darüber wird der Frau zugestanden.

In der Bundesrepublik ist es gesetzlich so geregelt, dass eineAbtreibung rechtswidrig ist, aber in bestimmten Fällen straffrei bleibt.

Klar, vorallem auch die Würde der Mütter.

Ob ein Embryo sich in seiner Würde gekränkt fühlt, ist wohl zu bezweifeln.

Im Grunde hat diese Debatte, meiner Meinung nach, mit Würde gar nichts zu tun.

Die ganze Diskussion dreht sich darum, wann das Leben beginnt.

Juristisch ist die Sache klar: das Leben beginnt mit der Geburt. Ein lebensfähiges Menschlein hat die berühmte "juristische" Sekunde gelebt, um eine natürliche Person mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten zu sein.

Dass das Leben mit der Verschmelzung von Samen und Eizelle beginnt, ist die Auffassung des Christentums (bei den anderen Religionsgemeinschaften bin ich mir da nicht so sicher).

Es gab hier in Frankfurt mal eine Selbsthilfegruppe ungewollter Kinder. Das Stigma "Ungewollt und nur bekommen, weil Mutter nicht abtreiben wollte/es zu spät für eine Abtreibung war" prägt das Leben dieser Menschen. Leider wird das fast nie thematisiert. Ich weiß auch nicht, ob es dazu überhaupt Forschung gibt. Für mich wäre das durchaus mal ein Thema, das man beleuchten sollte.

Ebenso bedauerlich ist es, dass nur wenige Frauen, die abgetrieben haben, sich dazu äußern. Der "Stern" hatte mal eine Artikelserie dazu - das war es aber auch schon.

1Wintertraum  08.10.2019, 14:26
Das Stigma "Ungewollt und nur bekommen, weil Mutter nicht abtreiben wollte/es zu spät für eine Abtreibung war" prägt das Leben dieser Menschen.

Ich bin so ein Kind, meine jüngere Schwester ebenfalls. Ich kann deine Worte nur vollkommen bestätigen.

Ein ungewolltes Kind zu sein (und: noch schlimmer!) dies auch immer, die ganze Kindheit hindurch, gesagt und zu-spüren-bekommen-haben, verursacht einen Knacks, den man nie ganz heilen kann.

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Seeheldin  08.10.2019, 14:32
@1Wintertraum

Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele "ungewollte" Menschen es gibt. Alleine in meinem, recht überschaubaren Bekanntenkreis sind es eine Handvoll.

Ihr seid wirklich nicht alleine.

Eigentlich wäre es höchste Zeit, dass die "ungewollten" Kinder mal laut werden.

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1Wintertraum  08.10.2019, 14:39
@Seeheldin

Das Problem ist, dass bei sehr vielen Menschen der Pro-Life-Gedanke nur bis zum Verhindern/nicht-umsetzen einer Abtreibung geht - aber nicht darüber hinaus.

Über die Produkte dieser erfolgreich nicht-vorgenommenen/verhinderten Schwangerschaftsabbrüche, macht sich niemand Gedanken und sie haben auch keine wirkliche Lobby - weil viele Menschen sich nicht mal ansatzweise vorstellen können, dass es Mütter gibt, denen das Kind nach der Geburt in den Arm gelegt wird - und denen das NICHTS gibt/bringt/bedeutet.

Diese Mütter gibt es aber leider viel häufiger, als man glaubt und die Kinder sind (selbst wenn sie, anders als meine Schwester und ich, nicht misshandelt oder vernachlässigt werden) arm dran, wenn die Mütter eben keine Liebe für sie entwickeln. Ein Kind spürt, wenn es nicht geliebt wird, und es verkümmert innerlich.

Ich habe meiner Mutter ihren Umgang mit uns Kindern nie verzeihen können. Eine Abtreibung hingegen, die in ihrem Fall wirklich die bessere Lösung gewesen wäre, wäre da eher zu verzeihen gewesen - und so geht es sehr vielen Kindern, die "ein Unfall" waren und auch später nicht richtig angenommen worden sind.

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Seeheldin  08.10.2019, 14:47
@1Wintertraum

Leider ist im Frauen- und Mutterbild immer noch so viel Ideologie drin.

Eine schwangere Frau hat gefälligst glücklich zu sein und sich zu freuen. Sie hat Alkohol, Tabak, Kaffee, Sport … zu entsagen und sich 24 Stunden am Tag zu freuen.

Und natürlich hat sie sich nach der Geburt 24/7 ihrem Kind und seinen Bedürfnissen unterzuordnen.

Wer das nicht kann oder will, verstummt leider meist. Auch deshalb kommt es zu Schicksalen wie dem Deinen.

Bis heute wird den Frauen von #regrettingMotherhood so eine Art "Verrat" vorgeworfen, weil sie es wagen, ihre Entscheidung, Mutter zu werden, zu bereuen. Ihre Aussage ist klar: würden sie nochmals vor der Entscheidung stehen, würden sie sich gegen das Kind entscheiden. Was aber keiner hören will, weil es nicht ins allgemeine Weltbild passt.

Das ist ein ebenso weites wie unbeackertes Feld.

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1Wintertraum  08.10.2019, 14:52
@Seeheldin

Ja, und dadurch, dass nicht offen darüber gesprochen wird, bleibt dieser Myhtos auch erhalten. Es gibt Frauen, die einfach nicht dazu "taugen", Mutter zu werden bzw es nicht sein können oder wollen. Diejenigen von ihnen, die ihr Kind dann doch austragen, ohne in der Schwangerschaft Rücksicht auf es zu nehmen, und es behalten, ohne es zu wollen, fallen einfach durchs Raster.

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Zu dem Thema kann ich das neueste Video auf dem Kanal von Last Week Tonight über die Einkindpolitik empfehlen. Geht auch nur ca. 20 Minuten, ist aber, wie eigentlich immer, sehr unterhaltsam.
Da geht es auch um Zwangsabtreibung und das Teils die überzähligen Kinder dann zwar leben durften, aber keine Staatsbürgerschaft bekommen haben, wodurch sie nicht zum Arzt, keine Schule besuchen, nicht arbeiten und viele andere Rechte nicht einfordern können.
Das waren zumindest die Zustände bis 2015. Seitdem herrscht ja die Zweikindpolitik, mit der zumindest der Bestand stabil gehalten werden soll, wobei die meisten nun keine Kinder mehr wollen. Propaganda hat voll und ganz gewirkt.

Hoffe mal, das kann dir weiterhelfen.

Abgesehen davon, dass Abtreibung aus meiner Sicht eigentlich wenig mit Menschenwürde zu tun hat: die zentrale Frage in der ganzen Diskussion ist doch, ab wann kann man davon sprechen, dass ein ungeborenes Wesen ein Mensch ist - und zählt nicht auch das Leben der Mutter?