Hätte die Sowjetunion den Zweiten Weltkrieg auch ohne die 2. Front im Westen ab Juni 1944 gewonnen?

11 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Eindeutiges ja. Der Hauptkriegsschauplatz war die Ostfront. Dort kämpften 70-80 % der deutschen Verbände - auch nach dem D-Day.

Die kriegsentscheidenden Schlachten waren bereits Jahre vorher geschlagen worden: Moskau 1941/42, Stalingrad 1942/43, Kursk 1943. Nach Kursk ging von der Wehrmacht keinerlei Initiative mehr aus. Die Sowjets bestimmten endgültig das Geschehen. Im Sommer 1944 pulverisierte man dann die gesamte Heeresgruppe Mitte (den größten deutschen Heeresverband). Das war die größte Katastrophe der gesamten deutschen Militärgeschichte.

Die Sowjets hätten in diesem Zuge den Krieg bereits 1944 beenden können, wenn sie anschließend vom riesigen Frontvorsprung bei Kowel aus auch die Heeresgruppe Nord in die Zange genommen hätten. Man entschied sich lediglich, auf Nummer sicher zu gehen, weshalb das Ganze noch bis Frühjahr 1945 dauerte.

https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article129441875/Warum-Stalin-den-Krieg-1944-nicht-beendete.html

Im Vergleich zur Ostfront war die Westfront nur ein untergeordneter Nebenschauplatz. In der heftigsten Schlacht dort (Hürtgenwald) betrugen die Verluste insgesamt "nur" 60.000 Mann. Bei den Schlachten der Ostfront zählte man die Verluste hingegen üblicherweise nach Hunderttausenden.

dakotadanny  18.06.2017, 17:55

Die Sowjetunion war selber geschwächt. Mit den Soldaten von der Westfront und frischem Krieggerät hätte Hitler die Ostfront gehalten. Das wäre ein Zermürbungskrieg wie in Verdun geworden

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Hegemon  18.06.2017, 18:14
@dakotadanny

Das ist grober Unfug. Nachdem die SU nach dem Scheitern der Blitzkriegsstrategie 1941 ihre Reserven mobilisieren konnte, war der Drops gelutscht.

Die Wehrmacht hatte insgesamt während des Krieges 18 Millionen Mann. Die Rote Armee insgesamt 34 Millionen. Nach Adam Riese ist das allein an Soldaten ein Verhältnis von ca. 1:2). Hinzu kommt, daß die SU die wesentlich größeren Ressourcen hatte (das war ja der Grund des Krieges). Das Deutsche Reich hingegen hatte ja nicht mal Kolonien. Woher hätte denn das Material kommen sollen?

Vergleiche einfach mal die Rüstungsproduktion während des Krieges:

https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-Sowjetischer\_Krieg#Kriegsproduktion

Woher hätte denn das "frische Kriegsgerät" kommen sollen? Das Deutsche Reich war der SU in jeder Hinsicht unterlegen. Nach Bagration trieb man die Wehrmacht mit teils 10facher Übermacht vor sich her. Ein Zermürbungskrieg sieht anders aus.

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dakotadanny  18.06.2017, 18:39
@Hegemon

Aus den eroberten Westgebieten. Da gab es nur Rohstoffe sondern auch eine Industrie. Die Wehrmacht hätte sich auf eine Linie zurückgezogen die haltbar gewesen wäre. Stalin alleine wäre nie bis Berlin gekommen

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Hegemon  18.06.2017, 18:41
@dakotadanny

Träum weiter. Die genannte deutsche Industrieproduktion erfolgte eingedenk der eroberten West- und Ostgebiete.

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anderssprick 
Fragesteller
 18.06.2017, 18:06

Es gibt sie doch, hilfreiche & adäquate Antworten! Vielen dank auch für den interessanten Artikel. Das konnte mir weiter helfen

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RischijKot  18.06.2017, 20:40

Danke, das wußte ich selber nicht, daß das Verhältnis so gelagert war. Hätte eher an 60/40 gedacht.

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Hegemon  18.06.2017, 20:56
@RischijKot

Militärhistoriker Overmanns hat sich mit den deutschen Verlusten an der Ostfront detailliert auseinandergesetzt. Danach betrugen - bezogen auf die Gesamtverluste - die Verluste an der Ostfront 3,1% (Luftwaffe) + 0,2 % (Marine) + 87,1 % (Heer) = 90,4 %.

Siehe Tabelle Seite 11:

https://www.dokst.de/main/sites/default/files/dateien/texte/Overmans.pdf

Das deckt sich mit den Verlustzahlen der Alliierten. Während die Sowjets insgesamt 27 Millionen Tote zu beklagen hatten, waren es für die USA einschließlich Pazifikkrieg 407.316. Die Verluste der anderen Westmächte waren ähnlich.

https://de.wikipedia.org/wiki/Tote_des_Zweiten_Weltkrieges#Kriegstote_nach_Staatsangeh.C3.B6rigkeit

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RischijKot  18.06.2017, 21:04
@Hegemon

Danach betrugen - bezogen auf die Gesamtverluste - die Verluste an der Ostfront 3,1% (Luftwaffe) + 0,2 % (Marine) + 87,1 % (Heer) = 90,4 %.

Diese Rechnung leuchtet mir jetzt gar nicht ein. Wenn 3,1 % der Luftwaffe über Rußland abgeschossen/besiegt wurde, dann wurden ja knapp 97 % von anderen Ländern besiegt.

Marine ist klar, daß die mit Rußland nicht viel am Hut hatte. Aber wenn der Großteil der Marine von anderen Mächten besiegt wurde, kann man doch nicht sagen, daß nur weil es 87,1 % der Bodentruppen waren, die besiegt wurden, es gegenüber Rußland 90 % Verluste gab.

Man kann doch nicht Äpfel mit Birnen zusammenrechnen.

Ein Kampfjet hat ja wohl mehr Gefechtsstärke als ein einfacher Landser.

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Hegemon  18.06.2017, 21:56
@RischijKot

Nein, das hast Du falsch verstanden. Die 3,1 % sind der Anteil an Gesamtverlusten der Wehrmacht, den die Luftwaffe an der Ostfront hatte. Das waren 61,3 % der Verluste, die die Luftwaffe insgesamt hatte (siehe nächste Spalte). 38,7 % ihrer Verluste hatte die Luftwaffe also auf den anderen Kriegsschauplätzen.

Bitte lies etwas weiter im Text. Dort schreibt Overmanns auf Seite 11 explizit:

"hinzu kommen die weitaus kleineren Verluste der Luftwaffe und der

Marine, die sich aber zusammen mit denen des Heeres an der Ostfront auf 90,4% der Gesamtverluste addieren."

Hier wurden also keineswegs Äpfel mit Birnen verglichen.



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Niconasbeznas  18.08.2017, 17:55
@RischijKot

Es hätte auf jedenfall mas. Unterstützung aus der Luft gegeben. Die SU hätte auch nach dem Scheitern des D_day die Deutschen besiegt.

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Die Sowjetunion hätte den Krieg auch ohne die Allierten gewonnen. Es hätte nur etwas länger gedauert und die Sowjets noch mehr Tote gekostet.

Viel mehr.

Bereits 1943 erkannten die westlichen Militärstrategen, daß Deutschland den Krieg faktisch verloren hatte.

Der eigentliche Grund, warum die Alllierten dann doch endlich 1944 in der Normandie landeten, nachdem Stalin schon seit Monaten um die Eröffnung einer zweiten Front regelrecht gebettelt hatte, war nicht unbedingt der Wunsch, die Russen beim Krieg gegen Deutschland zu unterstützen.

Sondern man wollte den Sowjets nicht ganz Europa inklusive Frankreich Belgien, Niederlande als Kriegsbeute überlassen. Einen derartigen Siegeszug des Kommunismus in der "alten Welt" konnten und wollten die Amerikaner auf keinen Fall zulassen.

Nichtsdestotrotz: Der Einmarsch der Allierten im Westen hat definitiv den Krieg verkürzt. Das Blutvergießen im Westen hat ein noch größeres Blutvergießen im Osten verhindert.

anderssprick 
Fragesteller
 18.06.2017, 20:30

Alles einleuchtend, danke!

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Da ist schwierig zu sagen, aber: Es bestand ja schon ein Kriegszustand mit England und später den USA, das heißt, Deutschland hätte gar nicht alle Truppen abziehen können um an der Ostfront zu kämpfen, da sie ja dann trotzdem mit einem Einmarsch im Westen gerechnet hätten müssen.

Den meisten Blutzoll hatten die Sowjets und ich gehe tatsächlich davon aus, daß sie den Krieg auch alleine gewonnen hätten, sich dieser aber noch ein paar Jahre länger hingezogen hätte. Wäre Deutschland erobert gewesen bzw. in dem Moment, in dem es kapituliert hätte, wäre Frankreich wieder unabhängig geworden.

Allerdings wäre der nachträgliche Verlauf der Geschichte ganz anders geworden und es hätte wahrscheinlich auch keinen kalten Krieg in dieser Form gegeben, da sich die Sowjets statt die Amis die Deutschen Wissenschaftler alle gekrallt hätten und die Amis heute noch auf dem Niveau eines Schwellenlandes wären.

Die Sowjetunion wurde durch die Hilfslieferungen der Allierten unterstützt. Das ist das eine. Dann war die Sowjetunion ein riesiges Land, das zu erobern und militärisch auf Dauer zu halten -unmöglich. 

Auch ohne das Eingreifen der Westallierten - die Deutschen hätten die Sowjetunion nie erobern können. 

Ja die Sowjetunion hätte den Krieg langfristig gewonnen - auch ohne die Unterstützung der Westalliierten. 

Nur nach 1945 waren der Sowjetunion militärische Abenteuer in Westeuropa zu riskant - sie hätten umgekehrt Westeuropa militärisch nicht besetzen können, dazu waren sie auch wirtschaftlich nicht in der Lage. Das Land war mit 20.000.000 Toten ausgeblutet. 

LA

RischijKot  18.06.2017, 20:54

Diese "Hilfslieferungen" bestanden aus dem Schrott, den die Briten und Amis nicht mehr brauchten. Sie machten wenn überhaupt 10 % der Versorgung aus.

Andersrum wird ein Schuh daraus, die Sowjets haben die Drecksarbeit gemacht, sie hatten hohe Verluste weil sie in den Anfangsjahren erstens völlig unvorbereitet waren (es gab ja vorher eine Art Abkommen) und (noch) nicht genug Munition hatten. Das glichen sie dann aus durch Produktionen im Hinterland, z.B. Omsk, Jekaterinburg, Nowosibirsk.

Die Amis marschierten ERST ein, nachdem fast schon sicher war, daß die Wehrmacht fast am Boden lag, um sich Westeuropa zu krallen.

Ja, und daß die Wehrmacht den Krieg verlor, lag wiederum an teilweise kapitalen Fehlern der Generäle bzw insbesondere Hitlers, der sich teilweise über Pläne der Generäle (taktischer Rückzug) hinweggesetzt hatte. Ebenfalls fehlte die Ausrüstung für den Winter und für das Frühjahr (Schlammpisten).

Ohne Krieg mit den Westmächten hätte sich der Krieg noch etwas hingezogen, aber letzten Endes wäre Deutschland trotzdem besiegt worden.

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Ne, ganz sicher nicht - logischerweise ist ein 2 Frontenkrieg praktisch immer der Untergang.

Hätte die Westfront gehalten werden können, wäre der Krieg höchstwahrscheinlich nicht verloren gegangen

dataways  18.06.2017, 18:16

logischerweise ist ein 2 Frontenkrieg praktisch immer der Untergang.

Dann schau Dir doch mal den russischen Bürgerkrieg 1919-1921 an. Die rote Armee wurde in die Zange genommen und hat trotzdem die Weissen an allen Fronten besiegt.

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Machtnix53  18.06.2017, 19:35

Träum weiter vom deutschen Endsieg.

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earnest  19.06.2017, 08:13

Von Stalingrad hast du wohl noch nichts gehört, dandy?

Und von Kursk auch nicht?

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