Haben Demonstration jemals was gebracht?

17 Antworten

Haben Demonstration jemals was gebracht? Gibt es Beispiele für Demonstrationen, die was gebracht haben?

Sagen wir es mal so:

  • In der DDR haben die Leute genau 2 Mal demonstriert. Beide Male wurden ihre Forderungen zu 100% erfüllt.
  • In der Bundesrepublik hat man Hunderte Male für und gegen alles mögliche demonstriert. Keine einzige größere Demonstration hat unmittelbare Wirkung gezeitigt.

Demonstrationen haben also durchaus "jemals etwas gebracht". Nur eben nicht in der Bundesrepublik oder im Westen insgesamt.

Gäbe es z.B. auch dann den Atomaustieg, wenn keiner dafür demonstriert hätte?

Die hohe Politik des Westens nimmt Demonstrationen mehr als Gradmesser der Gefahr für Wahlen. Je lauter für oder gegen irgendwas demonstriert wird, desto eher ist die Politik bereit, dem Willen des Volkes - notgedrungen und auf minimalem Niveau - "nachzugeben". 

Insofern sind es weniger die Demonstrationen selbst, als vielmehr die Angst vor schlechten Wahlergebnissen, die die eigentlichen Änderungen bewirkt.

Oder kann eine Demonstration wie die am Samstag gegen CETA und TTIP was bewirken?

Hier gilt dasselbe: Nicht zuletzt wegen des deutlichen Aufstiegs der AfD werden Demonstrationen gegen TTIP (CETA ist bereits fertig verhandelt und soll zumindest "vorläufig in Kraft gesetzt" werden) ... nun, sagen wir, in der hohen Politik bewusster wahrgenommen.

"Bewirken" kann so eine Demonstration aber gar nichts. Jedenfalls nicht in der Bundesrepublik. Das einzige, was wirklich etwas bewirkt, ist die Tatsache, dass in ziemlich genau einem Jahr Bundestags-Wahlen sind, und dass die SPD sich mit großen Schritten der 5-Prozent-Hürde nähert; aber auch die CDU auf dem deutlich absteigenden Ast ist. 

Es ist also mehr die Angst vor deiner Wahl-Entscheidung in einem Jahr, als die Demonstration am Samstag gegen irgendwas

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Mit anderen Worten: Deine Teilnahme an der Demonstration gegen TTIP und CETA ist mehr ein Zeitvertreib für dich. Bestenfalls kannst du es als "offene Drohung an deine Vertreter im Angesicht unmittelbar bevorstehender Wahlen" betrachten. 

Und als solche Drohung ist der Zeitpunkt gut gewählt: Es ist kurz genug vor den Wahlen, damit die Parteien nicht mehr darauf setzen können, dass du bis dahin vergisst, wer dich nicht vertritt ... wen du also ganz bestimmt nicht wählen willst.

Deshalb setzt Gabriel (SPD) ja auch mal wieder seine Wendehals-Taktik ein: Noch vor wenigen Monaten beschimpfte er TTIP-Gegner als "ängstliche und zur Hysterie neigende Unwissende". Derzeit (wir nähern uns, wie gesagt, wichtigen Wahlen mit großen Schritten) kann der SPD-Anführer "die Sorgen und Ängste der Bürger verstehen". ... Und nach der Wahl wird es wie vor der Wahl: Dann wird er erst auf das "Pack" schimpfen und unmittelbar vor der Wahl wieder verstehen...

wfwbinder  13.09.2016, 13:18

Kann man so nicht sagen, die DEmonstrationen gegen § 218 haben schon was gebracht.

Wenn man überlegt und etwas sucht wird man einiges mehr finden. Weil eben Demonstrationen sehr häufig waren, erinnert man sich weniger.

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Unsinkable2  13.09.2016, 13:37
@wfwbinder

Der 218er war gesellschaftspolitisch schon lange vor den Demonstrationen nicht mehr zu halten und fiel im Grunde bereits Anfang der 70er Jahren, als man den Frauen das Recht auf Selbstbestimmung zugestehen musste, wollte man nicht weiterhin offen gegen das Grundgesetz und die Menschenrechte verstoßen.

Insofern sind die 218er-Demonstrationen eine Begleiterscheinung aber weder der Katalysator und noch viel weniger der Auslöser gewesen. 

(Oder anders gesagt: Die Demonstrationen haben nichts "bewirkt". Sie erhöhten lediglich den "Wahl-Druck", der dann seinerseits zu Änderungen in der Gesetzgebung - etwa in den 90er Jahren durch die Länder und in den 00er Jahren im Bund unter Rot/Grün - führte.)

Die Ironie: Auch hier gilt oben Gesagtes: Die DDR schaffte "ihren 218er" ganz ohne Demonstrationen 1950/1972 ab. Die Bundesrepublik tat sich damit trotz zum Teil großer Demonstrationsbewegungen äußerst schwer, hob immerhin schon 1953 die Todesstrafe auf und hat in Teilen der Politik bis heute erhebliche Schwierigkeiten damit (s.a. "Notwendigkeit" von 218a). 

Erst 2010, also runde 40 Jahre später, erreichte man hier annähernd das DDR-Niveau, nachdem es zwischenzeitlich zahlreiche schleichende Änderungen wegen erheblicher Inkonsistenzen innerhalb der Gesetzgebung gab...

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Ich denke, wenn man wirklich "Erfolge" finden wollte, sollte man sich auf Kommunal-Ebene begeben. Dort dürfte es zahlreiche Beispiele "erfolgreicher Demonstrationen" geben. 

Da hier aber von TTIP/CETA geredet wird, ist die Bundes-Ebene betroffen. Und dort konnten weder die "Führer-Artikel" im Grundgesetz, noch die (atomare) Wiederbewaffnung verhindert werden. Und in beiden Fällen handelte es sich um gigantische gesellschaftspolitische Zäsuren die sich zuvor gewaltigem gesellschaftlichen Protest in Form von "Massen-Demonstrationen" ausgesetzt sahen, ohne dass die Politik sich daran stieß, weil sie sich damals - anders als heute - noch fest im Sattel sitzen sah.

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Evi1M4chine  21.03.2017, 13:49
@Unsinkable2

Auch hier sieht man wieder, daß die gefühlte Nähe ein Schlüsselfaktor ist.
Also alles von „Muß ich dem Bürger danach in die Augen schauen?” bin „Werden die Bürger mir danach in einer dunklen Gasse den Hals umdrehen?”. ^^

Kommunal, im Dorf, kennt ja jeder jeden. Daher klappt es da.

Weit über Dunbar’s Nummer hinaus? … Zu anonym. Da muß der Druck schon extrem werden, damit die Bürger als Menschen spürbar werden.

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Evi1M4chine  21.03.2017, 12:41

Eeem, die AfD ist, und war schon immer, FÜR TTIP, EU und Globalisierung. Nein, ich meine nicht die Aussagen! Ich meine im Parteiprogramm. … Daß sie öffentlich absichtlich was anderes behaupten, um mehr Wähler zu fangen, ist mir bekannt.

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Nicht die Demonstrationen der 1970er und 1980er Jahre, sondern das Reaktorunglück von Fukushima haben den Deutschen Atomausstieg in seiner jetzigen Form begründet.

Trotzdem glaube ich, dass Demonstrationen etwas bewirken. Nämlich das der Politik auf die Finger geschaut wird. Und das ist in einer parlamentarischen Demokratie enorm wichtig.

JA haben sie aber leider nicht immer aber bei wirklich wichtigen Sachen hat es oft geholfen zb für den Umweltschutz der erst verlacht wurde aber  ohne  würde NRW immer noch Grau sein selbst im Sommer.Der atomaustieg hat es nicht nur wegen der Demos gebracht sondern durch einen Weiteren unfall in einem Atomreaktor.Erst dann war Die BRD bereit zum ausstieg!,

Die Demonstrationsfreiheit ist eine tolle demokratische Errungenschaft. Sie setzt aber voraus, dass man vorher reflektiert, wofür, wogegen und aus welchem Grund man demonstriert und nicht einfach gedankenlos losstürmt.

Und wenn man für „die Freiheit“ demonstriert, wie zur Zeit in Berlin, dann sollte man auch sicher sein, dass man Freiheit und Rücksichtslosigkeit nicht verwechselt.

Das Volk kann Demos dazu nutzen, Anliegen zum Thema der Politik zu machen. Aufgrund von Demos werden eher keine Entscheidungen getroffen, aber es entstehen dadurch Wahlkampfthemen, zu denen die Parteien Stellung beziehen können und so eine Wählerschaft schaffen. Ohne Demos wären Atomkraftwerke, Frauenrechte etc. wohl niemals thematisiert worden.