Gibt es in der Naturwissenschaft Beweise?
Immer wieder stoße ich auf Diskussionen, wo der eine Diskussionspartner sagt: "Dann zeig mir den Beweis für XY"
Ist es nicht so, dass es nur Belege gibt, anstatt Beweise?
Nur wie kann man sich da sicher sein, dass das was in den Naturwissenschaften an Theorien gefunden werden, auch so stimmt?
5 Antworten
Ja, sind nur Belege. Der Ausdruck "Beweise" wird aus der Mathematik übernommen, weil er dort für etwas Unwiderlegbares steht und somit soll er in den Naturwissenschaften die eigene Theorie etwas untermauern.
Streng genommen gibt es in empirischen Wissenschaften tatsächlich keine "Beweise", und zwar weil Kausalität außerhalb des Denkens nicht wirklich nachweisbar ist. Nachweisbar ist nur eine Wenn-dann-Beziehung: wenn a, dann b. Aber ob a wirklich b verursacht, oder ob ein weiterer, unerkannter Faktor beides verursacht, ist genau genommen nicht bekannt.
Beweise gibt es aber in Wissenschaften, die deduktiv und nicht induktiv/empirisch funktionieren, wie Mathematik und (wissenschaftlicher) Logik.
Beispiel für die Unsicherheit von Kausalität:
Ein Mensch, der noch nie eine Ampel gesehen hat, kommt zu uns und beobachtet eine Kreuzung mit einer Ampel: grün, gelb, rot. Bei Gelb bremsen die Fahrzeuge ab (das gibt es ja), bei Rot halten sie, bei Grün fahren sie los. Der Mensch denkt: Aha, die Autos wurden langsamer, und deshalb ist das Licht rot geworden. Jetzt haben sie eine Weile gestanden, und dadurch ist das Licht grün geworden.
"Nur wie kann man sich da sicher sein, dass das was in den Naturwissenschaften an Theorien gefunden werden, auch so stimmt?"
Kann man eben nicht. Deshalb gibt es wissenschaftliche Revolutionen, die das Weltbild radikal verändern. Sonst würden alle noch heute denken, die Sonne drehe sich um die Erde, die Erde sei eine Scheibe, Männer seien intelligenter/wertvoller als Frauen usw.
Nicht alles lässt sich abschließend beweisen. Eine Hypothese kann grundsätzlich nicht verifiziert werden, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie sich nicht doch — ggfs. unter anderen Umständen — als falsch erweist. Aber es gibt Kriterien wie die Falsifizierbarkeit, die unabdinglich sind für unser Zusammenleben.
Das grundsätzliche Problem bei der Verständigung liegt häufig darin, dass ein und derselbe Begriff in der Alltagssprache anders verwendet wird wie in der Wissenschaft oder irgendeinem Fachbereich.
Wenn manche Leute im Zusammmenhang mit Wissenschaften von Beweisen reden, meinen sie regelmäßig das, was ein Wissenschaftler unter einem Beleg versteht. Über die genauen Definitionen von Begriffen lohnt es sich aber niemals zu streiten oder zu diskutieren, weil das nur Zeit und Nerven kostet und nie zu einem Ergebnis führt. Definitionen sind festlegungen und können daher nie richtig oder falsch sein, sondern ur sinnvoll oder weniger sinnvoll. Im Zweifelsfall reicht es nur abzuklären, was der jeweilige Diskussionspartner unter einem Begriff versteht und das dann mehr oder weniger so zu akzeptieren.
Natürlich gibt es eine ganze Menge "Naturphänomene" wo der Beweis erbracht wurde.
Dass ein Apfel in Richtung Erdmittelpunkt fällt, ist eben seit langem kein unergründliches Phänomen mehr.