Beweise für die Evolutionstheorie?

4 Antworten

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1. Beweise, also hundertprozentige, positive Beweise, die über bloße Existenzbeweise hinausgehen, gibt es in der Mathematik, aber nicht in der Naturwissenschaft. Hier bleibt stets ein Restrisiko der Falsifikation, also Widerlegung. Auch wenn ein Modell hunderte Male im Experiment bestätigt wurde, kann es durch eine einzige saubere Widerlegung endgültig entkräftet werden, und dann muss ein besseres Modell her. Deswegen schreibe ich im Folgenden, nicht von Beweisen, sondern von Belegen.

Die Evolutionstheorie ist hier keine Ausnahme. Um es aber nochmal zu betonen: Das gilt für alle theoretischen Modelle. Ein Modell zu verwerfen, ohne dass eine Widerlegung stattgefunden hat, sondern nur weil so eine Widerlegung möglich ist, ist nichts weiter als Irrsinn.

2. Hier werden oft einige Begrifflichkeiten durcheinander geworfen, zwischen denen man eigentlich differenzieren muss.

Das Phänomen der biologischen Evolution ist klar definiert und auch beobachtbar, also auch im strengen Sinn bewiesen.

Die Evolutionstheorie beschreibt auf theoretischer Ebene den Mechanismus der Evolution und beinhaltet zahlreiche einzelne Modelle und Aussagen, die wiederholt im Experiment belegt wurden. Klassische Bestätigungen der Selektionstheorie, die auf Darwin zurückgeht, sind z.B. das Luria-Delbrück-Experiment oder diverse Feldstudien über die Häufigkeit von Merkmalen vor und nach Verknappung von Ressourcen. Auch der Kenntnisstand der Genetik spielt hier eine große Rolle.

Die Abstammungstheorie, also die Behauptung, dass alle Lebewesen auf der Erde von gemeinsamen Vorfahren abstammen, ist wohl die meiste Zeit gemeint, wenn Laien von der Evolutionstheorie sprechen, aber wenn man es genau nimmt, ist sie z.B. von den Aussagen der ET getrennt zu betrachten. Man könnte z.B. die Synthetische ET, die auf Darwin aufbaut, durch eine lamarckistische ET ersetzen, ohne die Abstammungstheorie dabei zu verändern oder zu widerlegen.

Für diese Abstammungstheorie gibt es nun eine ungeheure Last an Belegen aus ganz verschiedenen Bereichen der Biologie und auch anderen Fachbereichen, die durch sie sinnvoll gedeutet werden können wie durch keine andere Theorie. Die wichtigsten Belege zähle ich hier kurz auf:

Der Fossilbericht: Wir finden Spuren von zahllosen Arten, die einmal auf der Erde existiert haben und heute ausgestorben sind, zudem scheinen neuere Lebenswelten auf den vorherigen aufzubauen. So gibt es im Fossilbericht keine Landwirbeltiere, bevor es Fische gibt, keine Vögel, bevor es Dinosaurier gibt, und keine Menschen, bevor es Primaten gibt. Aus der zeitlichen Reihenfolge vieler Fossilien ergibt sich ganz zwangsläufig der Eindruck einer Entwicklung, z.B. bei fossilen Walen.

Die abgestuften Ähnlichkeiten: Wenn man annimmt, dass die heutigen Arten unter ständigem Wandel aus gemeinsamen Vorfahren entstanden sind, wäre die logische Folge, dass sich nah verwandte Arten stärker ähneln als weiter verwandte Arten. Und genau das beobachten wir in der Natur. Pferde und Hunde sind einander ähnlicher als einer von beiden einer Schildkröte, aber alle drei sind sich untereinander ähnlicher als einer von ihnen einem Hai, aber alle vier sind sich untereinander ähnlicher als einer von ihnen einer Pflanze usw. Auch wenn es nicht immer deutlich ist, lassen sich alle bekannten Arten so in einen Stammbaum einteilen, wie man ihn auf Basis der Abstammungstheorie vermuten würde. 

Wild zusammengewürfelte Chimären sucht man vergeblich. Und die Ähnlichkeiten auf anatomischer und genetischer Ebene korrelieren stark, egal ob man sich nun Proteinsequenzen, nichtcodierende DNA oder endogene Retroviren ansieht. Das erstreckt sich auch noch bis zur Embryonalentwicklung. Die Embryos von nah verwandten Arten sind längere Zeit nicht zu unterscheiden als die von weiter verwandten Arten.

Rudimente, Atavismen u.Ä.: Die meisten Lebewesen tragen Spuren in sich, die von ihrer Vergangenheit zeugen. Allein wir Menschen haben einen Gänsehautreflex, der uns nicht wärmt, Ohrmuskeln, die das Ohr nicht bewegen können, Nickhäute, die sich nicht vor das Auge schieben können, und verschmolzene Schwanzwirbel, die keinen Schwanz bilden. Wale und Schlangen haben Beckenknochen, aber keine Beine, Höhlentiere haben Augen, mit denen sie nicht sehen können, Hühner besitzen über die Anlagen für Zähne und differenzierte Finger, obwohl sie beides nicht besitzen. All diese Dinge lassen sich als Reste von Organen deuten, die bei einem Vorfahren mal vollständig und funktionsfähig waren.

Geographische Verteilung: Innerhalb eines Kontinents findet man oft sehr viele nah ähnliche  Arten derselben Tier- oder Pflanzenfamilie, der umgekehrte Fall ist seltener. Das deutet darauf hin, dass die Arten nicht nur ähnlich, sondern auch tatsächlich verwandt sind und aus demselben Gebiet stammen. So konnte schon Darwin zu jeder Art auf den Galapagos-Inseln eine sehr ähnliche Art auf dem südamerikanischen Festland bestimmen, und schloss daraus, dass die Inseln vom Kontinent aus besiedelt wurden. 

Arten, die auf unterschiedlichen Kontinenten oder zu unterschiedlichen Erdzeitaltern unter ähnlichen Bedingungen lebten, besitzen aber oft oberflächliche Ähnlichkeiten, z.B. Kakteen und Wolfsmilchgewächse, oder Delphine und Ichthyosaurier. Dies lässt sich schwer als etwas anderes als unabhängige Anpassung an die jeweilige Umwelt deuten.

Beobachtungen: Man kann auch von der Gegenwart in die Vergangenheit extrapolieren. Wir finden heute noch Arten in unterschiedlichen Stadien der Aufspaltung (z.B. Unterarten, Ringspezies, hybridisierbare Arten), was darauf hindeutet, dass der Artenwandel heute nicht abgeschlossen ist.

Man könnte diese Liste der Belege noch um ein vielfaches verlängern, wenn man noch mehr einzelne Beispiele nennt, die in den letzten 200 Jahren gesammelt wurden, aber ich denke nicht, dass das nötig ist, oder?

ALLEINE was "Darwin" dazu schlicht niedergeschrieben hat, DAS sollte dafür doch vollkommen reichen. Selbst wenn er nicht der "Finder" dieser biologisch-genetischen Zusammenhänge war.

ShizenCat 
Fragesteller
 09.02.2017, 16:27

Und das wäre? :) (Beispiele)

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