Geruchssinneszelle einer Ameise erklären?

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Hi,

um die Frage zu beantworten, muss man auf zwei Ebenen recherchieren, nämlich einmal, wie riechen Wirbellose (Insekten)? und zum zweiten, wie sieht die Signaltransduktion bei Insekten aus. Außerdem sollte man sich eine Reihe von Fachbegriffen aneignen (s.u.), deren Eingabe bei Google umgehend zu Treffern führt.

Insekten haben auf ihren Antennen Sinneshaare, die riechen können, sog. Riechsensillen.

Bild zum Beitrag

Bildquelle: https://invbrain.neuroinf.jp/modules/htmldocs/IVBPF/Ant/Ant_behavior.html

Diese Riechsensillen haben an ihrer Oberfläche Porenkanäle, durch die Duftmoleküle in die Riechsensille gelangen (Olfactory pore). In der haarförmigen Sensille liegt ein cilienartiger Dendrit einer für das Riechen zuständigen Sinneszelle (Dendritic outer segment), einer sog. Riechzelle. Duftmoleküle binden dort an membranständige Rezeptoren, die im Außensegment der Dendritenmembran liegen. Die Riechzellen wandeln den Duftreiz in ein elektrisches Signal der Zelle um und die Riechzelle leitet die Information über eine Nervenfaser (Axon, Aktionspotentiale) dem Zentralnervensystem der Ameise zu, welches aus kugelförmigen Gewebearealen des Insektengehirns besteht, den sog. Glomeruli (hier nicht gezeigt). Das Gehirn verarbeitet die Duftwahrnehmung.

Jetzt kann man sich auf die Riechzelle konzentrieren, um die Signaltransduktion anzuschauen.

Bild zum Beitrag

Bildquelle: https://www.embopress.org/doi/full/10.1038/embor.2010.8

Die Duftmoleküle (Odour) binden an membranständige Rezeptorproteine der Dendritenmembran. Ich habe jetzt einmal den menschlichen (Säugetier)-Typ dieser Duftrezeptoren und den Insektentyp nebeneinander gelegt. Früher dachte man, dass die Signaltransduktion bei Insekten im Grunde analog wie bei Menschen ablaufen würde, nämlich Duftmoleküle binden an Rezeptorproteine, diese sind G-Protein-gekoppelt und aktivieren auf der Innenseite der Zellmembran einen Signalweg, bei dem cyclisches cAMP gebildet wird. Dieses öffnet cAMP-aktivierbare Kationenkanäle, die Sinneszelle wird depolarisiert. Die Depolarisation (das positiver werden des Membranpotentials) löst Aktionspotentiale im Axon der Sinneszelle aus. Den Chloridkanal ignorieren wir jetzt mal.

Neuere Untersuchungen legen nahe, dass Insekten einen Rezeptortyp nutzen könnten, der direkt einen unspezifischen Kationenkanal öffnet (rechts). Das Prinzip ist aber gleich, das Öffnen von Kationenkanälen. In älterer Literatur wird man darauf stoßen, dass es so wie links beschrieben wird. Ob oder wo eine cAMP-Signalkasakade zwischengschaltet ist, wie links oder ob die Signalübertragung ohne sie auskommt, wie rechts, ist unklar. Ihr könnt euch auf die ältere Information berufen, weil sie in vielen Lehrbüchern steht, aber auch Bonuspunkte sammeln, indem ihr die Forschungsfront zitiert, die die Allgemeingültigkeit des cAMP-Signalweges aufgrund der Befunde in Frage stellt.

However, recent investigations into the molecular mechanisms of chemosensory signalling have revealed an unexpected dichotomy: mammals (and vertebrates in general) almost exclusively use metabotropic chemosensory receptors—that is, the ligand‐binding receptors indirectly activate ion channels through second messengers—whereas insects (and possibly all arthropods) might predominantly use ionotropic mechanisms, in which the primary chemosensory receptors are ligand‐gated ion channels

https://www.embopress.org/doi/full/10.1038/embor.2010.8

Trotzdem es sich um eine Ameise handelt, finden sich erstaunliche strukturelle und funktionelle Übereinstimmungen zwischen Insekten und Menschen und das sind zugleich eure Fachbegriffe für die Videokonferenz:

  • Riechzelle, Sinneszelle
  • Riechsensillen bei Insekten (enthalten Riechzellen, bei uns Nasenschleimhaut)
  • Dendriten (bei uns "Riechhärchen" im "Riechschleim")
  • membranständige Rezeptorproteine
  • Signaltransduktion über Öffnen von Kationenkanälen der Sinneszell(Riechzell-)membran, durch chemische Signalmoleküle ("Duftstoffe"), teils cAMP-vermittelt
  • Signalweg über second messenger (cAMP)
  • Depolarisation des Membranpotentials der Riechzelle aufgrund des Öffnens
  • Bildung von Aktionspotentialen
  • Informationsweiterleitung im Axon
  • besondere Hirnareale für die Riechwahrnehmung (Glomeruli)

LG

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MissAgnieszka 
Fragesteller
 02.05.2021, 16:26

Hallo. Vielen Dank das Sie sich die Zeit genommen haben um mir diesen Aspekt zu erklären. Ich habe dank Ihnen nun die Möglichkeit mir an Hand des Textes, der Bilder und auch der Links ein besseres Verständnis anzueignen. Ihre Antwort ist unglaublich hilfreich, vielen vielen Dank.

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