Geht es dir auch so, dass du dich beim Blick auf die Wahlumfragen schämst, aus Ostdeutschland zu kommen?

18 Antworten

Aufgrund der prägnanten Karte von isilang (danke dafür), stelle ich mir eher die Frage was Bayern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Berlin vereint, wo die AfD am schwächsten ist. Bremen suche ich auf der Karte übrigens vergeblich.

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Bayern und Nordrhein-Westfalen sind große Flächenländer, aber doch sehr verschieden. Und die Stadtstaaten sind auch alle schwach bezüglich der AfD.

Ich komme selbst aus einem schönen Teil von NRW (nicht Ruhrgebiet) und würde gerne wissen, ob dazu jemand eine Idee hat.

Es ist ja nicht so als ob zumindest NRW, Berlin und Hamburg keine Probleme und nicht viel Migration hätten.

Bei mir ist die Grenze zu Rheinland-Pfalz nicht weit - dort ist es harmonischer als hier. Trotzdem 6% mehr AfD.

Woran liegt es?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Langjährige Erfahrung in der Parteipolitik und als Reporter
 - (Psychologie, Politik, Deutschland)
erikbhrdt  29.12.2023, 20:04

Ist doch klar. Großstädte wie Berlin und Hamburg sind deutlich diverser und bevölkerungsdichter als ländliche Gegenden. Das Alltagsleben sieht ganz anders aus. Genauso die Menschen, die durch die Straßen laufen.

Rechtsextremismus kam in ländlichen Gegenden schon immer besser an. Die Gesellschaft auf dem Land ist meist homogener, kleiner und eingesessener, wahrscheinlich auch konservativer. In Großstädten muss man sich allerdings auf extreme Diversität einstellen. Ob man will oder nicht. In jedem Bereich triffst du auf die unterschiedlichsten Menschen und lernst die Leute auf verschiedenste Arten kennen. Es ist insgesamt einfach viel bunter.

Auf dem Dorf ist es seltener auf Punks, Ausländer, queere Menschen oder Freaks zu treffen. In den Städten hingegen ist das „Normalität“. Da lässt man sich vom Rechtspopulismus meistens nur schwerer überzeugen.

Die Rechtspopulisten haben die Schwächen der Dörfer schon immer clever ausgenutzt. Vor allem durch Aufmerksamkeit und nette Versprechen für jene, die sich von den Großstädten ausgeschlossen fühlten. So macht das die AfD auch. Sie versucht durch nette Versprechen die „ausgestoßenen“ Dörfer für sich zu gewinnen.

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vanOoijen  29.12.2023, 20:10
@erikbhrdt

Das erklärt die Stadtstaaten, aber nicht die 12% in Schleswig-Holstein, die 13% in Bayern und die 14% in NRW. Im Vergleich zu 18% in Niedersachsen und 20% in Rheinland-Pfalz.

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vanOoijen  29.12.2023, 20:13
@erikbhrdt

Oder Hessen, genau zwischen Bayern und NRW, mit 18,4%.

Ist es doch Mentalität?

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erikbhrdt  29.12.2023, 20:23
@vanOoijen

Das stimmt. Das kann ich nicht beantworten, da ich dazu kein Wissen und keine Quellen da habe. Ich weiß aber, dass einige Bundesländer zur Zeit der Weimarer Republik vermehrt die NSDAP und gegenwärtig ebenfalls vermehrt die AfD gewählt haben. Es gibt da also Überschneidungen.

Doch was die tatsächlichen Gründe sind, weiß ich nicht. Ich weiß eben nur, dass es historische Überschneidungen/Ähnlichkeiten im Wahlverhalten gibt.

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vanOoijen  29.12.2023, 20:35
@erikbhrdt

Ja, das mit der NSDAP weiß ich auch. Bei uns war sie schwach und in Bayern stark. München galt als Hauptstadt der Bewegung. Das kann es auch nicht erklären. 2023 ist nicht 1933 und die AfD nicht die NSDAP.

Da muss man neu denken.

Ich schaue mal in die Links. thx

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erikbhrdt  29.12.2023, 20:42
@vanOoijen

Sehr gern. Ich glaube dieses Thema ist tatsächlich sehr tief verankert und benötigt vermutlich auch eine intensive Recherche.

Doch München passt doch wenn man sich beispielsweise überlegt wo denn der Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus in den 20er Jahren begonnen hat. In München. Die Münchner Räterepublik, die Bayrische Volkspartei. Der Aufschwung des Rechtsextremismus in Bayern. Der spätere Hitler-Putsch.

Das ist sicher nicht die ausschlaggebende Ursache für ALL das, aber vielleicht doch irgendwo ein Indiz oder zumindest eine Parallele. Wer weiß wie tief diese Thematik in die Geschichte eingeht.

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vanOoijen  29.12.2023, 20:46
@erikbhrdt

Ja, aber gerade in Bayern ist die AfD ja schwach.

Und die Links reden nur über die Stärke der AfD in Ostdeutschland und das nicht einmal einleuchtend.

Rückblickend ist die Zufriedenheit unter den Befragten mit ihrem Leben in der DDR hoch“, erläuterte Oliver Decker, Direktor des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts für Demokratieforschung an der Universität Leipzig. Zwei Drittel der Befragten teilten eine Sehnsucht nach der DDR.

Wenn das stimmen würde, müssten sie die Linke wählen und nicht die marktradikale AfD, die alle Subventionen und Bürgergeld streichen will.

Quintessenz: Die Medien wissen auch keine Antwort.

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erikbhrdt  29.12.2023, 20:55
@vanOoijen

Achso, wir haben aneinander vorbeigeredet, du hast hier von der NSDAP geredet. Ich dachte du redest von der AfD. Mein Fehler.

Schwierige Sache. Nur muss man natürlich auch sehen, dass die DDR trotzdem eine autoritäre Diktatur war. Auch wenn „Sozialistisch“ drauf stand.

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vanOoijen  29.12.2023, 21:05
@erikbhrdt

Meine Frage lautet anders als die des FS. Warum die AfD im Osten stark ist, darüber reden sich alle den Mund fusselig und währenddessen wird die Afd immer stärker.

Ich möchte das Pferd von der anderen Seite aufzäumen und stelle die Frage warum die AfD da schwach ist wo sie schwach ist, nämlich in Schleswig-Holstein, Bayern, NRW etc.

Das könnte interessanter sein als immer zu rätseln warum sie im Osten so stark ist.

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vanOoijen  29.12.2023, 21:48
@erikbhrdt

Könnte doch interessant sein wenn man sonst nicht weiterkommt.

Nicht fragen was woanders schlecht läuft, sondern fragen was warum woanders etwas besser ist.

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Nein ... im Gegenteil: Ich schäme mich für den Rest der Bundesrepublik Deutschland, dass sie trotz einer so offensichtlichen Unzufriedenheit mit der aktuellen Regierungspolitik imme rnoch an den etablierten Parteien (inklusive CDU/CSU) festhalten.

Oh nein - ich bin kein AfD-Parteifreund. Ich werde diese Partei niemals wählen. Aber die AfD ist derzeit die einzige echte Opposition in der BRD, welche auch die Macht hätte, etwas zu ändern!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Menschlichkeit ist mein persönlicher Grundsatz!

Die Frage zielt ja garantiert auf die AfD ab (auch wenn so frei formuliert jede Partei gemeint sein könnte).

Ab wieviel Prozent Wählerzustimmung müsste man sich schämen? Da nur die Ostdeutschen angesprochen wurden, gehe ich davon aus, dass dieser Punkt bei 23,1 Prozent zu finden ist, da sich sonst auch die Westdeutschen schämen müssten, oder nicht (ich komme aus West Berlin, bin nur geografisch Ostdeutsche)? Oder wählen keine Westdeutschen die AfD?

Vom 23.12.2023

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https://dawum.de/AfD/

Es gibt Gründe für diese erschreckenden Umfrageergebnisse, für die sich doch zuerst andere schämen sollten, die den Weg dafür bereitet haben - die Politik und ihre Ignoranz des Bürgerwillens.

 - (Psychologie, Politik, Deutschland)

Schämen tu ich mich nicht. Ich bin eher enttäuscht, dass es so viele Menschen gibt, die sich über die Jahre hinweg so verbohrt haben. Auch enttäuschend ist die historische Aufarbeitung. Nicht nur im Bezug auf die 30er und 40er Jahre, sondern eben auch die ganze Geschichte rund um den Konflikt zwischen Ost- und Westdeutschland. Die fehlende Aufarbeitung der TATSÄCHLICHEN Wiedervereinigung Deutschlands und die gesellschaftliche Gleichstellung zwischen beiden Teilen.

Es sind eben nicht nur Vorurteile oder fehlende Bildung. Es stehen auch eben strukturelle Probleme hinter diesen Ergebnissen.

Ich weiß nicht wie es bei anderen Leuten aus Ostdeutschland ist, aber in meinem Fall bin ich bereits in der Jugendzeit (ich wohne in Berlin) mit rechtsradikalen und rechtskonservativen Überzeugungen in Kontakt gekommen. Und das in einer Großstadt. Es ist eben verankert in einigen Gegenden. Man wird damit groß.

Trotzdem erlebt man (in den Großstädten zumindest) auch die andere Seite. Während ich im örtlichen Bekanntenkreis Stammtischgespräche aushalten muss, hab ich ein paar Orte weiter Bekannte aus der linksradikalen Szene.

Ich schäme mich deshalb dafür auch nicht. Eben weil ich mir dieser Diversität bewusst bin und trotz dem vielerorts rechts gesinnten Osten kein schlechtes Gefühl dabei habe auch hier zu leben. Ich gebe einfach mein bestes, Bekannten mit dem Hang zum Rechtsradikalismus durch demokratische und teilweise linke Überzeugungen etwas „auszugleichen“. Ihnen eine andere Sichtweise zu bieten. Und vor allem: ihnen zuzuhören. Auch wenn es nervenaufreibend und frustrierend ist. Doch das ist noch immer besser als sie zu ignorieren und sich dann über die Radikalisierung aufzuregen.

Woher ich das weiß:Hobby – Politik geht nur links!

Ich komme zwar nicht aus dem Osten, sehe aber kein Problem.Solange nicht die NPD hohe Prozente holt ist mir das eigentlich relativ...