Galoppieren und festhalten?

10 Antworten

Was mir hier in all den Antworten fehlt, ist der ganz logische Ansatz: Warum muss ein Schüler immer gleich galoppieren? Warum kann man nicht warten, bis der Wunsch, das zu tun, größer ist als die Angst davor? Wer schreibt dem Lehrer denn vor, was genau der Schüler auf dem Pferd machen soll?

Wäre es nicht sinnvoll, erst mal die Losgelassenheit, die freudige Zufriedenheit beim oben sitzen zu fordern und zu fördern, bevor man ein Programm einübt, zu dem ein Schüler noch nicht bereit ist? Ja, wäre es. Ich bin im ersten Jahr Reitunterricht gar nicht galoppiert und sehe es immer noch als den richtigen Weg an. Wenn man da sehr viel im Schritt und Trab arbeitet, hat man das Pferd so gut an den Hilfen, dass man angaloppiert und merkt "wow! Galopp ist ja ultra bequem!" - und so sitzt man dann auch: Auf seinem Hintern entspannt, man klemmt nicht mit den Knien und schießt sich damit womöglich selbst aus dem Sattel, sondern man fühlt sich einfach nur pudelwohl, so, wie man da sitzt.

Von wegen "runterfallen gehört dazu": Wie auch Urlewas schreibt, ist das ein Unfall. Beim Autofahren heißt's auch nicht, so lange man nicht x mal gegen die Wand gefahren ist, ist man kein richtiger Autofahrer. Ich bin in meinem Leben (ich reite inzwischen seit 38 Jahren und habe seit 36 davon Unterricht - man nahm uns dort erst mit 8 Jahren an, aber auf den Pferden vom Nachbarn durfte ich schon mit 6 Jahren sitzen) exakt 7 mal vom Pferd gefallen, zum Teil durch eigene Fehler, zum Teil durch eine Anleitung bedingt, was zu tun, wozu ich noch nicht bereit war - dazu gehört nicht nur die Entwicklung der Muskulatur, die man braucht, um in jeder Bewegung gut und bequem und entspannt mitsitzen zu können, dazu gehört auch die psychische Bereitschaft. Es so wollen, dass man nicht vor Angst verspannt. Bei jedem einzelnen Mal ist mir völlig bewusst, wie es sich hätte vermeiden lassen. Und ja, ich achte drauf, den gleichen Fehler nicht wieder zu machen, denn auch ich verletze mich höchst ungern. Lieber gehe ich nochmal zwei Schritte zurück und arbeite an dem, was ich sicher kann, bis ich mich besser vorbereitet fühle auf das, bei dem ich den Fehler gemacht habe.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Durchgenend Pferdeerfahrung seit 1981
ronaldosdiary  22.08.2019, 16:49

Du hast Recht. Jedoch gibt es nicht viele Traumreitlehrer die so auf die speziellen und wichtigen Wünsche der Reitschüler eingehen.

ich habe selber die Erfahrung oft machen müssen, deshalb dreht es mir den Magen um zu lesen, das ein RS ganze Bahn galloppieren soll, dem noch nicht mal das Zügelhalten beigebracht wurde.

Bei dem Punkt Runterfallen gehört dazu habe ich mich allerdings nochmal verbessert. Ich glaube du meintest nämlich mich in deinem kommentar.

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littlemozart  22.08.2019, 21:42

Sehr gute Antwort!! Leider gibt es viel zu wenig gute Reitschulen die die Wünsche und Ängste der Schüler respektieren und jeden individuell begleiten anstatt das 08/15 Programm bei jedem gleich abzuspulen.

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Und wenn du noch so oft fragst: solange Dir das Gleichgewicht und das Gefühl für die Bewegung des Pferdes fehlen, kannst du leider nicht sicher frei galoppieren.

In dem Zusammenhang ein kleiner Denkanstoß: „fest“ im Sattel ist ein Begriff, der kontraproduktiv wirken kann. Denn auf dem Pferd hast du ungefähr so wenig Halt wie ein Turner auf dem Schwebebalken. Da gibt es kein Festkrallen, sondern nur wer locker bleibt, bleibt auch oben.

Wir können nur immer wieder sagen: sich Dir eine andere Reitschule, an der man Dir ab der Longe die Zeit gibt, die du brauchst, und den Unterricht, der Dir hilft. Denn, ehrlich gesagt: wenn du seit einem halben Jahr wöchentlich reitest, ist es schon ungewöhnlich, dass du Dich noch so schwer tust. Da sind wohl die Vorraussetzungen, unter denen du lernst, nicht optimal.

Lass dich wieder an die Longe nehmen, wenn du noch unsicher bist. Ist ja keine Schande. Eigentlich sollte ein guter Reitlehrer dich erst von der Longe runter machen wenn du dich nicht mehr festhalten musst, d.h. auch vom Zügel unabhängig sitzen kannst (meiner Meinung nach).

Am der longe kannst du beim galoppieren ja immer mal kurz eine Hand loslassen und wenn es nur für einen Galoppsprung ist. Und wenn du dich sicher fühlst irgendwann auch die zweite Hand. Aber überforder dich nicht! Wenn du dich noch nicht traust, dann eben das nächste Mal.

Frage ob du noch an der Longe bleiben kannst und ganz langsam mal die Hände loslassen vom Sattel - vielleicht zunächst eine Hand - wenn das ganz gut klappt dann probeweise die andere Hand weg - aber in der Nähe des Sattels lassen damit du zur Not wieder hinein greifen kannst.

Lass dich nicht zu schnell drängen frei zu galoppieren wenn du noch Angst hast und unsicher bist.

Du bist der Kunde daher entscheidest du was du möchtest und daher kaufe dir lieber nochmal ein paar Longenstunden und übe das solange bis du ohne festzuhalten einwandfrei und sicher galoppieren kannst.

Du schaffst das. 😊

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – 🐎 habe Pferde seit ü38 Jahren
  1. ich verstehe Reitlehrer nicht die meinen, Reiter ganze Bahn schicken zu müssen, die noch keinerlei Kontrolle haben. Und dann wundert man sich wenn was passiert... unerklärlich.
  2. Frage eventuell erst mal nach neuen Longenstunden und gehe explizit auf dein Problem ein. Um richtig reiten zu lernen, musst du es dir auch richtig erklären lassen. Da hilft es nicht sich festzuklammern.
  3. Stell deinen Kopf aus. Du wirst Dir im reiten alles verbauen wenn du mit Kopf reitest. Wovor hast du denn Angst? Es kann weniger passieren wenn du loslässt und reitest, wie wenn du dich fest hebst. Beispiel: durchgehen.
  4. Fester Sitz: ohne Steigbügel, aufrecht gerade im Sattel sitzen, Gleichgewicht finden, Bein runter, Absätze in rchtuge Position bringen.

Alles Gute.

EDIT: “und nicht runterfalle”..... das ist aber der Reitsport. Wenn du Angst vorm runterfallen hast, dann darfst du nicht reiten. Fallen gehört dazu, genauso wies aufstehen. Klopf klopf bei all meinen Stürzen, hauptsächlich springen, ist noch nie was schlimmeres außer ein Muskelriss passiert.

Urlewas  22.08.2019, 14:53

Klingt nicht schlecht, dein 4 Punkte Plan. Nur: Nein, runterfallen gehört so wenig dazu wie ein Unfall beim Autofahren. Kann natürlich passieren, sollte aber nicht als selbstverständlich dazugehörig zu betrachten sein.

Ich habe früher viele „Angstschüler“ an der Longe gehabt. Keine hat mehr als 25 - 30 Einheiten benötigt, ehe er losgelassen werden konnte. Man muß ein entsprechendes Pferd und etwas Sensibilität, auch schon mal etwas Einfallsreichtum, haben, dann kann man dem Reitschüler die Sicherheit vermitteln, die er braucht.

Ich fürchte, FS ist noch garnicht so weit, sich wegen der Kontrolle über das Pferd Gedanken machen zu können, weil die Kontrolle über den eigenen Körper noch nicht mal gegeben ist.

Dein 4. Punkt wäre natürlich eine Super Sache, wenn FS das denn erst mal an der Longe üben würde....

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ronaldosdiary  22.08.2019, 16:41
@Urlewas

Ja ich glaube ich habe das mit dem Runterfallen etwas falsch rübergebracht. Natürlich sollte man nicht sagen Runterfallen muss man etc, aber es ist nun mal, ich sag immer so schön, “Berufsrisiko”. Und bei einem Lebewesen ist das Risiko noch höher. So viele Faktoren spielen zusammen, die einen gewollten/ungewollten sturz in einer reitkarriere meist NIE verhindern können.

Es gibt sicher Reitschüler die nach einfühlsamer Arbeit keine Angst mehr haben. Jedoch ist einfach nicht jeder für den sport geschaffen.

!Meiner Meinung! darf man einfach keine Angst vorm Runterfallen haben, denn dann ist man automatisch angespannt und was dann passiert (Runterfallen) kann sich jeder denken.... das man am Anfang Angst hat, ist allerdings völlig in Ordnung.

unakzeptabel finde ich dann aber, ohne Longe zu reiten.

Vielleicht kann der FS nichts dafür, weil er sehr großes Vertrauen hat. Doch wenn ich merke ich bin niht bereit, dann mache ich bestimmte Dinge wie beispielsweise freies reiten einfach nicht. Dieser Kommentar soll jetzt aber keine Unterstellung sein, denn ich weiß nicht wie die Situation vor Ort ist.

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ronaldosdiary  22.08.2019, 16:45
@Urlewas

Danke aber auch, für dein Feedback gegenüber meinen Punkten zur Lösung des Problems. Mein 5. Punkt wäre auch gewesen, die Reitschule zu wechseln, falls der Reitlehrer “dicht” macht und nicht auf die Probleme seiner Schüler eingeht.

Denn dann geben sehr viele RS den Sport auf, weil ihnen keiner das Reiten beigebracht und ihnen die Angst genommen hat.

Fehlende Aufklärung ist ebenfalls ein Faktor der zu Angst führt. Man sollte als Reitlehrer in dem Punkt Runterfallen mit dem Schüler explizit darüber reden, um Angst abzubauen.

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Urlewas  22.08.2019, 17:49
@ronaldosdiary

Genau. Passieren kann überall was. Die meisten Leute sterben immer noch im Bett - seeehr gefährlicher Ort! 😉

Richtig, Angst vor dem Runterfallen darf nicht sein - entweder man ist sportlich, dann sollte man fit genug sein, einen Sturz in der Regel unbeschadet überstehen zu können und das erhöhte Risiko einkalkulieren. Oder man muß das Vertrauen Hanne, dass man eher auf dem Zebrastreifen überfahren wird, als dass man hier runter fällt. Letzteres ist insbesondere für Späteinsteiger sehr wichtig. Keiner würde Anfänger im Rentenalter unterrichten, wenn er kein Verlasspferd mit Sofa - Gängen hat...

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