Frage zur Absorption von elektromagnetischen Wellen?

3 Antworten

Absorption bedeutet, daß das eingestrahlte Licht vom Medium verschluckt wird, d.h., das Medium empfängt die Energie des Lichts und macht dann damit irgendetwas. Al­le Details hängen sehr von der Frequenz ab, denn die physikalischen Prozesse sind für verschiedene Wellenlängenbereiche sehr verschieden: Mikrowellen bringen Mole­kü­le zum Rotieren (d.h., die Energie des Lichts wird manifestiert sich nach der Ab­sorp­tion als Rotationsenergie des Moleküls), Infrarot-Licht treibt Schwingungen an (das Molekül zappel also irgendwie), sichtbares und nahes UV-Licht regt Elektronen­bewe­gung an, und Röntgen-Licht macht etwas mit den inneren Elektronen der Atome.

(das ist eine sehr ungenaue Übersicht und läßt viele Spezialfälle wie z.B. Ionisierung oder Metalle ganz aus)

Bei allen Unterschieden gilt aber für alle diese Absorptionen, daß sie ein Absorptions­maximum haben, bei dem das Medium das Licht besonders gut verschlucken kann (um­gekehrt ist dann die Eindringtiefe des Lichts am geringsten). Verwendet man Licht, das eine ähnlich große aber zu lange oder zu kurze Wellenlänge hat, dann funk­tioniert die Absorption schlechter. Manchmal absorbiert das Material ungefähr gleich stark über einen breiten Wellenlängenbreich, manchmal ist die Absorption sehr scharf, d.h., ein paar % vom Maximum entfernt wird so gut wie nichts mehr absor­biert. Typischerweise hat ein Medium viele Absorptionsmaxima, das können z.B. allein im Infraroten schon hunderte sein. Die Details hängen empfindlich von allen Details in der Struktur des Mediums ab.

Aber Absorption ist nicht die einzige Form der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie; Licht kann ja auch in der Richtung abgelenkt werden („Streuung“), und dieser Effekt tritt typischerweise bei jeder Wellenlänge auf, er ist aber auch viel schwächer als Absorption. Die Atmosphäre streut z.B. sichtbares Licht, aber selbst nach dem ganzen Weg durch die Atmosphäre ist noch genug ungestreutes Licht übrig, daß wir die Sonne mit freiem Auge problemlos sehen können. Das weggestreute Licht wird nicht verschluckt, sondern nur abgelenkt; wir sehen es als Himmelsblau.

Bei der Streuung gelten viel einfachere Regeln als bei der Absorption: Solange wir uns auf die Streuung an einzelnen Molekülen einer Flüssigkeit oder eines Gases beschrän­ken, werden lange Wellenlängen („rot“) weniger gestreut als kurze („blau“) deshalb er­scheint uns die Sonne rötlich bis gelblich, denn es fehlt das weggestreute Blau, das uns zum Ausglech aus allen Richtungen anlacht. Streuung an größeren Teilchen wie z.B. Nebeltröpfchen erfolgt unabhängig von der Wellenlänge (Nebel ist weiß).

rotes Licht dringt tiefer ein als blaues Licht

Das haben wir damit geklärt, sofern von der Streuung in der Atmosphäre die Rede ist. In Wasser ist das übrigens nicht so, weil Wasser ein paar sehr schwache Absorptio­nen von sichtbarem Licht bei ca. 700 nm hat; deshalb fehlt dem Licht in großer Was­ser­tiefe ein Rotanteil, und alles erscheint blau oder türkis eingefärbt.

AJH0001 
Fragesteller
 17.05.2023, 21:32

Vielen, vielen Dank für Ihre Zeit und diese wunderbare Erklärung. Ich komme aus einem gänzlich anderem Bereich, bin dennoch immer grundlegend an Gegebenheiten interessiert und kann diese nie einfach nur hinnehmen. Fluch und Segen zugleich.

Im Bereich der höherenergitischen Strahlung kann ich mir Effekte, wie Compton-Effekt, Photoeffekt und Paarbildung mittlerweile ganz gut erklären. Auch die Fluoreszenz, mit Nachbesetzung aus einer höheren Schale ist mir (zumindest aus Laien-Sicht) verständlich. Rayleigh-Streuung genauso. Aber es gibt einfach ein unglaublich großes Spektrum an Variablen, die sich in meinem Kopf noch nicht ganz sortiert haben.

Eine letzte Frage habe ich noch: Bei sichtbarem Licht in der Größenordnung von 300-700nm: Wie erfolgt hierbei die Absorption? Werden die Valenzelektronen herausgeschlagen? Oder interferieren die Atome zur Gänze damit? Wahrscheinlich eine gänzlich dumme Frage, weil sie so vieles nicht berücksichtigt, aber ich nutze diese anonyme Form, dumme Fragen stellen zu dürfen.

Jedenfalls bin ich Ihnen im Geiste sehr, sehr dankbar für die Hilfe und die Befriedigung meiner unaufhörlichen Fragen. :D

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indiachinacook  17.05.2023, 21:38
@AJH0001

Im Sichtbaren hast Du gewöhnlich den Mechanismus der Elektronenanregung, d.h., die Valenzelektronen gehen in einen neuen Zustand, in dem sie im Molekül an­ders räumlich verteilt sind. Manchmal sagt man auch, die Art der Elektro­nen­bewe­gung ändere ich, aber das ist quanten­mechanisch nicht ganz korrekt.

In Ausnahmefällen können auch mal Schwingung oder Ionisierung (Elektronen werden aus dem Molekül herausgeschlagen) im Sichtbaren zuschlagen. Normaler­weise ist Schwin­gung im Infraroten zu finden und Ioni­sie­rung im UV. Beachte, daß Ionisierung das Me­di­um dauer­haft verändert, weil das Molekül hinterher kaputt ist.

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AJH0001 
Fragesteller
 17.05.2023, 21:42
@indiachinacook

Verstehe. Aber es werden nicht, wie bei fluoreszierenden Materialen die Atome in eine höhere Schale gehoben, die anschließend zurückspringen und die delta-Energie als Photon wieder abstrahlen, oder?

Somit muss die absorbierte Energie in eine andere Form transformiert werden. Thermisch?

Danke. Ich sende dir viele, viele Karmapunkte :D Und tut mir Leid für solche Fragen.

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indiachinacook  17.05.2023, 22:21
@AJH0001

Fluoreszenz geht über Elektronenanregung. Es wird also ein Valenzelektron an­ge­regt, besetzt einen neuen Zustand und hält sich im Atom an anderen Orten auf als vor­her. Der neue Zustand speichert die aufgenommene Energie.

  1. Diese Energie kann später wieder in Form von Licht abgegeben werden (Fluo­res­zenz). Wenn das geschieht, dann ist das abgegebene Licht gewöhnlich rot­ver­scho­ben, weil ein Teil der absor­bierten Lichtenergie in Molekül­schwin­gun­gen abfließt (→ Wärme).
  2. Es kann aber auch die ganze Lichtenergie als Schwingung (≈Wärme) im Mole­kül ver­blei­ben, und es wird nichts abgestrahlt. In kondensierter Phase ist das der Normal­fall, fluo­res­zie­ren­de Stoffe sind eher die Ausnahme außer in Gasen (wo man aber wenig sieht wegen der geringen Moleküldichte).
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Wie du schon schreibst: Es hängt sehr stark vom Material ab... So, wie Materialien unterschiedliche Farben (auch elektromagnetische Wellen) reflektieren und absorbieren, verhält es sich auch in anderen Frequenzbereichen. Eis wird zum Beispiel von Mikrowellen durchdrungen (Mikrowellen werden nicht absobiert), Wasser nicht. Eine pauschale Vorhersage kann man daher nicht treffen.

Röntgenstrahlung hat eine sehr viel kürzere Wellenlänge/höhere Frequenz als Licht.

AJH0001 
Fragesteller
 17.05.2023, 20:40

Danke!

War wsl eine ungenaue Angabe von mir. Also kurze Wellenlänge, beispielsweise blaues Licht hat eine tiefere Eindringtiefe in beispielsweise Wasser. Weil weniger Reflexion, weniger Absorpion, etc.

Harte Röntgenstrahlung geht auch tiefer, weil noch energiereicher, als beispielsweise weiche.

Was mich verwirrt: Meine Nichte hat mich gefragt, weshalb Venen blau erscheinen - interessante Frage: Laut Wikipedia, weil rotes Licht tiefer ins Gewebe eindringt und vermehrt absorbiert wird, als blaues. Warum geht hierbei plötzlich blaues Licht weniger weit, als rotes?

Bin dir unglaublich dankbar!

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FouLou  17.05.2023, 20:53
@AJH0001

Dazu muss man verstehen was absorption genau bedeutet. Wie kmkcl das schon gesagt hat hängt das stark vom Material ab. Glas z.b. absorbiert wunderbar UV Licht. Lässt aber sichtbares Licht super durch.

Es ist so daß ein bestimmtes Atom. Nur Licht bestimmter wellenlänge absorbieren kann. Das hängt mit dem Elektronen zusammen. Bei einer Absorption werden die auf ein höheres Niveau gestoßen. Welches wiederum eine ganz bestimmte Energiemenge liefert. Kann nun ein Photon nicht diese Energiemenge liefern. Weil's Zuwenig oder zuviel hat. Dann interagiert das Photon schlichtweg mit dem Atom nicht.

Und natürlich müssen die Photonen ja auch ersteinmal ein Atom treffen um damit zu interagieren.

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Röntgenstrahlung ist kurzwelliger als blaues Licht;
Gammastrahlung geht hingegen durch vieles glatt hindurch, weil zu energiereich, um aufgenommen zu werden